Andrea Stullich zu TOP 15: „Situation und Entwicklung des Online-Medienmarktes in NRW“

19.05.2021

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

nach der Studie zum Zeitungsmarkt und der Studie zum Radiomarkt in NRW liegen mit der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage nun auch umfassende Kenntnisse zum online-Medienmarkt vor.
Das ist gut, allerdings wird die mediale Konvergenz in den Fragen, die die SPD dafür gestellt hat, weitgehend ausgeblendet. Dabei wandeln sich der Medienmarkt und die Mediennutzung seit Jahren, und  crossmediales Arbeiten ist in den Redaktionen längst Alltag.
Das wird auch in der vorliegenden Studie abgebildet: Von den rund 1000 online-Medienangeboten leisten sich nur wenige Anbieter eigene Online- oder Digitalredaktionen mit eigenen Digitalredakteuren.
Der überwiegende Teil arbeitet seit Jahren crossmedial über mehr als einen Medienkanal hinweg. Deshalb wäre vielleicht zu überlegen, die mediale Konvergenz und den crossmedialen Redaktionsalltag künftig näher an der Realität abzubilden und statt dreier getrennter Studien - Print, Radio, Online - eine Große Anfrage über alle Gattungen hinweg zu stellen.
Aber bleiben wir bei den online-Medien: Die 313 Seiten umfassende Antwort der Landesregierung zur Entwicklung dieses Marktes ermittelt umfassend und übrigens erstmals für alle 53 Landkreise und kreisfreien Städte, welche Online-Angebote bestehen.
Rund 1000 online-Medienangebote in NRW bedeuten eine riesige Auswahl für die User, die aber nicht zwingend mit publizistischer Vielfalt gleichzusetzen ist.
Trotz dieser Auswahl entscheidet sich der Konsument schlussendlich meist für eine der bekannten Medienmarken, die die größten Reichweiten haben und insgesamt großes Vertrauen genießen.
Die Studie macht deutlich, dass die Rolle der Verlage, des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie des Lokalfunks als zentrale Säulen unseres Mediensystems auch online von großer Bedeutung sind.
Das online-Angebot von Tageszeitungen setzt auf Bezahlmodelle, um die zusätzliche umfassende Information im Netz zu finanzieren. Allerdings können die Erlöse aus dem digitalen Geschäft nach wie vor die Rückgänge bei Print nur teilweise kompensieren. 
Die NRW-Lokalsender setzen v.a. darauf, on-air-Informationen online zu vertiefen und mit ihrem Angebot Hörer ans Programm zu binden. Die online-Reichweiten sind zuletzt zum Teil deutlich angestiegen, denn die Angebote der lokalen Hörfunkstationen sind für die Menschen eine zusätzliche und verlässliche Quelle für lokale Informationen geworden. Digitale Geschäftsmodelle sind aber längst noch nicht auskömmlich.
Auch die Nutzerzahlen des WDR sind im letzten Jahr deutlich gestiegen, und die Inhalte leisten einen Vielfaltsbeitrag auf regionaler und landesweiter Ebene.
Und natürlich haben Deutschlandradio, Deutsche Welle und WDR als öffentlich-rechtliche Sender mit Sitz in NRW online-Angebote, die weit über NRW hinaus viele Nutzer erreichen, zum Beispiel das Angebot von sportschau.de, das der WDR für die ARD produziert.
Auch die Online-Angebote von Handelsblatt Media Group und Rheinischer Post hier aus Düsseldorf, der Funke Mediengruppe in Essen und der Mediengruppe RTL in Köln haben eine besondere Bedeutung über NRW hinaus.
Neben den bekannten Marken gibt es natürlich eine Vielzahl regionaler, lokaler und sub-lokaler Online-Only-Angebote, außerdem Angebote von Anzeigenblättern, fremdsprachige Online-Angebote oder auch gemeinnützige journalistische Angebote. Viele dieser Angebote entstehen nebenberuflich oder ehrenamtlich.
Vor allem für Online-Only-Angebote wird festgestellt, dass professioneller Qualitätsjournalismus durch die Erlösstrukturen nicht angemessen finanziert werden kann, von einzelnen Ausnahmen abgesehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
unsere Medienpolitik - auch das wird in den Antworten deutlich - setzt auch online einen guten Rahmen dafür, dass Vielfalt gesichert wird, dass journalistische Inhalte auffindbar und für alle Bürger technisch und inhaltlich zugänglich sind.
Deshalb bauen wir Medien- und Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation für die digitale Welt weiter aus, und zwar im engen Zusammenspiel mit dem sehr erfolgreich gestarteten online-Lotsen DigitalcheckNRW, mit dem Nordrhein-Westfalen Vorreiter in ganz Deutschland ist.
Die Landesregierung hat aus unserer Sicht alle Fragen umfassend beantwortet. Vielen herzlichen Dank allen, die daran mitgewirkt haben.

Autoren