Raphael Tigges MdL zu TOP 2

12.07.2018
Konsequenzen aus den Erfahrungen in Baden-Württemberg ziehen: Pläne zur Einführung von Studiengebühren für Studierende aus Drittstaaten stoppen

Sehr geehrter Herr Präsident!/ Frau Präsidentin
Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Der Antrag der SPD spiegelt genau das wieder, was SPD-Politik in den letzten 7 Jahren vor Regierungsübernahme ausgemacht hat – hektisches Agieren ohne Substanz.
Anders kann ich es mir nicht erklären, dass Sie zu diesem Zeitpunkt diesen Antrag stellen.

Das Ziel der NRW-Koalition ist es, das Profil der europaweit einzigartigen Hochschul- und Forschungslandschaft in Nordrhein-Westfalen weiter zu schärfen. Dazu gehört naturgemäß immer auch eine Weiterentwicklung des Systems.

Unsere Hochschulen wollen wir in den erfolgreichen Strategien zur Internationalisierung bestärken. Keinesfalls wollen wir diese Maßnahmen konterkarieren, wie Sie es in Ihrem Antrag suggerieren.

Ganz im Gegenteil: Wir wollen eine Verbesserung der Qualität der Lehre und der Studienbedingungen an den Hochschulen des Landes.

Dafür sind jedoch zusätzliche finanzielle Mittel unerlässlich.
Allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt – und das haben wir auch stets betont - zur Finanzierung unserer Hochschulen auf die Einführung allgemeiner Studiengebühren zu verzichten!

Wir werden uns aber sicherlich nicht zum jetzigen Zeitpunkt darauf festlegen oder gar dazu drängen zu lassen, die Erhebung von anderweitigen Studienbeiträgen durch das Land kategorisch auszuschließen!

Aber wir tun etwas anderes: Zur weiteren Verbesserung der Studienbedingungen verstetigen wir beispielsweise den Landesanteil zur Co-Finanzierung des bisherigen Hochschulpaktes im Umfang von 250 Millionen Euro.
Die landesseitigen Mittel wurden bereits im HH 2018 unsererseits eingestellt.

Es bedarf aber eben auch weiterer Überlegungen - und so halten wir es für richtig und wichtig - alle möglichen Optionen gründlich und zuverlässig zu prüfen.
Eine solche sind eben Studiengebühren für Studierende aus Drittstaaten nach dem sogenannten Baden-Württemberger-Modell.


Und dieses Ansinnen kommt auch nicht überall so schlecht an, wie es Ihr Antrag vermuten lässt.
Der Deutsche Hochschulverband schreibt in seiner Stellungnahme zur Anhörung zum von der SPD eingebrachten Gebührenfreiheitsgesetz, dass man solchen Überlegungen durchaus positiv gegenüber stehe.

Auch die Landesrektorenkonferenz würdigt in ihrer Stellungnahme, zum  SPD-Antrag zum Gebührenfreiheitsgesetz, den grundsätzlichen offenen und breiten Diskurs, da es eben immer auf die konkrete Ausgestaltung ankomme und man sich Details erst einmal ansehen müsse.

Die von Ihnen im vorliegenden Antrag ausgemachte generelle negative Grundstimmung, gegen eine Überprüfung aller Möglichkeiten und Optionen, ist so also nicht ganz zutreffend.

Die hier und heute diskutierte Umsetzung der Studienbeiträge für Nicht-EU-Ausländer nach dem sogenannten Baden-Württemberger-Modell wird aktuell noch überprüft. Erst in den nächsten Wochen ist mit einer Entscheidung zu rechnen, da die Ergebnisse einer ersten Evaluation aus Baden-Württemberg erst offiziell vorliegen und ausgewertet werden müssen.

Aus Ihrem Antrag könnte man den Eindruck gewinnen, dass diese bereits vollumfänglich und detailreich aufgeschlüsselt verfügbar sind und ein auf NRW übertragbares Szenario zulassen. Aus unserer Sicht ist dem so nicht!

Die vorliegenden Zahlen sind m.W. noch nicht belastbar, denn ein finaler Bericht aus dem Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg liegt noch gar nicht vor.
Insbesondere die Fragen nach den Ausnahmetatbeständen sind daher im Detail nicht belastbar beantwortbar.

Und um es nochmal deutlich zu machen, für uns war immer klar, dass es nicht um eine 1 zu 1 Übersetzung des Baden-Württemberger-Modells geht, sondern dass es uns eine Orientierung geben soll.

Wir haben für uns definiert, sogenannte „Bildungsinländer“ bei der Erhebung von Studienbeiträgen auszuklammern.
Ebenso Ausnahmen für Studierende aus Entwicklungsländern, für anerkannte Flüchtlinge und für Studierende mit besonderen sozialen Härten zu schaffen.
Und -  die zusätzlichen Einnahmen des Landes aus den Studienbeiträgen, sollen den Hochschulen ungeschmälert zur
Verbesserung der Studienbedingungen zur Verfügung gestellt werden.

Mit voreiligen Schlüssen halten wir uns daher zurück. Denn so wie wir gesagt haben, dass wir dieses Modell prüfen wollen, wollen wir uns nun auch gewissenhaft (was ja nicht Ihre Stärke ist) mit der Auswertung beschäftigen.

Und wenn die Auswertung des Baden-Württemberger Modells in Abgleich mit unseren Zielsetzungen, dann ein Bild zeichnet, welches keinen Mehrwert für unser System hat und nicht die erwarteten und gewünschten Effekte mit sich bringt, dann werden wir sicherlich daraus die Konsequenzen ziehen.

Vielen Dank!