Andrea Stullich zu TOP 7 „Die Lokalradiolandschaft NRW muss erhalten bleiben!“

26.10.2023

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Wichtigste zuerst: Es ist gut und richtig, dass sich die Akteure der NRW-Lokalradios auf den Weg gemacht haben, das Lokalfunk-System flächendeckend UND wirtschaftlich erfolgreich in die digitale Medienwelt zu überführen.
Ziel dieses Strukturwandels ist es, einen Audioverbund mit hoher lokaler Identität zukunftsfähig aufzustellen, den Solidargedanken zu stärken und Vielfalt zu stabilisieren.
Vor einigen Wochen war ich mit Mitgliedern des Programmausschusses der Landesmedienanstalt bei Radio Wuppertal zu Gast. Dort wird seit Anfang des Jahres ein Kooperationsmodell zwischen Radio Wuppertal und Radio Ennepe Ruhr mit Leben gefüllt. Schade, dass von der SPD niemand dabei war, denn dann hätten Sie aus erster Hand erfahren,
- dass es Radio Ennepe Ruhr, früher ein chronisch defizitärer Sender, ohne diese Kooperation nicht mehr geben würde,
- dass dort ein Gemeinschafts-Projekt entstanden ist, auf das alle Beteiligten wirklich stolz sind,
- und dass die Mitarbeiter beider Sender inzwischen total überzeugt sind von dem Projekt, so wie es dort auf die Beine gestellt wurde.
Klar sendet Ennepe-Ruhr personell und finanziell zur Zeit noch auf Sparflamme, aber die lokale Marke „Radio Ennepe Ruhr“ bleibt erhalten, die Reporter sind vor Ort sichtbar, die Reichweite von Radio Ennepe Ruhr ist in dieser kurzen Zeit deutlich angestiegen, das Wuppertaler Modell ist auch wirtschaftlich bislang eine stabile Lösung, und vereinbart ist auch, dass zusätzliche Mitarbeiter eingestellt werden, sobald die Erlöse das wieder hergeben. – Der liebevolle Name „Radio-WG“ ist Ausdruck dieser erfolgreichen Kooperation,
und solche Kooperationen sind mir doch 1000 mal lieber, als wenn ein Verlag einen defizitären Sender ganz abstößt, alle Mitarbeiter auf der Straße stehen und durch den weißen Fleck auf der Landkarte der berühmte Domino-Effekt für die landesweite Vermarktung ausgelöst wird, der am Ende ALLE Lokalsender gefährdet.
Denn wir dürfen doch die Augen nicht davor verschließen, dass es echte Vielfalt, sichere Arbeitsplätze und journalistische Unabhängigkeit nur geben kann, wenn die Sender auch wirtschaftlich tragfähig sind.
Das sehen die allermeisten Beteiligten zum Glück auch so. Die ganz große Mehrheit im Lokalfunk hat diesen Prozess mit viel Einsatz in Gang gesetzt und jetzt zu unterschriftsreifen Verträgen gebracht.
Und als ehemalige Chefredakteurin kann ich – glaube ich – beurteilen, was dieser Wandel dem System und besonders den Veranstalter-Gemeinschaften abverlangt. Ja, das ist für manche Sender schmerzhaft. Ich kann das total nachvollziehen, und ich habe große Hochachtung davor, dass Sie aus eigener Kraft so weit gekommen sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die CDU-Fraktion ist in ihrer Haltung eindeutig: Unser Lokalfunksystem hat selbstverständlich einen Riesenmehrwert für die Medienvielfalt, für die lokale Berichterstattung und für den Katastrophenschutz. Wir unterstützen Initiativen, die Transformations-Prozesse vorausschauend planen und konstruktiv gestalten.
Es braucht aber auch den Mut zur Klarheit: Der Lokalfunk braucht wirtschaftliche Unabhängigkeit, um auch journalistisch unabhängig zu bleiben.
Deshalb begrüßen wir sehr, dass der Lokalfunk zu den Reformen, die dafür notwendig sind, aus der eigenen Stärke heraus bereit und auch dazu imstande ist.
Jetzt geht es darum, dass wir auch die letzten Zweifler vor Ort davon überzeugen, sich im Sinne des Solidargedankens den vorliegenden Verträgen anzuschließen, um die Vielfalt zukunftsfest machen.
Denn dann kann der NRW-Lokalfunk zur Modellregion für erfolgreiche digitale Transformation im lokalen Hörfunk werden.
Und dafür, liebe SPD, wäre es hilfreich,
- wenn auch SIE vor Ort Überzeugungsarbeit leisten,
- wenn auch Sie den Prozess im Lokalfunk nach Kräften unterstützen,
- wenn auch Sie Flagge zeigen für den Strukturwandel.
„Was wir jetzt brauchen, ist ein neuer Aufbruch, den wir nur gemeinsam schaffen können.“ Das hat Ihr Fraktionsvorsitzender Jochen Ott zum Strukturwandel gesagt – allerdings im Rheinischen Revier.
Schade, dass dieser Satz in der SPD offenbar nicht für den Strukturwandel im Lokalfunk gilt. Denn Ihr Antrag bedeutet Stagnation, und das finde ich absolut unangemessen, noch dazu für eine Partei, für die das Thema „Strukturwandel“ mal zum Markenkern gehört hat.
Die vielen engagierten Akteure in den Lokalradios haben es verdient, dass gerade auch die SPD diesen Wandel unterstützt – mit ganzer Kraft und nicht mit dünnen Anträgen wie diesem.
Vielen Dank!

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