Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
mal wieder geht es Ihnen nur um eins: „Hauptsache dagegen!“.
Sie leiten den Beginn Ihrer nicht vorhandenen Kita-Pflicht-Debatte mit Seitenhieben gegen die Enquetekomission „Chancengleicheit in der Bildung“ ein. Die fast 250 Handlungsempfehlungen hätten nur am Rande überhaupt mit dem inhaltlichen Auftrag der Komission zu tun und wären ein unübersichtliches Sammelsurium allgemeiner Forderungen. Das Sie mit der Enquetekomission und deren Ergebnissen unzufrieden sind, haben Sie bereits in der Debatte zum Abschlussbericht Anfang Oktober kundgetan. Das Sie aber eine entsprechende Handlungsempehlung als Ausgangspunkt Ihres Antrags heranziehen und die harte Arbeit des Gremiums trotzdem erneut verächtlich machen, zeugt von schlechtem Stil.
Um uns vor weiteren Dagegen-Anträgen zu den übrigen 249 Handlungsempfehlungen zu schützen, möchte ich Sie daher direkt zu Beginn auf die Zielsetzung der Enquetekommission hinweisen. So ging es um die Untersuchung von „individuellen Disparitäten der Kinder und Jugendlichen und deren Entwicklung im Verlauf der Bildungswege“. Die sich hieraus ergebenden Erkenntnisse bildeten die Grundlage für die Handlungsempfehlungen, die sich an -Zitat- „unterschiedliche Akteure auf nahezu allen Ebenen richten“. Empfehlungen.
Im vorliegenden Antrag und auch in Ihren Ausführungen gerade rühmen Sie sich damit, sich schon immer für die verpflichtende Sprachförderung für Kinder mit Förderbedarf eingesetzt zu haben. Sie stellen fest, dass andere Bundesländer dies mit einem verpflichtenden Kita-Jahr oder dem Besuch eines Sprachförderprogramms längst tun. Und Sie stellen in Ihrer Begründung fest, dass dieses Vorgehen notwendig ist, um allen die selben Startchancen zu ermöglichen -die Stelle habe ich für Sie mal positiver formuliert, Sie selber sprechen lieber von Defiziten die andernfalls weitergetragen werden-.
Und trotzdem versuchen Sie die Diskussion um eine allgemeine Kita-Pflicht zu entfachen. Eine allgemeine Kita-Pflicht, wie Sie die Empfehlung gar nicht vorsieht. Ich darf aus dem Abschlussbericht der Enquete und ihrem Antrag zitieren: „Für alle Kinder ab viereinhalb Jahren soll eine verpflichtende Entwicklungsstandserhebung erfolgen, auf deren Grundlage bei Förderbedarf ein verpflichtendes Chancenjahr im Vorfeld der Schule vorgesehen ist.“ Bei Förderbedarf!
Woraus ziehen Sie also das vermeintlich Thema der allgemeinen Kita-Pflicht? Blickt man in Ihren Antrag, sind es vier Quellen. Vier Einzelpersonen, die sich dafür offen gezeigt haben. Die Berliner Bildungssenatorin, der SPD-Bezirksbürgermeister in Neukölln sowie der Oberbürgermeisterkandidat der SPD und die Kandidatin der Grünen in Köln. Verdammt dünn, um einer vermeintlichen landesweiten Kita-Pflicht-Debatte mit Ihrem Antrag den Riegel vorzuschieben.
Wie man es von der AfD erwartet, versucht man stattdessen noch ein bisschen das System schlecht zu reden, den Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern in Kitas die Qualifikation abzusprechen, den endgültigen Qualitätsverfall herbeizuschreien und einen Eingriff in das elterliche Erziehungsrecht zu unterstellen.
Alles wofür? Damit Sie die Landesregierung im Antrag auffordern sich gegen eine allgemeine Kita-Pflicht auszusprechen und stattdessen auf verbindliche Sprachstandserhebungen und gezielte Sprachförderung bei Förderbedarf zurückzugreifen. So wie es auch die Handlungsempfehlung der Enquetekommission fordert.
Bevor Sie mir jetzt widersprechen und behaupten es ginge Ihnen ja nur um Sprachförderung, nicht um ein verpflichtendes Kita-Jahr, möchte ich Sie auf Ihre eigenen Forderungen im März 2023 hinweisen. In den Ausführungen zu Ihrem AfD-Antrag (Drucksache 18/3311) forderte Herr Clemens – Zitat- „verpflichtende Vorlaufkurse (…), die in Grundschulen oder Kindertagesstätten stattfinden und zwölf Monate vor Einschulung beginnen“.
Nennen Sie es also wie Sie es wollen, „verpflichtendes Kita-Jahr“ oder „verpflichtender zwölfmonatiger Vorlaufkurs in einer Kindertagesstätte“. Der politische Fokus liegt zurecht auf unseren Kindern und deren Bedarfen.
Ihren Antrag braucht es dafür nicht.

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