Dr. Günther Bergmann zur Aktuellen Stunde

11.10.2018
Tod durch den Brand in der JVA Kleve

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Wir haben heute von vielen Seiten Betroffenheit vernommen, wir haben von vielen Leuten Details gehört. Auch ich will mich natürlich der Betroffenheit anschließen. Es ist furchtbar, was passiert ist. Bei mir ist die Betroffenheit noch nicht einmal gespielt, denn ich komme aus der Region, über die Sie die ganze Zeit sprechen und die Sie oftmals wahrscheinlich nur von der Landkarte kennen.

Ich bin der direkt gewählte Vertreter für Kleve, und ich bin Mitglied des Beirates der Justizvollzugsanstalt. Ich kenne Bedienstete, die an dem Tag, als das passierte, dort reingegangen sind und ihr Leben riskiert haben, um diesen Mann zu retten. Wenn diese Menschen dann von einem Justizskandal hören, fühlen sie sich selber angegriffen, und das ist erbärmlich, um einmal die Ausdrucksweise von Frau Bongers aufzugreifen, die ich völlig unparlamentarisch und schäbig finde.

Ich möchte Herrn Engstfeld explizit danken, weil er wie im Ausschuss im Gegensatz zu vielen anderen versucht hat, nachzufragen und dem nachzukommen, was wir Parlamentarier tun sollten, nämlich aufzuklären, zu fragen. Wir sind in der Phase der Aufklärung, haben Sie vorhin gesagt. Das stimmt. Das finde ich gut. Und das unterscheidet Sie von vielen anderen, die hier Dinge geäußert haben.

Das gilt zum Beispiel für Frau Bongers und ihre Rede, die offensichtlich gestern geschrieben worden ist und überhaupt nicht das aufgreift, was sie fünf Minuten vorher hier erlebt hat. Wenn Sie nicht aufgreifen können, was Sie gerade zu hören bekommen haben, dann ist das zwar schade, aber dann sollten Sie das nicht mit persönlichen Angriffen gegen ...

— Sie können so lange brüllen, wie Sie wollen, Herr Maelzer — dafür sind Sie ja bekannt —, aber es ändert nichts an den Tatsachen.

Wenn jemand in einer gestern geschriebenen Rede heute, nachdem sich der Minister erklärt hat, immer noch etwas behauptet, was drei Minuten vorher widerlegt wurde, zeugt das nicht davon, dass er parlamentarisch auf der Höhe ist.  Erst müssen alle Informationen auf den Tisch — das ist überhaupt nicht die Frage —, und dann können wir eine endgültige Beurteilung vornehmen. Dann können wir auch Maßnahmen, die mit Sicherheit notwendig sind und die er in Teilen ...

— Herr Bialas, ich komme gleich auf Sie zu sprechen. Dann lassen Sie uns das vorziehen, wo Sie gerade so nett hereinrufen. Ihre Frage in der gestrigen Fragestunde hat Sie für den Rest des gesamten Verfahrens desavouiert.

Sie fragten den Minister bezüglich des „RP"-Artikels, ob er es denn passend fände, dort lächelnd mit Blick aus dem Fenster abgebildet worden zu sein.

Sie sagten, Sie würden vor dem Hintergrund nicht glauben, dass er diese Betroffenheit ernst meine, und fragten ihn: Wie können Sie sich, angesichts der Tatsache, dass so etwas passiert ist, lächelnd in der Zeitung abbilden lassen?

— Genau das war die Frage.

Ein Blick unter das Foto — ich bin Leser der „RP" — offenbarte es.
Dort stand: „Foto: dpa". Sie als Politiker wissen, dass es Fotodatenbanken gibt und dass Politik in der Presse dazugemischt wird.

Das war eine Art der Betroffenheit, die Ihnen hier niemand abnimmt. Das ist nicht in Ordnung.

Wenn ich Politik so betreiben würde, wie Sie es im Moment tun, dann würde ich das wie folgt machen — ich spiele jetzt einmal SPD —:

Herr Kutschaty, können Sie sicherstellen, dass es in Ihrer Amtszeit niemals zu einer Verwechselung bei einer Inhaftierung gekommen ist?

Diese Art von Fragen stellen Sie hier, und, Herr Kutschaty, Sie könnten Sie nicht beantworten.

Die Aufklärung des Funklochproblems Ihrer ehemaligen Ministerpräsidentin hat doch länger gedauert als die Beantwortung der hier gestellten Fragen. Das ist doch das Faktum.

Pauschalierungen und Unterstellungen sind einfach unerträglich, und sie sind hier auch immer nur auf der Basis von der Unterstellung, dass Informationen vorenthalten würden, getätigt worden.
Herr Engstfeld, Engstfeld, Sie haben 160 oder 161 Fragen gestellt, und Sie hatten 107 Fragen gestellt. Davon haben Sie im Rechtsausschuss — das haben Sie selber konstatiert — ganz viele beantwortet bekommen.

Die beiden Minister haben Rede und Antwort gestanden, und zwar in einem Stil, der Ihnen von der SPD in früheren Auseinandersetzungen gut zu Gesicht gestanden hätte.

Sie haben sich in der Ausschusssitzung geeinigt und gesagt: Wir reduzieren und stellen euch die Fragen noch einmal. — Das ist seitens Herrn Engstfeld und der SPD erfolgt. Die beiden Minister antworteten innerhalb von 48 Stunden. Schneller geht es nicht, wenn es dreistellige Fragen sind. Vor diesem Hintergrund ist es völlig in Ordnung, dass dann subjektiv nicht alle Fragen so beantwortet werden, wie man sich das wünscht.

Das ist Ihre Wahrnehmung. Die Frage, die Sie vorher gestellt haben, ist mit Sicherheit nicht ordentlich beantwortet worden; da gebe ich Ihnen recht. Aber dann muss man daran arbeiten. Das ist doch der Prozess, in dem wir uns gerade befinden.

Mit Verallgemeinerungen kann es jedenfalls nicht weitergehen. Wo Probleme sind, müssen wir handeln. Es müssen systemische Verbesserungen eingeführt werden. Schließlich handelt es sich nicht, wie behauptet, um die Erstinhaftierung dieses Herrn, sondern er war zum zweiten Mal in der Justizvollzugsanstalt in Kleve.

Er wurde dort genau registriert. Er ist in diesem Fall nicht zuerst in Kleve, sondern in Geldern inhaftiert gewesen. Das sind alles Punkte, wo man genau nachgucken muss.
Ich möchte Sie auffordern, diese Politamnesie endlich sein zu lassen. Sie haben uns fünf Jahre lang etwas anderes vorgelebt und tun jetzt so, als sei das alles unglaublich.
Die Berufskrankheit, die Herr Wolf hier auslebt, indem er versucht, aus einem Parlament ein Gericht zu machen, finde ich nicht in Ordnung.

Sie haben sich mit Ihrem Auftritt gerade selber blankgezogen, diese Oberlehrerhaftigkeit und diese Selbstgefälligkeit. Selbstgefälligkeit — das habe ich Ihnen schon im Ausschuss gesagt — birgt ein Problem: Nachher gefällt sie einem immer nur noch selbst. Was hier passiert, ist nicht in Ordnung. Wir müssen alle Fakten auf den Tisch legen und von Vorverurteilungen absehen. Das ist für Juristen eigentlich sowieso ein No-Go, aber das muss ich Ihnen ja nicht sagen.

Ich kann mir nur wünschen, dass wir die Informationen seitens der Ministerien weiterhin in der Weise bekommen, wie es in den letzten Tagen der Fall war. Ich bedanke mich dementsprechend bei Herrn Minister Biesenbach und Herrn Minister Reul.

— Schönen Dank.

 

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