Andrea Stullich zu TOP 3 "Gesetz zur Zustimmung zum 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung weiterer Gesetze (18. Rundfunkänderungsgesetz)"

01.04.2020

Sehr geehrter Herr Präsident,
verehrte Kolleginnen und Kollegen,

mit dem 18. Rundfunkänderungsgesetz realisieren wir schon heute die Hörfunkstrategie "Radio in NRW 2022", die wir im Koalitionsvertrag angekündigt haben.
Unsere Hörfunkstrategie ist ein wichtiger Beitrag dafür, das duale Hörfunksystem in NRW insgesamt zu stärken und Qualitätsjournalismus zukunftsfähig zu machen. Denn wir wollen, dass die Menschen so umfassend wie möglich mit einem vielfältigen, qualitätsvollen und unabhängigen Radioangebot versorgt werden.
Wir wollen sicherstellen, dass die Lokalsender redaktionell und wirtschaftlich unabhängig bleiben, damit sie im Wettbewerb und im digitalen Zeitalter bestehen können.
Und das an einem ganz besonderen Tag: Heute vor 30 Jahren,            am 1. April 1990, ging mit Radio Duisburg das erste Lokalradio in NRW auf Sendung. Gleichzeitig hat auch radio NRW, das Mantelprogramm der 44 Lokalsender, den Sendebetrieb aufgenommen.
Herzlichen Glückwunsch nach Duisburg und Oberhausen!
Gerade jetzt in der Corona-Krise sorgt der Lokalfunk vor Ort für lebensnotwendige Informationen, für Orientierung und Zusammenhalt.  Er ist ein wichtiger Anker für die Menschen und zurecht Teil der "kritischen Infrastruktur" mit wichtiger Bedeutung für das Gemeinwesen.
Das Land NRW lässt deshalb natürlich auch die privaten Sender, denen momentan die Werbeeinnahmen wegbrechen, und die Journalisten, angestellte wie freie, nicht im Stich. Auch ihnen können die Rettungsschirme von Land und Bund schnell, unbürokratisch und wirksam helfen.
Denn selbstverständlich gelten die Sofortprogramme und die wirtschaftlichen Hilfen auch für Betriebsgesellschaften, Servicegesellschaften und Verlage. Darüber hinaus hat die Landesmedienanstalt bereits eine TaskForce eingerichtet. Sie gewährleistet eine kontinuierliche Bewertung der Lage.
Im Übrigen müssten Hilfen, die über die aktuellen Programme noch hinausgehen, auch rechtssicher sein. Und da möchte ich ganz deutlich sagen: Staatsferne ist ein hohes Gut, auch - und vielleicht gerade - in Krisenzeiten.
Deshalb müssen wir den Änderungsantrag der SPD leider ablehnen.
Wir werden vielmehr mit unserer Hörfunkstrategie 2022 Radio IN NRW über die Krise hinaus unterstützen.
Ein wichtiger Punkt dabei ist, dass die Vergabe-Kriterien für UKW-Frequenzen geschärft werden. Denn eine zweite landesweite UKW-Kette soll zusammen mit dem Lokalfunk ein weiterer wichtiger Pfeiler für die Medienvielfalt in Nordrhein-Westfalen werden.
Die Landesmedienanstalt bekommt außerdem mehr Möglichkeiten, Innovation im Audio-Bereich zu fördern.
Sprachassistenten und Streaming-Dienste haben das Audio-Angebot im Markt verändert. Deshalb müssen bestehende Geschäftsmodelle neu gedacht und für die digitale Welt weiterentwickelt werden.
Medienschaffende sollen daher mehr Unterstützung erhalten können, um innovative Medienformate zu entwickeln.
In der Anhörung hat der Lokalfunk außerdem deutlich gemacht, warum es aus programmlicher Sicht sinnvoll sein kann, die wöchentlichen lokalen Sendestunden flexibler als bisher auf sieben Tage verteilen zu können. In unserem Änderungsantrag nehmen wir diesen Vorschlag auf, ohne die Gesamtzahl der lokalen Sendestunden pro Woche einzuschränken.
Wir haben für die Hörfunkstrategie auch das Thema "Werbezeiten beim WDR" unter die Lupe genommen. Ein Gutachten hat festgestellt, dass der WDR-Hörfunk bei der Werbezeiten-Vermarktung gegenüber anderen ARD-Anstalten nicht benachteiligt werden darf. Deshalb nehmen wir im WDR-Gesetz keine weitere Reduzierung der Werbezeiten vor.
Denn wenn wir einerseits fordern, der WDR solle sparen, dann dürfen wir ihm andererseits nicht noch mehr Werbeeinnahmen wegnehmen, die - wie das Gutachten gezeigt hat - größtenteils noch nicht mal beim Lokalfunk landen, sondern im Netz und damit bei Playern, die nicht in Nordrhein-Westfalen sitzen, sondern in den USA.
Meine Damen und Herren,
wir müssen heute eine Neuregelung im 23. Rundfunk-Änderungs-Staatsvertrag beschließen, nämlich dass für Zweitwohnungen kein Rundfunkbeitrag erhoben werden darf.
Im Verfahren haben wir das WDR-Gesetz und das Landesmediengesetz angedockt, damit die Gesamtstrategie „Radio in NRW 2022“ möglichst schnell wirken kann. Sie leistet einen wichtigen Beitrag dazu, das duale System in Nordrhein-Westfalen zukunftsfähig zu machen.
Denn gerade in dieser Zeit ist unabhängiger, engagierter und qualitätsvoller Journalismus von großer Bedeutung.
Zu wenig Distanz tut nicht gut, trotzdem ist es mir heute wichtig zu sagen:
Mein Dank gilt allen Journalisten, Volontären und Redakteuren, die rund um die Uhr mit großer Sorgfalt über die Corona-Krise berichten. Obwohl viele von Ihnen ins Home Office umziehen mussten, Interviews auf Abstand führen oder Sendungen ohne Publikum moderieren, versorgen Sie uns mit Qualitätsjournalismus, entlarven Fake-News und beantworten unzählige Anfragen von Hörern, Lesern, Usern und Zuschauern beantworten. Vielen Dank dafür!
Den Anpassungen im Landesmediengesetz und im WDR-Gesetz sowie dem 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrag stimmen wir natürlich zu.

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