
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
und ewig grüßt das Murmeltier: Wieder einmal inszeniert sich die AfD als letzte Verteidigerin von Meinungs- und Pressefreiheit.
Das Drehbuch ist dabei immer das gleiche:
Ein aktuelles Thema, ein bisschen pseudo-staatsmännische Rhetorik, ein bisschen Märtyrer-Pose, dazu Irreführung durch Auslassung – und fertig ist der Antrag für Ihre Gefolgsleute.
Diesmal geht es um das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum COMPACT-Magazin. Die Richter haben deutlich gemacht, dass die Inhalte des Magazins insgesamt noch nicht verbotswürdig seien.
Das Gericht stellt fest: Auch die polemisch zugespitzte Machtkritik, die Verschwörungstheorien und die Geschichtsvergessenheit in COMPACT sind von der Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt.
Denn in Deutschland gelten zurecht besonders hohe Hürden, wenn ein Presseerzeugnis verboten werden soll – auch und gerade, wenn das Verbot über das Vereinsrecht begründet wird.
Die AfD unterschlägt in ihrem Antrag natürlich den entscheidenden Satz aus der mündlichen Urteilsbegründung: Die Richter sagen nämlich auch – Zitat:
„Das Grundgesetz garantiert (…) selbst den Feinden der Freiheit die Meinungs- und Pressefreiheit.“
Und das Urteil ist – auch wenn die AfD das anders verstehen möchte – kein Gütesiegel für COMPACT und bedeutet auch keine Narrenfreiheit für dessen Autoren.
Das Gericht hat auch nicht gesagt, COMPACT sei harmlos.
Denn es ist kein harmloses Medium! Der Verfassungsschutz hat COMPACT als gesichert extremistisch eingestuft.
Es ist Sprachrohr von Extremisten – eine Plattform, die gegen Minderheiten hetzt, Verschwörungstheorien verbreitet und demokratische Institutionen verächtlich machen will.
Der Chefredakteur des Magazins sagt von sich – Zitat: „Ich bin ein bekennender Politiker-Beleidiger.“ Er spricht von „Staatsterror“, „Revolution“ und will „das Regime stürzen“.
Das ist alles abstoßend und grauenvoll, aber von der Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt, und deshalb kann COMPACT auch nicht grundsätzlich verboten werden.
Und das ist kein Zeichen von Schwäche unseres Rechtsstaats, sondern gerade von seiner Stärke. Denn das Urteil des Bundesverwaltungs-gerichts widerlegt den Mythos, der Staat würde kritische Stimmen unterdrücken.
Das Urteil ist keine Niederlage der Demokratie, sondern im Gegenteil Beweis ihres Funktionierens.
Sie feiern bei der AfD ein Gerichtsurteil, um sich als Verteidiger von Presse- und Meinungsfreiheit zu inszenieren. Doch was Sie wirklich meinen, ist doch etwas ganz anderes:
die Freiheit nämlich, Desinformation, Verschwörungsmythen und Demokratie-Verachtung ungestört verbreiten zu dürfen.
Und dafür nehmen Sie ausgerechnet die Meinungsfreiheit in Anspruch – das Grundrecht, das Ihnen nur deshalb zur Verfügung steht, weil wir in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat leben. Genau in dem Staat, den Sie abschaffen wollen.
Dass Sie Ihre wilden Parolen auf Bühnen, in Magazinen und im Netz ungestraft rausposaunen können – das ist doch gerade überzeugender Ausdruck der Meinungsfreiheit in unserer Demokratie!
Das „Regime“, das Sie „stürzen“ wollen, das schützt selbst SIE und Ihre Umsturz-Fantasien! Einen besseren Beweis für die Stärke unseres Rechtsstaats kann es gar nicht geben.
Sie fabulieren in Ihrem Antrag unter anderem über die angeblich – Zitat – „aktuell zur Diskussion stehenden Grenzen der Meinungsfreiheit“.
Die Grenzen der Meinungsfreiheit und auch der Pressefreiheit stehen aber natürlich überhaupt nicht zur Diskussion. Das hätten Sie wohl gerne, um diese Grenzen zu verschieben, weil sie Ihnen nicht ins krude Weltbild passen,
aber unser Grundgesetz ist stärker als jeder Extremismus.
Solange eine Meinung nicht gegen Gesetze verstößt, zur Volksverhetzung aufruft, Menschen beleidigt oder Jugendliche gefährdet, muss sie möglich bleiben. Auch dann, wenn sie schwer erträglich ist.
Das unterscheidet uns eben von autoritären Systemen. Und daran gibt es nichts zu deuteln und überhaupt nichts in Frage zu stellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Eine starke Demokratie wie unsere hält auch Agitation und Polemik wie die von COMPACT aus.
Sie braucht dafür keine Scheinanträge der AfD, die als verschleiertes Grundrechts-Manifest daher kommen und sich als Brandbeschleuniger für Demokratie-Verachtung entpuppen.
Wir lehnen den Antrag entschieden ab – im Sinne der Presse- und Meinungsfreiheit und einer Demokratie, die sich weder einschüchtern noch instrumentalisieren lässt.
Vielen Dank!
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