
Satis eloquentiae, sapientiae parum“ – Ich habe beim Lesen des An-trags an Sallust denken müssen.
Man könnte versucht sein, sich mit den vielen Einzelforderungen auseinanderzusetzen, die sich vermeintlich aus einigen auf den ersten Blick plausiblen Feststellungen ergeben. Man sollte es nicht tun.
Zum einen haben wir einzelne Punkte wie die Frage des Umgangs mit invasiven Arten – etwa 40 der über 800 gebietesfremden Arten in Deutschland – schon im Ausschuss hinreichend diskutiert. Wir kön-nen uns schnell wieder verlieren in Diskussionen
- um die Flussperlmuschel und ihre Gefährdung durch den ame-rikanischen Signalkrebs,
- die Schäden durch Grüne Reiswanze, Mittelmeerfruchtfliege oder Rote Austernschildlaus,
- die Bekämpfung von Herkulesstaude, Waschbär, Tiger- und Anophelesmücke,
- Einwanderungswege über Ballastwasser der Schiffe, Gemüse-kisten und Touristen.
Zum anderen sind hier Verknüpfungen dargestellt, die eher auf Ideo-logie, als auf Relevanz basieren: etwa das Landwirtschaftsprivileg in § 35 Baugesetzbuch zurückzufahren, weil man den Bau von Wind-kraftanlagen verhindern will. Oder den Eindruck zu erwecken, als ob der Bau dieser Anlagen und nicht Siedlungs- und Verkehrswegebau Haupttreiber der Flächenversiegelung seien.
Andere Aussagen sind Selbstverständlichkeiten – die Forderung, die Natur aufgrund ihrer Eigenart zu schützen im Titel des Antrags, oder konkret im Beschlussteil Moore und Sümpfe. Das findet sich in § 1 des Bundesnaturschutzgesetzes resp. in der Aufnahme in der Liste der gesetzliche geschützten Biotope nach § 30 des Gesetzes.
Die Forderung nach besserem Biodiversitätsmonitoring: Die Be-obachtung von Natur und Landschaft erfolgt gemäß § 5 des Lan-desnaturschutzgesetzes im Rahmen der landesweiten Biotopkartie-rung sowie des Arten- und Biotopmonitorings. Einen konkreten Vorschlag, wie denn Zustand und Entwicklung besser zu erfassen seien, findet sich nicht.
Bei genauerem Hinsehen wird hier lediglich versucht, mit plakativen Forderungen einzelne Gruppen wie Windkraftgegnern, Jägern, Landwirten oder Waldbesitzern anzusprechen. Besonders evident bei den Aussagen zum Wolf oder zur Agrobiodiversität.
Wie gesagt, man könnte versucht sein, sich mit den vielen Einzelfor-derungen auseinanderzusetzen. Man sollte es nicht tun. Denn der Schutz der Biodiversität kann nicht zentral in der Intention des An-trags liegen.
Ich bin dem Redner der AfD gestern sehr dankbar gewesen für den entlarvenden ersten Satz bei der Diskussion unseres Antrags, in dem er von der heiligen Kuh „Klimaschutz“ sprach.
Unter Wissenschaftlern ist aber unbestritten, dass der Rückgang der biologischen Vielfalt als Hauptursachen neben
- Dem Flächenverbrauch,
- der Landschaftszerschneidung,
- den Rückgang der Bestäuber-Insekten,
- invasiven Arten,
- Schadstoffen in der Umwelt
sehr bedeutsam den Klimawandel hat.
Klimawandel und Biodiversitätsverlust sind eng miteinander ver-bunden über steigende Durchschnittstemperaturen, geänderten Nie-derschlagsmengen und -verteilungen, häufigeren Extremwetterereig-nissen, sinkenden Sauerstoffgehalten in und Versauerung von Ge-wässern.
Die Vegetationsperiode hat sich in den letzten 60 Jahren um 2 Wo-chen verlängert. Sie beginnt 8 Tage früher. Wir haben nicht nur eine deutlich frühere Apfelblüte als früher. Manche Vogelarten überwin-tern nun hier.
Andere Zugvögel kommen unangepasst nun zu spät zurück:
z. B. der heimische – oder so urdeutsche – Kuckuck – Goethe: Der Kuckuck und der Esel - etwa. Sein Bestand hat sich halbiert, er steht auf der Vorwarnstufe der Roten Liste. Die Wirtsvogeljungen sind schon geschlüpft, da fällt das Kuckucksei auf.
Schon geringe Erwärmung kann durch ungleiche Verschiebungen oder im jahreszeitlichen Ablauf zu Veränderungen von eingespielten Interaktionen:
- zwischen Bestäuber und Blütepflanzen
- Räuber – Beute - Verhältnissen
führen.
Hier sind wir beim blinden Fleck der AfD. Wer den Klimawandel leugnet, kann zum Erhalt der Biodiversität nicht entscheidend beitra-gen. Deswegen Sallust: Viel der Beredsamkeit, der Weisheit wenig. Wir werden es auch im Ausschuss sehen.
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