Andrea Stullich zu TOP 7 "Gesetz zur Erhöhung der Transparenz von Veranstaltergemeinschaften des lokalen Hörfunks"

28.05.2020

Sehr geehrter Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen,

die AfD will, dass die Mitglieder von Veranstaltergemeinschaften der NRW-Lokalsender künftig gegenüber der Landesmedienanstalt unter anderem angeben müssen, ob sie einer Partei angehören oder angehört haben oder ob sie für Parteien oder parteinahe Stiftungen arbeiten. Dies bezeichnet die AfD als - Zitat - "umfassende Transparenzregelung".
Ich bezeichne das als umfassendes Täuschungsmanöver.
Schon Ihre Beschreibung ist unangemessen und fehlerhaft.  Sie ziehen daraus bewusst falsche Schlussfolgerungen - und spielen sich scheinheilig zur Medienpolizei auf.
Unter dem Deckmäntelchen "Wir wollen doch nur Transparenz", versuchen Sie mit Ihrem Antrag Misstrauen zu säen. Sie wollen Zweifel an der Integrität von VG-Mitgliedern und in der Folge Zweifel an der unabhängigen Berichterstattung der Lokalsender wecken. 
Damit verhalten sich absolut respektlos gegenüber dem engagierten ehrenamtlichen Einsatz von fast 1000 VG-Mitgliedern in ganz NRW. 
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Zweisäulenmodell im NRW-Lokalfunk ist sicher nicht perfekt. Aber mangelnde Transparenz von VG-Mitgliedern ist jedenfalls kein Problem Das Landesmediengesetz regelt die Mitgliedschaften eindeutig. In den Paragrafen 62 bis 64 wird festgelegt, welche Institution wen in eine VG entsendet. Geradezu kleinteilig beschreibt das LMG, welche Anforderungen an VG-Mitglieder gestellt werden – und das alles ist für jeden, den das interessiert, jederzeit und überall nachvollziehbar.
In § 64 LMG wird ausgeführt: "Die Mitglieder (...) haben bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben die Interessen der Allgemeinheit zu vertreten und sind hierbei an Aufträge oder Weisungen nicht gebunden."
Dass man aufgrund einer Parteimitgliedschaft seine Unabhängigkeit und sein Denkvermögen an der Garderobe abgibt, das mag in der AfD so sein. In den Sitzungen von Veranstaltergemeinschaften - und ich habe an etwa 100 dieser Sitzungen teilgenommen - ist das mitnichten so.
Es geht in erster Linie darum, wie ein Sender mit einem möglichst vielfältigen Programm möglichst viele Hörer erreichen kann. Das sind engagierte, sehr kreative und manchmal auch kontroverse Diskussionen mit VG-Mitgliedern, die unabhängig und klug viele gesellschaftlich relevante Gruppen vertreten.
§ 53 Absatz 1 des Landesmediengesetzes legt eindeutig fest: "In jedem lokalen Programm muss die Vielfalt der Meinungen in möglichster Breite und Vollständigkeit zum Ausdruck gebracht werden.“
Und weiter: „Die bedeutsamen politischen, religiösen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Kräfte und Gruppen im Verbreitungsgebiet müssen in jedem lokalen Programm zu Wort kommen können."
Deshalb werden VG-Mitglieder unter anderem entsendet von den Kirchen, von Arbeitgeber-Organisationen und Gewerkschaften, von Kreistagen oder Stadträten, und von den örtlichen Jugend-, Sport-, Naturschutz- und Wohlfahrtsverbänden.
Sie vertreten zum Beispiel Kunst und Kultur, Bildung und Wissenschaft, Verbraucher, Menschen mit Einwanderungsgeschichte und Menschen mit Behinderungen.
Unter anderem diese Mischung vielfältiger Entsende-Stellen innerhalb einer Veranstaltergemeinschaft gewährleistet die Vielfalt im Lokalfunk,
und der ehrenamtliche Einsatz von fast 1000 VG-Mitgliedern für den Erfolg von 44 NRW-Lokalsendern verdient in erster Linie unseren großen Dank – und kein Misstrauen.
In ihren sogenannten "Transparenzbestimmungen" fordert die AfD unter anderem, dass die Mitgliedschaft einer Entsendestelle zugeordnet wird  
und dass die Vorstände ihre Mitgliederlisten an die LfM melden müssen . Das zeigt, wie oberflächlich Sie gearbeitet haben, denn beides ist schon ewig der Fall.
Sie fordern weiterhin, dass Mitglieder von Veranstaltergemeinschaften gegenwärtige und frühere Parteimitgliedschaften in Zukunft veröffentlicht werden – dafür gibt es weder einen Anlass noch irgendeine Notwendigkeit. Prof. Holznagel von der Uni Münster hat dazu in der Anhörung sehr treffend vorgetragen und begründet, dass die Veröffentlichung von Parteimitgliedschaften – Zitat – „ein zu weitgehender Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht" wäre.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
dieser Gesetzentwurf ist rechtlich nicht geboten, weil er das Persönlichkeitsrecht verletzt.
Er ist bürokratisch, weil er bestehende Regelungen verkompliziert.
Er ist nicht notwendig, weil Öffentlichkeit und Staatsferne ausreichend hergestellt sind.
Er ist aber vor allem scheinheilig, denn wieder einmal bringt die AfD hier die Begriffe „Medien“ und „fehlende Transparenz“ in einen wirren  Zusammenhang, um ihren absurden Medien-Verschwörungs-Unfug zu befeuern. Das werden wir ganz sicher nicht zulassen.
Die CDU lehnt diesen unangemessenen, überflüssigen und scheinheiligen Gesetzentwurf ab.

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