Andrea Stullich zu TOP 8 „Rundfunkbeitrag gegenwärtig stabil halten und perspektivisch deutlich absenken – Das Land Nordrhein-Westfalen muss eine aktive Rolle in der bundesweiten Debatte über die Höhe und Angemessenheit..:"

10.10.2024

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die FDP fordert in ihrem Antrag Maßnahmen, um den Rundfunkbeitrag zu stabilisieren und perspektivisch zu senken. Ich finde Ihre Betrachtung zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk diesmal in Teilen sogar nachvollziehbar und differenziert. In der Bewertung sehe ich manches anders und möchte auf einige Aspekte eingehen:
Die Rundfunk-Kommission der Länder hat es geschafft, in intensiver Arbeit weitreichende Reformen auf den Weg zu bringen. Ziel ist es, den Auftrag quantitativ zu begrenzen und qualitativ zu stärken.
Zum Beispiel soll die Anzahl der Hörfunkprogramme von 69 auf 53 und die Zahl der Spartenprogramme von zehn   auf fünf oder sechs reduziert werden. Online-Ausspielwege sollen begrenzt, die Ausgaben für Sportrechte gedeckelt und die Sender zu mehr Zusammenarbeit verpflichtet werden, um Mehrfach-Strukturen abzubauen.
Sie schreiben dazu in Ihrem Antrag, dass diese Entscheidungen grundsätzlich in die richtige Richtung gingen, aber zu zaghaft seien – obwohl das teilweise ja auch FDP-Forderungen sind. 
Ich finde: So ambitioniert waren Reformen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch nie!
Radiosender zu reduzieren und Programme zusammenzulegen, die eine ähnliche Zielrichtung haben – das sind weitreichende Reformen. Und in Maßnahmen wie diesen sieht die Kommission, die den Finanzbedarf ermittelt, wie sie es nennt: „beitrags-relevante Einspar-Potentiale“.
Jetzt müssen die Verantwortlichen in den Sendern die Entscheidung treffen, um welche Programme das Angebot reduziert oder wie aus zwei ähnlichen Angeboten EIN gemeinsames neues gestaltet werden kann.
Die Politik kann und darf das nicht entscheiden, denn das wäre eine unzulässige Einmischung ins Programm gegen das Gebot der Staatsferne. 
Sie schreiben in Ihrem Antrag weiter, der angeblich so zaghafte Reform-pfad müsse ausgebaut werden, und dazu solle insbesondere NRW – Zitat – „aktiv mit eigenen Konzepten und Lösungsvorschlägen beitragen“.
Also, diese Forderung der FDP ist nun wirklich obsolet, denn Nordrhein-Westfalen ist im Länderkreis mit Medienminister Liminski eine treibende Kraft für einen gründlichen Reformprozess, gerade im Hinblick darauf, die Reformen stärker in Verbindung mit der Beitragshöhe zu diskutieren.
Produkte, Qualität und Struktur müssen überzeugend sein, damit der Auftrag und das Angebot der Anstalten auch künftig noch von den Beitragszahlern akzeptiert werden.
Und natürlich wird der Reformprozess stetig weiterentwickelt. Das zeigt ja schon die hohe Taktung, in der wir hier im Hohen Haus in den letzten beiden Jahren Änderungen im Medienstaatsvertrag beraten und verabschiedet haben – nämlich Reformen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk! Eine nach der anderen!
Das ist ein work in progress, und die Dynamik hat erheblich zugenommen, weil es Reformdruck von allen Seiten gibt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die FDP fordert weiterhin in ihrem Antrag, die Landesregierung solle einen fairen Wettbewerb des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit privaten Medienanbietern fördern.
Das hat die Landesregierung schon 2019 getan – mit Ihnen gemeinsam! Damals wurde festgelegt: Texte von ARD und ZDF müssen Sendungs-bezug haben. Die Telemedienangebote dürfen nicht presseähnlich sein.
Inzwischen wissen wir: Das hat offenbar leider noch nicht gereicht, deshalb wird das Verbot der Presseähnlichkeit im Reformstaatsvertrag deutlich nachgeschärft:
„Texte sind nur noch sendungsbezogen und in Sonderfällen möglich,“ heißt es im Entwurf. Konkret werden Angebotsübersichten, Schlagzeilen zu aktuellen Ereignissen und Barrierefreiheit genannt. Außerdem dürfen Texte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nur noch auf Sendungen Bezug nehmen, die nicht älter als zwei Wochen sind.
Lieber Herr Witzel, damit werden – bestimmt auch in Ihrem Sinne – dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk für seine Digital-Angebote enge Grenzen gesetzt, damit private Medien noch Luft zum Atmen haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir brauchen ein starkes duales Mediensystem und einen unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dessen Programmauswahl bleibt vielfältig und breit aufgestellt, selbst wenn die Anzahl von Sendern reduziert wird, weil nicht mehr alles von jedem angeboten werden soll.
Der gemeinsame Entwurf der Länder für ambitionierte Reformen ist noch bis morgen in der öffentlichen Anhörung. Und der Sonderbericht der Kommission, die den Finanzbedarf ermittelt, zur Frage, wo gespart werden könnte, liegt seit dieser Woche vor. Ich freue mich auf die Beratungen dazu im Ausschuss – herzlichen Dank.

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