Dr. Ralf Nolten zu TOP 10 "Für Umwelt, Wasser und Bauern – Düngeverordnung endlich wirksam und praxistauglich gestalten!“

20.02.2019

Sehr geehrte Damen und Herren!

Gibt es ein „zu früh“ bei der Diskussion um zu hohe Nitratwerte im Grundwasser?

Eigentlich nicht – der aktuelle Nährstoffbericht der Landwirtschaftskammer NRW zeigt ür ein Drittel der Messstellen das Überschreiten des Nitratgrenzwertes von 50 mg je Liter. Das ist gut 25 Jahre nach Inkrafttreten der Nitratrichtlinie, nach über 20 Jahren Düngeverordnung nicht zufriedenstellend.

Bei allen Verbesserungen in der Nährstoffeffizienz: die mineralische Stickstoffdüngung von über 100 kg Stickstoff je Hektar ist zu hoch. Die regionale Verteilung der Wirtschaftsdünger weist bei Einhaltung des zulässigen N-Saldos für NRW mit 10 kg bis über 100 kg ein zu breite Spanne auf. Unabhängig davon, ob die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie bis 2027 oder zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt sein müssen: es besteht unbestritten Handlungsbedarf.

Es wird aber auch gehandelt: zunehmend kommt Technik zur verlustarmen Gülleausbringung zum Einsatz. Intensive Beratung gerade in den Wasserschutzgebieten zeigt durchaus Erfolge, nicht nur im einzelbetrieblichen Düngemanagement.

Nicht zuletzt haben wir als NRW-Koalition für den diesjährigen Haushalt 500.000 € für die Anschaffung von Durchflussmessgeräten an Güllefässern und von Stickstoffsensoren zur Unterstützung der personalintensiven Düngeberatung beschlossen. Wir haben jüngst die Landesregierung aufgefordert, unerlaubte Gülleimporte nach NRW zu stoppen und für Transparenz bei der Verbringung zu sorgen.

Und doch gibt es ein „zu früh“:
Wir haben bei der Novelle der Düngeverordnung auf die Maßnahmen gesetzt, die auch die Experten in der Anhörung als zielführend bezeichnet haben. Nach nur einem Jahr Praxiserfahrung mit der geänderten Düngeverordnung steht nun eine neuerliche Reform ins Haus. Der EU-Kommission ist der Kontrollwert von 60 kg Stickstoff pro Hektar zu hoch und insbesondere für die zu sehr belasteten Grundwasserkörper würde zu wenig gemacht.

Es kommt eine Novellierung, ohne überhaupt den Effekt der letzten zu evaluieren. Das stärkt nicht das Vertrauen in Institutionen. Das führt zu Frustration, Ärger, Wut, zu einem Gefühl auch der Herabsetzung bei den Betroffenen, wie ich vor Ort erfahren durfte.
Muss man die Diskussion um ein Vertragsverletzungsverfahren so wenig sensibel führen? War wirklich kein Warten auf den Nitratbericht 2020 möglich?

Es gibt auch ein „zu früh“ aus anderer Perspektive:
Mit dem Verbot der Herbstdüngung, dem verpflichtenden Zwischenfruchtanbau vor Sommerkulturen, der pauschalen Absenkung des errechneten Düngebedarf der Kulturen und der schlagbezogenen Aufzeichnungspflicht stehen erhebliche Veränderungen im Raum - als Ankündigung: Der Referentenentwurf ist für Ende des Monats, die Länder- und Verbändeanhörung für Ende Mai und die Ressortabstimmung für Juni vorgesehen.

Entsprechend sind noch viele Fragen offen, Gibt es Ausnahmen bei den Agarumweltprogrammen? Wie werden die per Rechtsverordnung auszuweisenden Gebiete oder Teilgebiete konkret abgegrenzt? Haben die Befreiungen von der Pflicht zum Nährstoffvergleich für Betriebe unterhalb einer Größenschwelle, mit einer bestimmten Anbauplanung (z. b. ohne Sonderkulturen) wie in der Stoffstrombilanz-Verordnung festgelegt, Bestand? Oder ziehen wir den nächsten Schritt vor? Gibt es bei der Düngereduzierung gegenüber dem ermittelten Bedarf von 20 % eine Ertragsspirale nach unten? Soll es die Möglichkeit des Bau von Gülletöpfen auch in Ackerbauregionen geben?

Für die Diskussion des vorliegenden Antrags wäre es sinnvoll, hier mehr Klarheit zu haben.

Der Antrag fordert die Einbeziehung bislang nicht berücksichtigter Faktoren. Sind sie nicht bisher außen vor, weil sie sich nicht so leicht operationalisieren lassen? Modelle wie DENUZ, WEKU, MEPhos versuchen u.a. den Einfluss von Managementmaßnahmen auf die kleinräumige Stickstoff- und Phosphor-Verlagerung im Boden zu messen. Ich bin zuversichtlich, dass Precision Farming bald den Dünge- und Pflanzenbehandlungsbedarf nicht nur parzellenscharf, sondern einzelpflanzengenau darstellen wird – zur Zeit ist es aber noch Zukunftsmusik. Wir müssen sehen, dass auf dem Weg dorthin nicht die Betriebe verloren gehen, die Sie zu erhalten vorgeben.

Der fachlichen Diskussion im Ausschuss werden wir uns zu gegebener Zeit gerne stellen.
 
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