Die Landesregierung muss die Arbeit der Integrationsräte würdigen, ihre Beteiligungsmöglichkeiten verbessern und die einheitliche Vertretung von Migrantinnen und Migranten durch die Integrationsräte erhalten!

30.11.2017
Heike Wermer zu TOP 2

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren,

es steht außer Frage, dass wir die politische Mitgestaltung für Migrantinnen und Migranten als wichtigen Bestandteil gesellschaftlicher Teilhabe und notwendigen Baustein gelungener Integration ansehen. Wer sich mit voller Überzeugung kommunalpolitisch engagiert und die Rahmenbedingungen des Zusammenlebens in seiner Umgebung aktiv mitgestalten möchte, ist in der Regel auch in unserer Mitte angekommen. Darüber sind wir uns in diesem Hohen Haus sicherlich einig.

Nun stellen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, es aber so dar, als wolle die Landesregierung den Migrantinnen und Migranten jegliche Möglichkeit politischer Partizipation nehmen. Dem ist selbstverständlich nicht so und das wissen Sie auch.

Denn das Gegenteil ist der Fall. Wir wollen allen Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, die Chance auf sozialen Aufstieg eröffnen und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Um dies zu erreichen, werden wir in der kommenden Zeit die bestehenden Integrationsmaßnahmen evaluieren, bündeln und zusammen mit neuen Ideen zur „NRW-Integrationsstrategie 2030“ zusammenfassen. Das haben wir im Koalitionsvertrag klar und deutlich stehen.

Selbstverständlich müssen und sollen für einen funktionierenden Integrationsprozess auch die Selbstorganisationen der Migrantinnen und Migranten angehört und auch einbezogen werden. Aus diesem Grund fördert die NRW-Koalition institutionell auch den Landesintegrationsrat, der, wie Sie wissen, das Vertretungsorgan der Integrationsräte in Nordrhein-Westfalen ist.

Ebenso, meine Damen und Herren von der Opposition, hat die Landesregierung deutlich gemacht, dass es keine Abschaffung der Integrationsräte sowie der kommunalen Mitwirkung von Migrantinnen und Migranten geben wird. Das Gegenteil ist der Fall.

Wir sehen es als wichtig an, den Kommunen mehr Gestaltungsfreiheit bei der politischen Partizipation von Migrantinnen und Migranten zu geben. Damit möchten wir die kommunale Selbstverwaltung und zugleich unsere gelebte Demokratie stärken. Denn die Kommunen haben unserer Ansicht nach den besten Überblick, welche Gremien zur Beteiligung von Migrantenvertretern vor Ort am geeignetsten sind, um die Partizipation zu steigern und verbindlicher zu machen.

Und schauen wir uns doch einmal die derzeitige Situation der Integrationsräte an. Wir merken, dass dort Handlungsbedarf besteht. Denn es gibt erhebliche Unterschiede bei der Ausgestaltung und Einbindung der Räte in den einzelnen Orten. Und in einigen Fällen führt dies auch durchaus zu Stillständen in den Integrationsräten.

Das wird den Menschen, die sich in den Räten engagieren – und zwar bewusst engagieren – um die Möglichkeit zu haben, Politik aktiv mitzugestalten, nicht gerecht. Hier heißt es, diese Menschen für Kommunalpolitik zu motivieren, statt sie zu demotivieren! Dies gilt speziell auch für die Migrantinnen in unseren Kommunen.

Der Frauenanteil in den Integrationsräten fällt bislang gering aus. Gerade aber die Frauen tragen zu einem erheblichen Teil zur Integration bei. Deshalb müssen wir darauf achten, wie wir es schaffen, auch ihre Ideen und Sichtweisen in die Arbeit der Migrantenvertretungen mit einfließen zu lassen. Dass es allgemein im Hinblick auf die politische Partizipation noch einiges zu tun gibt, erkennen wir nicht zuletzt an der geringen Beteiligung an den kommunalen Integrationsratswahlen.

• Gerade einmal um die 14 Prozent der landesweit wahlberechtigten Migranten haben bei den letzten Wahlen im Mai 2014 ihre Stimmen abgegeben.
• Und gerade in einmal 3 der 101 Kommunen wurden 20 Prozent erreicht oder überschritten.
• In einigen Kommunen waren es sogar weit unter 10 Prozent der wahlberechtigten Migrantinnen und Migranten, die ihre Stimme abgeben haben.
• Der Tiefstwert lag bei nur 4 Prozent. Das ist eindeutig zu wenig.

Das wollen wir ändern! Es ist an der Zeit, dem geringen Interesse an kommunalpolitischen Themen entgegen zu wirken. Indem wir nun den Kommunen die Möglichkeit eröffnen wollen, selbst zu entscheiden, in welcher Form die kommunale Integrationsarbeit ausgestaltet wird – egal ob Integrationsrat, oder –ausschuss – können wir der individuellen Situation vor Ort gerecht werden.

Denn klar ist doch: Durch die Einbindung weiterer sachverständiger Akteure, wie zum Beispiel Ratsmitglieder, sachkundige Bürger und natürlich auch Migrantenverbänden, kann die Arbeit der Gremien auf ein festeres Fundament gestellt werden. Und genau das ist unser Ziel. Der direkte Austausch vieler, an der Integration beteiligter Akteure, wird dazu beitragen, dass die Integrationsgremien handlungsfähiger werden und ihnen durch zahlreiche Multiplikatoren mehr Gehör verschafft wird.

Außerdem muss die Arbeit, die in den Gremien geleistet wird, ernst genommen und wertgeschätzt werden. Wir wollen eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe – mit den Kommunen und den Migrantenvertretern. Entgegen Ihrer Behauptungen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, muss sich also niemand in Nordrhein-Westfalen darum sorgen, dass es in der Integrationspolitik Rückschritte geben wird oder dass wir die Abschaffung der Integrationsräte befürworten. Deshalb ist Ihr Antrag an dieser Stelle auch unnötig. Stattdessen setzen wir uns dafür ein, dass die wichtige Integrationsarbeit, die in den Kommunen geleistet wird, fortgesetzt und weiterentwickelt werden kann. Dementsprechend haben wir unseren Entschließungsantrag eingebracht. Wir werden auch in Zukunft eng mit den Kommunen zusammenarbeiten und den Dialog mit den Integrationsräten suchen.

Vielen Dank.

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