
Anrede
In der letzten Sitzung des Umweltausschusses hatten wir einen niederländischen Landwirt zu Gast.
Herr Huizinga bewirtschaftet in der Ukraine einen landwirtschaftlichen Betrieb - Ackerbau und Milchviehhaltung. Er hat uns eindringlich geschildert, wie sich die aktuelle Situation in der Ukraine auf den Agrarsektor auswirkt.
Sein Mitarbeiter kann nicht zum Melken kommen, da russische Panzer die Straße vor dem Wohnhaus des Mitarbeiters blockieren. Er liefert seine Milch aktuell ohne Abrechnung an die Molkerei.
Die wiederum versorgt damit die größeren Städte in der Umgebung, in denen in kürzester Zeit Versorgungsengpässe entstanden sind. Ein Berufskollege wird von den Molkereien aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen nicht mehr angefahren. Er liefert seine Milchprodukte mit einem Handkarren in die nächste Stadt, um die Bewohner dort zu versorgen – und das alles mitten im 21. Jahrhundert!
Der Krieg in der Ukraine ist eine humanitäre Katastrophe. Wir fühlen mit den Ukrainern, stehen an Ihrer Seite und sind froh über die so viel gezeigte Solidarität und Hilfsbereitschaft.
Hier in Deutschland spüren wir die Auswirkungen des Krieges auch direkt.
Jeden von uns treffen aktuell im eigenen Tank, egal ob im Auto - oder Heizungstank, die in kurzer Zeit gestiegenen Energiekosten. Und die Gasversorgung, die Rohstofflieferungen, bereiten allen politisch Verantwortlichen zur Zeit große Sorgen.
Die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln ist die andere, große Problemlage. Denn, wenn die Bestellung von Sommergetreide in der „Kornkammer“ Europas, und das ist die Ukraine, nicht unverzüglich und das heißt jetzt beginnen kann, dann wird es mittelfristig zu großen Problemen kommen.
Hintergrund ist, dass die Ukraine viele Länder in Afrika und Asien mit Getreide versorgt. Diese sind stark auf Agrarimporte aus Russland und Ukraine angewiesen. Allein Ägypten importiert 80 Prozent seines Weizens aus Russland und der Ukraine. Beide Staaten exportieren zusammen mehr als 25 Prozent des gehandelten Weizens weltweit. In der Konsequenz könnten Staaten wie Ägypten, Tunesien und andere demnächst auf zusätzliche Importe aus Europa angewiesen sein.
Und ist es in dieser Situation, in der sich abzeichnet, dass es Versorgungsengpässe geben wird, nicht unsere Pflicht alles zu unternehmen, um dem entgegen zu wirken?
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Ministerin Heinen-Esser. Sie hat sofort gehandelt und einen runden Tisch, gleich einem Krisenstab, aller maßgeblichen Akteure der Lebensmittelversorgung einberufen. Sie hat sich informiert und erste Schritte in die Wege geleitet.
Getreide, das wir zum einen für „unser täglich Brot“ als auch als Futtergrundlage für die Tiere in den Ställen deutscher Landwirte benötigen, wächst nicht in 4 Wochen. Die Rahmenbedingungen um die Ernte im Sommer 2023 zu sichern, müssen jetzt gesetzt werden.
Eine 4%-ige Flächenstilllegung von wertvollen landwirtschaftlichen Flächen, wie sie ab dem Inkrafttreten der neuen GAP ab 2023 vorgesehen ist, kann man in der jetzigen Situation niemandem erklären. Wir fordern mit diesem Antrag der NRW Koalition daher die Verantwortlichen der bunten Berliner Ampel, genauso wie die verantwortlichen Kollegen in Brüssel auf, diese Einschränkung der Produktion auszusetzten.
Gleiches gilt für ein Moratorium der vorgesehenen Verschärfung der Düngeverordnung. Das wir grundsätzlich auf eine verursacherbezogene Umsetzung der Beschränkung der Düngung setzen, will ich heute gar nicht in der Tiefe diskutieren. Es geht aktuell darum, die Produktionsfähigkeit von Qualitätsgetreide in NRW zu sichern.
Denn, welche Versorgungsengpässe in Europa für Getreide, Sonnenblumen, Senf- und weiteren Ölsaaten drohen, kann noch niemand wirklich erfassen. Wir hier in Deutschland, in den klimatisch begünstigten Regionen Mitteleuropas, mit landwirtschaftlichen Unternehmern die umweltbewussten Ackerbau schon längst leben, sind in der Lage und auch in der Pflicht, zu handeln.
Herr Huizinga hat uns im letzten Umweltausschuss gesagt, er wolle unsere Seele erreichen – ich denke, dass ist ihm im Ausschuss gelungen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im hohen Haus von NRW, ich bitte sie alle um ihre Unterstützung. Lassen sie uns heute gemeinsam eine Aufforderung an die Kollegen in Berlin und Brüssel senden.
Die dramatische Situation, in die wir nach, ich betone durch diese kriegerische Auseinandersetzung mitten in Europa in „nur“ vier Wochen geraten sind – einer Situation in der niemand weiß wie lange der menschenunwürdige Krieg eines russischen Aggressors noch dauern wird, sollte auch uns hier im Landtag von NRW zu einer klaren, gemeinsamen Position führen.
Es ist keine Zeit für politische Geländegewinne – es geht darum den Landwirten in NRW den Rücken zu stärken, damit sie das tun können, was sie schon seit Jahrhunderten tun – für unser täglich Brot sorgen!
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