Andrea Stullich zu TOP 6 „Journalismus braucht Freiheit – Demokratie ist ohne die Freiheit der Meinung und ohne die Freiheit der Medien undenkbar“

03.05.2023

Am 13. März letzten Jahres verschwand der ukrainische Pressefotograf Maxim Lewin in einem umkämpften Waldgebiet 20 Kilometer nördlich von Kiew. Er arbeitete seit Jahren für ukrainische und westliche Medien, unter anderem für die Nachrichtenagentur Reuters. Lewin dokumentierte seit Beginn der Invasion den Angriffskrieg auf sein Land. Drei Wochen nach seinem Verschwinden fanden ukrainische Soldaten seine Leiche im Wald. Russische Soldaten hatten ihn mit zwei Kopfschüssen getötet. Lewin war unbewaffnet und trug eine Jacke mit der Aufschrift "Presse". Er wurde nur 40 Jahre alt und hinterlässt seine Frau und vier Kinder.

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

dieses furchtbare Beispiel ist leider nur eines von vielen, auf die der weltweite Tag der Pressefreiheit heute aufmerksam macht.
In Russland steht die Pressefreiheit zwar in der Verfassung – in der Realität ist sie längst abgeschafft.
Es gibt kein einziges unabhängiges, nicht-staatliches Massenmedium in Russland mehr. Und die Arbeit der wenigen verbliebenen, unabhängigen Medien ist praktisch unmöglich, denn sie leben in ständiger Bedrohung vor Verfolgung, Straflager und Tod, wenn sie die Dinge beim Namen nennen.
„Reporter ohne Grenzen“ hat heute die Rangliste der Pressefreiheit 2023 veröffentlicht. Sie zeigt die Situation von Journalisten und Medien in 180 Ländern. Russland ist von  Platz 155 auf Platz 164 abgerutscht.
Aber auch in vielen anderen Staaten weltweit sind die Unabhängigkeit von Medien und die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten in Gefahr. Der Welttag der Pressefreiheit rückt deshalb die Bedeutung freier Medien für Demokratie, Menschenrechte und Frieden ins Blickfeld.
Bei uns in Deutschland ist Pressefreiheit zum Glück selbstverständlich und vom Grundgesetz geschützt. Trotzdem zeigt das jährliche Ranking von Reporter ohne Grenzen:
Wir rutschen ab, aktuell von Platz 16 auf 21. Denn Gewalt gegen Medienschaffende auf Versammlungen nimmt zu, vor allem „in verschwörungsideologischen, antisemitischen und extrem rechten Kontexten“, so Reporter ohne Grenzen. Also in einem Umfeld, in dem unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung verachtet wird.
Das nehmen wir nicht hin, denn jeder Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit ist ein Angriff auf die Demokratie. Sie zu schützen, muss aber Ziel von uns allen sein.
Unsere Polizei sichert die freie Berichterstattung, indem sie  selbstverständlich Journalisten schützt, damit sie im Sinne der Presse- und Meinungsfreiheit ungestört arbeiten können. Dazu ist sie auch kontinuierlich mit Medien und Verbänden im Austausch.

Der DJV hat zusammen mit dem NRW-Innenministerium im letzten Jahr zwei Broschüren für Journalisten herausgegeben: Einen Flyer mit Hinweisen zur Prävention und die Broschüre: „Was dürfen Medienschaffende bei Einsatzlagen?“
Denn immer öfter muss die Polizei bei Großeinsatzlagen nicht nur die Demonstrationsfreiheit schützen, sondern auch die Pressefreiheit. Innenminister Herbert Reul sagt ganz klar – Zitat: „Wir wollen Journalistinnen und Journalisten den Rücken stärken; wir wollen Ratgeber, Anlaufstelle und schützende Hand sein – für eine starke, furchtlose und freie Presse.“
Vielen Dank für diesen Schulterschluss!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die CDU-Fraktion setzt sich mit Nachdruck dafür ein, dass sich die Menschen in unserem Land auch in Zukunft über vertrauenswürdige, verlässliche und unabhängige Medien informieren und frei ihre Meinung bilden können. Dazu gehören auch unsere Initiativen für mehr Medienkompetenz, denn der kritische und verantwortungsbewusste Umgang mit Medien ist das beste Mittel gegen Hassrede und Desinformation.
Darauf zielen auch die Schülermedientage ab, die in dieser Woche unter dem Motto „Journalismus macht Schule in Nordrhein-Westfalen“ vom DJV NRW und dem Recherche-Zentrum correctiv organisiert werden.
Journalistinnen und Journalisten reden an Schulen über ihre Arbeit,  diskutieren mit Schulklassen, was unzensierte Berichterstattung bedeutet, und informieren über Faktenchecks gegen Fake News.
Ich bin dankbar für Initiativen wie die Schülermedientage. Sie schärfen das Bewusstsein dafür, dass die freie und ungehinderte Berichterstattung durch die Medien ein elementares Merkmal von Demokratie und Rechtsstaat ist.
Deshalb steht der Tag der Pressefreiheit heute, an seinem 30. Jahrestag, auch unter dem Motto: „Meinungsfreiheit als Motor für alle anderen Menschenrechte.“
Dafür bitte ich herzlich um Zustimmung.

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