
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren,
heute bringen wir einen Antrag in dieses Plenum ein, der ein wichtiges Anliegen der Kulturpolitik in Nordrhein-Westfalen aufgreift: die nachhaltige Förderung und Verstetigung der Koordinationsstelle für Provenienzforschung. Mit diesem Antrag setzen wir ein klares Zeichen: Nordrhein-Westfalen bleibt Vorreiter in der Provenienzforschung und beweist einmal mehr seine Verantwortung für unser kulturelles Erbe.
Provenienzforschung – was bedeutet das konkret? Es geht darum, die Herkunft und Geschichte von Kunstwerken, Kulturgütern und Sammlungsobjekten zu klären. Oftmals handelt es sich dabei um Kulturgüter, deren Besitzverhältnisse durch historische Ungerechtigkeiten wie Enteignungen während der NS-Zeit, der sowjetischen Besatzungszeit, zur Zeit der DDR oder kolonialistische Praktiken belastet sind. Die Provenienzforschung deckt diese Geschichten auf, hilft, unrechtmäßig entzogene Kulturgüter zu identifizieren und ermöglicht so, Schritte zur Wiedergutmachung einzuleiten.
Ein Praxisbeispiel für die Arbeit der Koordinationsstelle ist das Projekt zur Kölner Familie Pagener. Die jüdische Familie musste 1938 vor den Nationalsozialisten nach Palästina fliehen. Ihr Besitz, darunter Möbel, Kunst und Hausrat, wurde zwangsweise versteigert. In Zusammenarbeit mit den Nachkommen erforscht die KPF.NRW heute, was mit der Sammlung passiert ist, wo sie sich befindet und wie die Enteignung ablief. Dieses Projekt zeigt, wie wichtig Provenienzforschung ist, um solche Schicksale aufzuarbeiten und Familien ihre Geschichte zurückzugeben.
Die Bedeutung dieser Arbeit reicht also weit über wissenschaftliches Interesse hinaus. Es geht um den Erhalt von Vertrauen, um ethische Grundsätze und um den Schutz unseres kulturellen Erbes. Genau deshalb ist die 2020 gegründete Koordinationsstelle für Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen so wichtig. Sie bietet unseren Museen, Archiven, Bibliotheken und anderen kulturellen Einrichtungen nicht nur fachliche Beratung, sondern auch praktische Unterstützung und eine Plattform für Vernetzung. Diese Arbeit ist in ihrer Breite und Tiefe einzigartig in Deutschland und genießt daher grenzübergreifend hohe Anerkennung.
Doch der Bedarf ist enorm: Allein in Nordrhein-Westfalen sprechen wir von unzähligen Objekten, deren Herkunft zu klären ist. Viele kleinere Einrichtungen, insbesondere in den Kommunen, haben jedoch weder die personellen noch die finanziellen Ressourcen, um diese Aufgabe allein zu bewältigen. Die Koordinationsstelle schließt diese Lücke, indem sie Expertise und Strukturen zur Verfügung stellt. Sie setzt dort an, wo dringender Bedarf besteht. Ihre Rolle als zentrale Anlaufstelle für alle Träger – ob Museen, Archive, der Kunsthandel oder auch Privatpersonen – ist essenziell für den Erfolg dieser Arbeit.
Die dreijährige Pilotphase der Koordinationsstelle unter der fachkundigen Leitung von Frau Jasmin Hartmann endet am 31. Dezember 2024. Doch bereits jetzt zeigt die Evaluation, wie wertvoll diese Einrichtung für unser Land ist. Zahlreiche Einrichtungen konnten mit ihrer Unterstützung ihre Forschungsarbeit aufnehmen oder intensivieren. Auch innovative Projekte, wie die digitale Infrastruktur zur Bündelung von Wissen, zeigen, dass die Koordinationsstelle nicht nur bestehende Bedarfe deckt, sondern auch zukunftsweisende Impulse setzt.
Mit der Verstetigung der Koordinationsstelle setzen wir genau dort an. Wir sorgen dafür, dass ihre Arbeit auch langfristig fortgeführt werden kann und dass die Einrichtungen in NRW weiterhin Zugang zu fachlicher Beratung und Unterstützung haben. Dabei geht es nicht nur um die Aufarbeitung von Unrecht, sondern auch um die Stärkung des Forschungsstandorts Nordrhein-Westfalen. Wir wollen, dass unser Land auch in Zukunft als Vorbild für eine verantwortungsvolle und wissenschaftlich fundierte Provenienzforschung gilt.
Die Provenienzforschung ist eine Daueraufgabe. Es ist eine Chance, aus der Geschichte zu lernen und ethische Standards zu setzen. Mit diesem Antrag sorgen wir dafür, dass die Koordinationsstelle in Nordrhein-Westfalen ihre wichtige Arbeit fortsetzen kann. Damit schaffen wir nicht nur Sicherheit über die Eigentumsverhältnisse von Kulturgütern, sondern auch Vertrauen in unsere kulturellen Institutionen.
Ich lade Sie alle ein, diesen Antrag zu unterstützen und gemeinsam mit uns ein klares Bekenntnis zur Verantwortung unseres Landes für das kulturelle Erbe zu setzen. Lassen Sie uns zeigen, dass Nordrhein-Westfalen seiner Vorreiterrolle in der Provenienzforschung gerecht wird und diese mit Nachdruck weiterführt.
Vielen Dank.
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