Jonathan Grundwald zu TOP 16 "Klare Trennung: Keine religiösen Gebetsräume an öffentlichen Schulen in Nordrhein-Westfalen"

17.09.2025

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

nach Henning Höhnes Instagram Show-Einlage zu arabischen Klassenarbeiten in der letzten Woche, kommt nun der nächste FDP-Show-Act zur Kommunalwahl – Klappe die zweite und Action: Der Angriff auf die Gebetsräume an Schulen mit Franzi Müller-Rech in der Hauptrolle.

Ich grüße daher herzlich die Social-Media-Abteilung der Liberalen, erlaube mir allerdings den dezenten Hinweis, dass der 14. September bereits vorbei ist und vor uns nur noch die Stichwahlen liegen, bei denen kein einziger FDP-Kandidat zur Wahl steht, dem ihr vermeintlicher Blockbuster noch irgendwie helfen könnte.

Mit dem vorliegenden Antrag der FDP erleben wir heute ein Stück Weltanschauungspolitik, das den freiheitlichen Geist unserer Verfassung nicht verteidigt, sondern verrät. Ausgerechnet die Fraktion, die sich selbst als Hüterin der Freiheitsrechte versteht, fordert die Einschränkung eines der wichtigsten Rechte unserer Verfassung: der Religionsfreiheit.

Artikel 4 des Grundgesetzes schützt nicht nur die Freiheit des Glaubens, sondern auch die ungestörte Religionsausübung. Und diese Religionsausübung endet nicht an der Schultür. Und daher ist es nur konsequent, dass das Bundesverwaltungsgericht festgehalten hat, dass sich Schüler außerhalb der Unterrichtszeiten und unter Wahrung des Schulfriedens in der Schule zum Gebet zurückziehen dürfen.

Die FDP stand einst für die individuelle Entfaltung aller Menschen – ob gläubig oder nicht. Ihr vorliegender Antrag rüttelt an den Grundfesten des freiheitlichen Geistes unseres Landes und spiegelt den aktuellen Zustand Ihrer Partei sehr gut wider. Es ist nichts mehr übrig von den Idealen, für die Sie einmal eingestanden sind.

Meine Damen und Herren,

religiöse Neutralität des Staates bedeutet nicht die Verdrängung von Religion aus dem öffentlichen Raum. Und schon gar nicht aus unseren Schulen. Sie bedeutet, dass der Staat alle Religionen gleichbehandelt, keine bevorzugt und keine benachteiligt. Und auch unsere Schulen sind Orte religiöser wie weltanschaulicher Freiheit.

Von rund 5.500 Schulen in NRW haben 176 Räume eingerichtet, an denen gebetet werden kann. Mehr als 2/3 dieser Räume sind Multifunktionsräume, Rückzugsräume oder Räume der Stille, die auch anderweitig genutzt werden. Abzüglich der Schulen in privater, meist christlicher Trägerschaft verbleiben in ganz NRW fünf öffentliche Schulen, die einen Gebetsraum eingerichtet haben.

Lassen Sie mich klar sagen:
Wenn eine Schule in Rücksprache mit Eltern, Schülern und Lehrkräften entscheidet, einen Raum für stille Andacht oder Gebet zu öffnen, dann ist das kein Angriff auf den Schulfrieden, sondern gelebte Freiheit und Eigenverantwortung im Sinne unseres Grundgesetzes.

Und was macht die FDP? Sie sprechen von Raumnot. Ich frage Sie: Wollen Sie ernsthaft einen multifunktionalen Raum für ein gelegentliches Gebet gegen die Raumfrage für OGS-Konzepte oder G9 ausspielen? Unentwegt rufen Sie nach Autonomie, aber den Schulen trauen Sie noch nicht einmal zu, selber über ihre Raumnutzung zu entscheiden? Ihr vermeintlicher Blockbuster ist eine Komödie, aber eine schlechte. Ihnen geht es nicht um Räume, Ihnen geht es um die Religion. Und das sollte uns allen Sorgen machen.

Meine Damen und Herren,

der Antrag der FDP ist ein weiterer verzweifelter Versuch, Aufmerksamkeit zu erhaschen. Sie geben vor, Probleme zu lösen, die es überhaupt nicht gibt. Die Schulleitungen in NRW treffen kluge, verantwortungsvolle Entscheidungen – in Kenntnis der Zusammensetzung ihrer Schülerschaft, im Dialog mit Eltern und auf Grundlage des Grundgesetzes.

„Freiheit stirbt immer zentimeterweise“ hat einst Guido Westerwelle in einer Rede den Journalisten Karl Hermann Flach zitiert. Und heute greift die FDP die Freiheit an, die unser Grundgesetz uns sichert. Ich kann Ihnen daher nur raten, demnächst weniger Wahlkampf und mehr inhaltliche Substanz in Ihren Anträgen unterzubringen.

Als CDU-Fraktion sagen wir klar:
Religionsfreiheit ist kein Störfaktor, sondern ein Grundpfeiler unserer freiheitlichen Gesellschaft.
Sie gehört auch – und gerade – in unsere Schulen und in die Mitte unserer Gesellschaft.

Ich würde mich daher freuen, wenn wir uns morgen vor Beginn der Plenarsitzung in UNSEREM Raum der Stille des Landtags treffen. So wie jeden Donnerstag in unseren Sitzungswochen. Mir persönlich gibt das Innehalten, das Gebet und die Gemeinschaft, die ich bei unserer Andacht erfahre, Kraft und Zuversicht und den Kompass für mein politisches Handeln.

Auf den FDP-Show-Act fallen wir genauso wie die Wähler in NRW nicht rein und lehnen den Antrag daher entschieden ab und überreichen Ihnen hiermit symbolisch die Goldene Himbeere.
Vielen Dank.

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