Andrea Stullich zu TOP 2 "Situation des Zeitungsmarktes in Nordrhein-Westfalen 2019 und seine digitale Entwicklung!"

14.02.2020

Sehr geehrter Herr Präsident,
verehrte Kolleginnen und Kollegen,

die Studie der Landesregierung zur Situation des Zeitungsmarktes hier bei uns in Nordrhein-Westfalen ist beispielhaft! Im Namen der CDU-Fraktion möchte ich mich herzlich bei allen bedanken, die an der aufwändigen Recherche und dieser umfangreichen Antwort mitgearbeitet haben.
Unsere Demokratie braucht eine vielfältige Medienlandschaft, und gerade dem Lokaljournalismus kommt eine zentrale Funktion für die Demokratie zu. Darauf weist die Landesregierung zurecht schon in der Vorbemerkung hin. Leider stehen aber vor allem Lokalzeitungen unter erheblichem Druck:
Auflagen und Werbeerlöse sinken, die gesellschaftliche Akzeptanz nimmt ab, vor allem in der jungen Zielgruppe.
Hauptgrund für die Zeitungskrise - und auch Treiber dieser Krise - ist das veränderte Mediennutzungsverhalten vieler Menschen.
Natürlich suchen auch junge Leute solide Informationen, aber in neuen Formaten – zum Beispiel in prägnanten Kurzmeldungen oder Podcasts.
Und vielen, vor allem jungen Leuten, fehlt das Alleinstellungsmerkmal, der Zusatznutzen, weshalb sie noch Zeitung lesen sollen, wenn doch das Internet Informationen in modernen Formaten liefert – und das meiste davon gratis. Und leider wachsen heute viel zu viele Jugendliche in Elternhäusern auf, in denen das Zeitunglesen nicht mehr zur alltäglichen Gewohnheit gehört.
Wie sollen sie also spüren, wie attraktiv eine tägliche Zeitung sein kann?
Meine Damen und Herren,
für mich ist Zeitunglesen nicht nur reine Informationsbeschaffung – für mich ist Zeitunglesen Genuss, Emotion, Muße, ein haptisches Erlebnis und – gerade auch am Wochenende - ein Ritual.
Mein Leben wäre ärmer ohne verschwurbelte Buchbesprechungen im Feuilleton, ohne fünfspaltige Leserbriefe, in denen kraftvoll nach allen Seiten ausgeteilt wird, ohne die Samstagsausgabe, in der meine Pressemitteilung wieder nicht abgedruckt wurde.
Vor allem aber wäre mein Leben ärmer ohne kluge Leitartikel, ohne tiefgründige Analysen, ohne spannende Interviews, ohne Reportagen aus aller Welt und vor allem ohne umfassende Lokalberichterstattung, ohne gut recherchierte Geschichten über Menschen in meiner Region.
Ich brauche meine tägliche Dosis Lokalzeitung – Zuhause gerne gedruckt, unterwegs gerne online – und ich mache mir Gedanken darüber, wie die Zeitung von morgen aussieht,
•            die Qualitätsjournalismus bietet,
•            die man unbedingt lesen will, um mitreden zu können,
•            die einen Mehrwert hat, der auch junge Leser begeistert.
Staatliche Zuschüsse für Redaktionen sind dafür nicht die richtige Antwort.  
Wir wollen in NRW einen Journalismus erhalten, der redaktionell wie wirtschaftlich unabhängig ist.
Dass der Bundestag im letzten November beschlossen hat, künftig die Zustellung von Zeitungen zu fördern, das halte ich für richtig, denn diese  zweckgebundene Förderung gilt nur dem Vertrieb und nicht den Inhalten.
Auch der reduzierte Mehrwertsteuersatz für elektronische Informationen   gehört zu den wichtigen Rahmenbedingungen, mit denen wir den Verlagen helfen können, ebenso wie verbesserte Leistungsschutzrechte im Internet.
Das journalistische Profil, moderne Formate, Verlässlichkeit, Glaubwürdigkeit, Nutzwert und Cross-Medialität – das sind nur einige Stichworte für Relevanz und Akzeptanz von Zeitungen. Und das Thema  „Paid Content“ ist sicher noch nicht ausgereizt.
In Antwort 77 wird geschildert, wie die „Ibbenbürener Volkszeitung“ mit Themen-Abos im Netz Erfolg hat: Statt das gesamte Angebot zu abonnieren, können Leser für weniger Geld einzelne Themen-Welten buchen – es kann also mit flexiblen Angeboten und guten Inhalten, die personalisiert werden können, gelingen, zahlungsbereite Leser im Netz zu finden. Allerdings ist es nicht Aufgabe der Politik, erfolgreiche Geschäftsmodelle für Medienunternehmen im digitalen Zeitalter zu entwickeln  – das ist Aufgabe der Verlagshäuser und Redaktionen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die gute Nachricht zum Schluss: Wir haben hier in NRW immer noch ein vielfältiges Zeitungs-Angebot von hoher journalistischer Qualität, vor allem auch im Vergleich zu anderen Ländern. Die Tageszeitung ist nach wie vor ein relevantes Informationsmedium – bei sinkender Auflage im Print-Bereich, aber steigenden Zahlen für digitale Angebote.
In Antwort 76 schreibt die Landesregierung: „Auf welchem Ausspielweg journalistische Inhalte die Nutzer erreichen, ist nicht entscheidend - entscheidend ist eine hohe journalistische Qualität, die die Nutzer befähigt, sich in den demokratischen Diskurs einzubringen.“ Wir unterstützen die Verlage auf diesem Weg – dafür setzen wir bestmögliche Rahmenbedingungen.

Vielen Dank!

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