Landkreis Lippe muss endlich Akten liefern. Misst SPD hier mit zweierlei Maß?

14.05.2021
Dietmar Panske zu fehlenden Akten im PUA Kindesmissbrauch

Der ehemalige Hamelner Landrat Tjark Bartels hat aktuell in einem Schreiben an den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss IV ("PUA Kindesmissbrauch") sehr offen Fehler des Jugendamts Hameln eingestanden. Gleichzeitig erhebt er darin schwere Vorwürfe gegen Polizei und Jugendamt im Landkreis Lippe. Dort fehlt bis heute aber nicht nur eine vergleichbar selbstkritische Sicht auf eigene Versäumnisse, die dortige Behördenleitung will dem Untersuchungsausschuss zudem wichtige Akten weiterer Opferkinder, die im Tatzeitraum in der Betreuung des Kreisjugendamtes Lippe gewesen sind, vorenthalten oder hat sie durch Schwärzungen völlig unbrauchbar gemacht. Dazu unser Sprecher im PUA IV, Dietmar Panske:

„Man kann sich vorstellen, dass Landrat a.D. Bartels die Beantwortung der Fragen nicht leicht gefallen ist. Aber nur so bekommen wir die Chance, zur Verbesserung der Strukturen und Prozessabläufen in Jugendämtern beitragen zu können. Das Leid und der sexuelle Missbrauch der Kinder auf dem Campingplatz von Lügde hätte schon Jahre früher aufgedeckt und beendet werden müssen – dass ist heute schon klar. „Die Polizei Lippe und das Jugendamt Lippe hatten von den genannten Hinweisen vorher ebenfalls Kenntnis und sich zu keinem Zeitpunkt, selbst nach Terminen vor Ort, aufgerufen gefühlt, einzuschreiten“, so schreibt es Ex-Landrat Bartels. „Scheinbar erachtete das Jugendamt Lippe die Schwelle als nicht erreicht, ab der es aus eigener Zuständigkeit eingegriffen hätte (…); eine fatal falsche Einschätzung, weil auf beiden Seiten der sexuelle Missbrauch nicht erkannt wurde und bei der Beurteilung keine Rolle spielte.“

Das sind konkrete, schwere Vorwürfe eines ehemaligen Landrats an die Behördenleitung in Lippe, die die Aufklärung im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss nach wie erschwert. Dem Ausschuss liegen bislang aus Lippe nur unbrauchbare Akten weiterer Opferkinder vor, in denen teils komplette Seiten geschwärzt sind und Verbindungen zum Campingplatz und den Haupttätern nicht hergestellt werden können. Der Landkreis weigert sich seit einem Jahr und auch weiterhin, Einsicht in die Unterlagen über weitere Opfer zu gewähren. Den Vorwurf, dass hier mit Blockade und Boykott mögliches grobe Fehlverhalten vertuscht werden soll, kann nur weitgehende Transparenz entkräften. Dass die SPD im Untersuchungsausschuss mit zweierlei Maß misst, indem sie zwar gerne die Behördenleitung in Höxter oder das Justizministerium kritisiert, hingegen keinerlei Engagement erkennen lässt, bei einem SPD-Landrat zu intervenieren, zeigt, dass hier Parteipolitik offenbar wichtiger ist als Aufklärungswille. Deshalb appelliere ich an meinen Landtagskollegen und dortigen Bundestagskandidaten Jürgen Berghahn, seine guten Kontakte zum Lipper Landrat zu nutzen, damit endlich auch der Landrat in Lippe zur weiteren Aufklärung des Missbrauchsskandals beiträgt.“

Autoren