Bianca Winkelmann zu TOP 7: " Wolfsland NRW braucht präventiven Herdenschutz"

26.01.2022

Anrede,

Wir haben eine Vereinbarung hier im hohen Haus, keine Diagramme, Skizzen oder Bilder am Rednerpult zu zeigen. Statt Ihnen ein ausgedrucktes Bild zu präsentieren, will ich es Ihnen deshalb vielmehr gedanklich vor Augen führen. Das Bild, welches ich meine, ist zuletzt in vielen Zeitungen aufgetaucht und auch im Internet zu finden. Ich persönlich kann nicht mehr über das Thema Wolf sprechen, ohne es vor Augen zu haben.

Das Foto aus Hünxe zeigt ein braun-weißes Shetland-Pony. Es liegt tot auf einer Weide, gerissen von einem Wolf und das in unmittelbarer Nähe zu einem Wohnhaus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Wolf ist wieder heimisch in NRW und das bleibt nicht ohne Folgen. Jede und jeder von uns kennt die Bilder, wie ich sie gerade beschrieben habe – von toten Ziegen, Schafen und Pferden.

Was das beschriebe Bild so besonders macht, ist die geringe Entfernung zur Wohnbebauung. Das beunruhigt, das macht mir Angst!

Geschätzt leben in NRW aktuell circa sieben erwachsene Wölfe mit Welpen aus drei Rudeln und ein Einzeltier. Sie haben im vergangenen Jahr mindestens 40 Nutztiere gerissen.

Die Erfahrungen aus den Bundesländern, in denen es seit Jahren mehr Rudel gibt, geben Anlass zur Befürchtung, dass sich die Zahl der Tiere schnell erhöhen könnte.

Die CDU-Fraktion dankt Frau Ministerin Heinen Esser für ihren besonnenen Umgang mit dem Wolf. Das Land hat mittlerweile vier ausgewiesene Wolfgebiete mit Pufferzonen ausgewiesen. Dies sind die Senne, Schermbeck, das Oberbergisches Land und die Eifel. Daraus folgt, dass auf einem Drittel der Landesfläche die Förderung von Herdenschutzmaßnahmen für Weidetierhalter möglich ist.

Diese finanzielle Unterstützung, landesweit jährlich rund 1,5 Millionen Euro mit steigender Tendenz, sind ein richtiger und wichtiger Schritt. Diesen Weg wollen wir weiter gehen. Doch die Zielkonflikte zwischen Wolf, Weidetier und auch Menschen werden größer.
Egal wie hoch und stabil der Zaun auch ist, Tierhalter müssen in den Wolfsgebieten immer damit rechnen, Nacht für Nacht, dass ihre Tiere gerissen werden könnten. Und ja, wenn es dazu kommt, gibt es Ausgleichszahlungen. Das kann die finanziellen Folgen abfangen. Doch niemand kann den Weidetierhaltern – viele machen das aus Leidenschaft, als Hobby – die Angst um ihre Tiere nehmen.

Wir können und wir wollen nicht weiter tatenlos zusehen und setzen uns deshalb für ein aktives Wolfsmanagement ein. Ein großer Dank geht daher an Ministerin Heinen-Esser und ihrem Haus, die dem Kabinett in der vergangenen Woche der Entwurf einer „Wolfsverordnung“ für NRW vorgelegt hat. Es ist der Grundstein für ein aktives Wolfsmanagement.


Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf diesen Verordnungsentwurf bezieht sich der Ihnen vorliegende Antrag. Denn uns als NRW-Koalition ist es ein wichtiges Anliegen bestimmte Dinge, in dieser Verordnung festzuschreiben. Wir begrüßen ausdrücklich, dass durch die Verordnung beispielsweise auch der Begriff der Vergrämung definiert ist. Und damit rechtssicher festgeschrieben wird. Denn es geht ja in erster Linie nicht darum, den Wolf zu jagen bzw. zu töten.

Es geht darum, das Miteinander genauer zu definieren, auch wenn Tiere verhaltensauffällig werden. Denn es geht um den Schutz von Mensch und Tier!

Paragraf 8 des Entwurfs regelt beispielsweise den Umgang mit schwer verletzten Tieren. Das ist richtig und wichtig, denn immer häufiger kommt es zu Verkehrsunfällen mit Wölfen.

Die Möglichkeiten einen schwer verletzten Wolf dann zu erlösen werden im Entwurf der Verordnung klar geregelt – das ist gut so.

Und eine Definition, wie und unter welchen Umständen in der Kaskade: verscheuchen/ vergrämen/ entnehmen die Ausnahmeregelung nach § 45 des Bundesnaturschutzgesetzes greifen kann, sollte noch genauer beschrieben werden.

So muss deutlich definiert werden, dass die Näherung an regelmäßig von Menschen genutzte Gebäude als verhaltensauffällig gilt, sofern sich das betroffene Tier nicht vertreiben lässt.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Einzelfallentscheidungen über eine Entnahme von "Problemwölfen" vom zuständigen Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz nach § 45 BNatSchG getroffen werden sollte. Damit nehmen wir den Druck aus den kommunalen Gremien.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Umweltausschuss vor einer Woche habe ich es bereits betont. Der Antrag der SPD, den wir hier ja mitberaten, ist in seinen Ansätzen gut. Allerdings geht die geplante Verordnung weiter.

Politik wird immer daran gemessen, wie ehrlich wir mit den Menschen umgehen. Und zur Ehrlichkeit im Umgang mit dem Wolf gehört, dass im äußersten Fall auch eine Entnahme von auffälligen Tieren möglich sein muss – genauso wie es im Nachbarland Niedersachsen bereits gelebte Praxis ist.

Vor fast 200 Jahren wurde in Westfalen der letzte Wolf geschossen, er galt über 150 Jahre als ausgerottet.

So weit muss und soll es nicht kommen und daher ist es an der Zeit, frühzeitig zu handeln und das Miteinander zu regeln. Und wir wollen nicht länger reden, wir wollen handeln. Tiere und Tierhalter und auch der Wolf haben es verdient.