Charlotte Quik zu TOP 8 „Kinder in Frauenhäusern stärken – Blinde Flecken der Landesregierung beseitigen“

01.07.2021

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin/
sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

mit der Aufnahme von Kindern sind Frauenhäuser vor die Herausforderung gestellt, nicht nur Müttern, sondern auch Kindern mit Gewalterfahrungen angemessen beizustehen.
Eine Studie des Staatsinstitutes für Familienforschung an der Universität Bamberg hat schon Mitte/Ende der 90er Jahre herausgearbeitet, dass kaum ein Kind beim Einzug in das Frauenhaus positive Gefühle empfindet- sicherlich kein überraschender Befund. Trotzdem befürworten fast alle Kinder laut dieser Studie Frauenhäuser als Einrichtung zum Schutz von Frauen.
Als Ergebnis dieser Studie wurde hinsichtlich praxisrelevanter Konsequenzen immer wieder die mangelhafte finanzielle und personelle Ausstattung der Frauenhäuser festgestellt.
Erst die heutige NRW-Landesregierung hat sich diesem in vollem Umfang angenommen und das Unterstützungssystem optimiert sowie Angebotslücken geschlossen. Sie hat sich das Ziel gesetzt, für das Netz der landesseitig geförderten Frauenhäuser auch zukünftig eine solide und tragfähige Finanzierung sicherzustellen und die Arbeit aller Frauenhäuser systematisch zu verbessern.
Seit 2017 wurde die Finanzausstattung der landesgeförderten Frauenhäuser durch verschiedene Maßnahmen deutlich verbessert (2017: 9.470.500 Euro; 2021: 12.970.500 Euro).
Die Schaffung von mehr Plätzen in den landesseitig geförderten Frauenhäusern war ein weiterer Schritt, um der Nachfrage schutzsuchender Frauen besser gerecht zu werden.
Die Personalkostenpauschalen, die das Land Nordrhein-Westfalen zahlt, wurden ab dem 1. September 2017 um rund 2,5 % (rund 200.000 Euro) erhöht. Mit dem Landeshaushalt 2018 wurden die Finanzmittel für die Frauenhäuser um weitere 500.000 Euro auf 9,97 Millionen Euro erhöht. Der Landeshaushalt 2019 sah eine weitere Erhöhung der Finanzmittel um 400.000 Euro auf dann 10,37 Millionen Euro zur Zukunftssicherung der Frauenhäuser in unserem Land vor.
Der weiter erhöhte Mittelansatz erlaubte es erstmals, dass seit 2020 die Personalkostenzuschüsse, die an die landesseitig geförderten Frauenhäuser gerichtet sind, mit 1,5 % dynamisiert werden konnten bzw. können.
Die Landesregierung führte erstmals 2019 eine stetige Erhöhung der Zuschüsse für Mitarbeiter der Frauenhäuser ein. Dabei handelt es sich um eine erstmalige Dynamisierung! Die Mitarbeiter der Frauenhäuser leisten hervorragende Arbeit. Ihnen gilt Dank und höchster Respekt.
Aktuell gibt es in NRW 622 Plätze in Frauenhäusern. Zu Amtsantritt der schwarz-gelben Landesregierung 2017 waren es gut 571 Plätze.
Mit der Etablierung von „Powerhäusern“ (Frauen stärken, helfen und unterstützen“ -Arbeitstitel) möchte das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen den Zugang zu den relevanten Schutzeinrichtungen und Beratungsstellen durch eine zielgerichtete Konzentration der Hilfen unter einem Dach („Haus der kurzen Wege“) erleichtern. Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der nordrhein-westfälischen Dunkelfeldstudie werden die Einrichtungen noch bekannter gemacht. Zudem sollen Lücken bei den Hilfsangeboten geschlossen werden.

Frauenhäuser bieten Akutschutzplätze für Frauen und ihre Kinder und sollten damit einen Übergangscharakter haben – anders als der vorliegende Antrag suggeriert. Dies entspricht auch dem konzeptionellen Selbstverständnis der Frauenhäuser.
Die Gründe für einen längeren Aufenthalt sind hierbei differenziert zu betrachten. Der akute Schutz vor Gewalt hat höchste Priorität in der Arbeit der Frauenhäuser, unabhängig von der Aufenthaltsdauer. Für Fälle, in denen sich der Aufenthalt im Frauenhaus durch die langwierige Vermittlung in geeigneten Wohnraum oder die Bearbeitung besonderer und vielfältiger Problemlagen der Frauen verlängert, soll die Anschlusshilfe nach dem Akutschutz effektiver gestaltet werden, zum Beispiel durch eine bessere Überleitung in eigenen Wohnraum oder einen begleiteten Übergang in das ambulante Hilfesystem.

Die Implementierung und Nutzung qualifizierter Anschlusshilfen können zu einer Verkürzung der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer beitragen.

Die Landesregierung hat darüber hinaus vieles zur Gewaltprävention auf den Weg gebracht, um Frauen und ihre Kinder vor dem Gang in ein Frauenhaus zu schützen. Nachhaltiger Schutz vor Gewalt und ein selbstbestimmtes Leben der betroffenen Frauen ohne Gewalt können nur durch eine enge Zusammenarbeit der Frauenhäuser und ambulanten Hilfesysteme erreicht werden.

Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Problem wurde bereits analysiert und aufgearbeitet. Vieles wurde erreicht, einiges liegt noch vor uns.

Der vorliegende Antrag liefert die falschen Ansätze. Das Frauenhaus sollte immer nur der letzte Weg für die betroffenen Frauen sein – besonders wenn Kinder involviert sind. Dies bedeutet ein Verlassen ihrer eigenen Wohnung und soziale Isolation. Wir brauchen weitere Konzepte, die im Vorfeld greifen und den betroffenen Frauen mit ihren Kindern mehr Perspektiven geben.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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