Bernd Petelkau zu TOP 2 "Gesetz zur Stärkung der kulturellen Funktion der öffentlichen Bibliotheken und ihrer Öffnung am Sonntag"

09.10.2019

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir wollen Bibliotheken als Begegnungsorte attraktiver machen !
Mit unserer Gesetzesinitiative ermöglichen wir die Öffnung der öffentlichen Bibliotheken auch an den Sonn- und Feiertagen. Bislang müssen Bibliotheken, anders als andere kulturelle oder freizeitliche Einrichtungen, an Sonn- und Feiertagen geschlossen bleiben. Mit dem Bibliotheksstärkungsgesetz kann jede Bibliothek selbst entscheiden, ob die Sonntagsöffnung für sie in Frage kommt.
Man könnte vermuten, dass Bibliotheken als physische Räume überflüssiger werden, so die Befürchtungen einiger Bibliotheksverbände und vieler Literaturliebhaber, aber (oder auch gerade) in Zeiten von Globalisierung und Digitalisierung möchten sich Menschen nach wie vor tatsächlich begegnen. Mit unserem Entwurf tragen wir diesem Bedürfnis Rechnung. 
Es bleibt wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Lebensumfeld öffentlich zugängliche Orte finden für den Informationszugang, das Lernen, die Begegnung, den Austausch, die Kompetenz sowie (das liegt uns allen ja besonders am Herzen) die Vermittlung staatsbürgerlicher Bildung und die demokratische Willensbildung und Teilhabe.
Dieser Ansatz der „kulturellen Versorgung“ der Bürgerinnen und Bürger muss insbesondere im ländlichen Raum gestärkt werden. Dort sind Bibliotheken soziale und generationsübergreifende Treffpunkte für die Menschen – ein öffentliches kommunales Wohnzimmer und es muss den Menschen möglich sein, dieses Wohnzimmer gerade dann aufzusuchen, wenn sie familiär die Möglichkeit haben, und dies sind in einer Arbeitsgesellschaft insbesondere die Sonn- und Feiertage.
Diese Plätze der Begegnung, die neben der privaten Wohnung einerseits und der Schule oder dem Arbeitsplatz andererseits auch als „Dritte Orte“ bezeichnet werden, sind für die Gesellschaft und das Zusammenleben der Menschen in ihren Städten und Gemeinden zentral.
Bibliotheken sind viel mehr als Archive und staubige Lagerstätten. Oft haben sie eine hohe Aufenthaltsqualität. Sie laden Menschen ein, auf der Suche nach Informationen und Medien zu verweilen, sich vielfältig anregen zu lassen und einander zu begegnen.
Unsere Bibliotheken sind Treffpunkte für Jugendliche, es werden Veranstaltungen für Familien mit Kindern und für ältere Menschen angeboten. Wo sonst trifft sich man sich niederschwellig und spontan, wenn nicht auf öffentlichen Plätzen und in öffentlichen Einrichtungen, wie es die Bibliotheken, Museen und Volkshochschulen sind? Wir begrüßen und fördern diese wichtigen Erfahrungen nichtkommerzieller Geselligkeit und des sozialen Austauschs. Neben ihrer Informationsfunktion haben öffentliche Bibliotheken einen Bildungsauftrag: Sie sind Bildungseinrichtungen der Leseförderung und Medienkompetenz. Sie wirken gesellschaftlich integrativ, auch hinsichtlich der Besucherinnen und Besucher mit Migrationshintergrund ein besonders wichtiger Aspekt. Öffentliche Bibliotheken sind mit ihren Medienangeboten und Veranstaltungen vor allem aber auch Kulturorte: Es gibt Lesungen, Theater, Vorträge oder Spielnachmittage. Kultur eröffnet neue Horizonte. Bibliotheken sind Kulturorte, an denen sich Gesellschaft ihrer selbst bewusst wird. Das wollen wir fördern. Deswegen schaffen wir die Möglichkeit, öffentliche Bibliotheken auch am Sonntag zu öffnen. Dabei haben wir bei den nun zu schaffenden, attraktiven Vorteilen für die berufstätigen Nutzerinnen und Nutzer, denen es sonst kaum möglich ist, innerhalb der Woche Bibliotheken mit ihren Kindern zu besuchen, die Auswirkungen für die Angestellten nicht aus dem Blick verloren: Durch die Beschränkung auf sechs Stunden Öffnung gewährleisten wir, dass diese nicht gänzlich auf ihre Sonntagsruhe verzichten müssen und z.B. weiterhin Gelegenheit für Gottesdienstbesuche besteht.
Mit unserem Gesetz zur Stärkung der kulturellen Funktion der öffentlichen Bibliotheken und ihrer Öffnung am Sonntag schaffen wir Rechtssicherheit und ermöglichen neue Spielräume.  
Ich freue mich, dass der Entwurf im Beratungsverlauf nach der guten Sachverständigenanhörung eine derart breite Zustimmung erfuhr.
Im Ausschuss für Kultur und Medien haben wir, dafür gebührt allen Fraktionen mein besonderer Dank, das eingebrachte Bibliotheksstärkungsgesetz unverändert und einstimmig beschlossen, auch in den mitberatenden Ausschüssen gab es einstimmige Zustimmung.
Mit diesem Vorhaben werden wir Bibliotheken als wichtige Orte des Austauschs, der Begegnung und der Integration weiter stärken und damit den Kulturstandort NRW voranbringen.