Björn Franken zu TOP 4 "Migrationspakt stoppen – Wir entscheiden selbst, wen wir ins Land lassen"

29.11.2018

Sehr verehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

Der Pakt stellt die gesamten Facetten der Migration aus Sicht der Vereinigten Nationen als positiv dar. Natürlich kann man kritisieren, dass der Pakt zu wenig auf negative Aspekte der Migration eingeht, nicht den mahnenden Zeigefinger erhebt. Völlig klar. Wir nutzen unsere Wege nach Berlin, um im Dialog Bedenken zu äußern. Leisten Sie hier auch Sacharbeit?

Alle Fraktionen des Bundestags hatten die Möglichkeit, an Informationsveranstaltungen, an Diskussionsrunden und anderen Formaten teilzunehmen und Änderungen vorzubringen. Dort hätte man all das vorbringen können. Wieso hat Ihre Partei bei all den Bedenken, die Sie uns jetzt hier im Nahhinein vorträgt, daran im gesamten Prozess nicht partizipiert? Ja wo waren Sie und Ihre Leute im Bund denn, als es um die Sacharbeit ging? Im Nachhinein motzen kann jeder. Anpacken und Mitgestalten, ist mühselig und viel Arbeit. Und die scheuen Sie wiedermal.

Meine Damen und Herren; es ist schwer nachvollziehbar, warum Sie 12 Tage nachdem unser Minister Dr. Joachim Stamp im Deutschen Bundestag eine Rede zum UN-Migrationspakt gehalten und die Haltung der schwarz-gelben Landesregierung NRWs mehr als deutlich dargestellt hat, Sie immer noch die Notwendigkeit sehen, zu eben dieser Thematik hier einen Antrag zu stellen. In seiner fachlich absolut überzeugenden Rede hat der Minister doch bereits jede Behauptung Ihrer Partei hinsichtlich des UN-Migrationspaktes widerlegt. Da Ihr Antrag den Anschein erweckt, dass Sie sich weder mit den Inhalten des Migrationspaktes noch der Rede unseres Ministers auseinandergesetzt haben, hole ich das jetzt für Sie nach:

Grundsätzlich haben uns die Ereignisse der letzten Jahre gezeigt, dass Migration ein globales und transnationales Thema ist. Die Zeit der nationalen Alleingänge ist vorbei. 68.5 Millionen Menschen sind auf der Flucht – mehr als die Hälfte davon sind Kinder. Kriegsflüchtlinge können sich seit 1951 auf die Genfer Flüchtlingskonventionen berufen. Der Zustand der Wirtschaftsflüchtlinge und der Fachkräftemigration ist international völlig ohne Regelung. Schon deshalb brauchen wir ein internationales Bewusstsein und eine gemeinsame staatenübergreifende Handlungsstrategie!

Im vorliegenden Pakt geht es darum, die Wünsche von Herkunfts-, Transit- und Zielländern auszutarieren. Nicht mehr und nicht weniger. Die beteiligten rund 190 Länder sind sich einig, dass die reguläre Migration, also die bewusste Suche von Fachkräften im Ausland; und die irreguläre Migration, also Flüchtlinge allein mit wirtschaftlichem Antrieb; nur transnational gelöst werden kann. Es ist klar, kein Land kann das alleine.

Sie stellen es in Ihren Ausführungen, die Sie mit Ihren hetzerischen und menschenverachtenden Angstparolen im Internet und den Sozialen Medien verbreiten, so dar, als wäre der Migrationspakt eine Art „Freifahrtschein“. Sie sprechen vom Menschenrecht auf Migration. Der Pakt sagt das an keiner Stelle: Nein – das Gegenteil ist der Fall! Ein Ziel des Abkommens ist es, die reguläre Migration zu ordnen und die irreguläre Migration zurückzudrängen. Die Bekämpfung von Fluchtursachen und die Sicherung unserer Grenzen sollen dazu beitragen und stehen hierbei im Mittelpunkt. Dafür müssen gesellschaftliche, wirtschaftliche und soziale Perspektiven in den Herkunftsländern geschaffen werden, damit Menschen in ihrer Heimat bleiben können.

Auch die von Ihnen geschürte Angst,
• Deutschland würde mit diesem Abkommen seine Souveränität verlieren,
• Ganze Massen stünden vor unseren Grenzen und warten auf Unterzeichnung, um dann ungehindert einfallen zu können

kann ich Ihnen mit einem einzigen, eindeutigen Zitat aus dem Migrationspakt nehmen. Mit Erlaubnis des Präsidiums zitiere ich wie folgt: Unter den Leitprinzipien, Punkt 15c „Der Globale Pakt bekräftigt das souveräne Recht der Staaten, ihre nationale Migrationspolitik selbst zu bestimmen, sowie ihr Vorrecht, die Migration innerhalb ihres Hoheitsbereichs in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht selbst zu regeln.“ Übrigens eine Formulierung, die deutsche Vertreter hineinverhandelt haben. Sie sehen; wir werden auch weiterhin souverän bleiben in unserer Einwanderungspolitik. Es ist nicht mal eine Aufnahmeverpflichtung niedergeschrieben. Das Abkommen ist nicht rechtsbindend – sprich: Es handelt sich nicht um einen völkerrechtlichen Vertrag, sondern um eine gemeinsame Absichtserklärung. All das nachzulesen im entsprechenden Dokument. Doch diese DETAILS passten natürlich nicht in Ihre Kommunikationsstrategie.

Der Konstanzer Professor für Asylrecht, Daniel Thym, sieht keine unmittelbaren Auswirkungen für die europäische Rechtsprechung. Die am Vertrag beteiligten deutschen Völkerrechtler sehen keine Probleme für uns. Warum? Die meisten, der in dem Abkommen formulierten Ziele, sind in unserem Land bereits Standard. WIR müssen hier nichts ändern. Das wissen Sie genau so gut wie ich. Und hier liegt auch der Ansatz des Pakts. Andere Staaten, insbesondere die Herkunftsstaaten und andere Zielstaaten sind aufgefordert, ihre Standards an unsere heranzuführen. Daher kommt auch der Widerstand aus dem ein oder anderen Land. Wir nehmen aber dadurch den Druck von uns, ein beliebtes Zufluchtsland zu sein. Das ist im Interesse Deutschlands. Das ist im Interesse Nordrhein-Westfalens. Das ist im Interesse der Menschen, die hier leben. Wir setzen hier zwar keinen rechtsverbindlichen Rahmen, aber schaffen einen Bezugspunkt wie Migration in den anderen Nationalstaaten und in bilateralen Verhandlungen geregelt werden soll. Darin liegt der Wert des Abkommens. Doch auch das passt natürlich nicht in Ihre Kommunikationsstrategie.

Das, was in Ihren Hinterzimmern auch noch unentdeckt blieb, ist, dass tatsächlich ein Menschenrecht im Pakt verankert ist. Nicht das auf Migration, wie sie es darstellen. Ein neues Recht auf Rückkehr ins Heimatland.

Ziel 21: Zusammenarbeit bei der Ermöglichung einer sicheren und würdevollen Rückkehr und Wiederauf- nahme sowie einer nachhaltigen Reintegration
37. Wir verpflichten uns, eine sichere und würdevolle Rückkehr und Wiederaufnahme zu ermöglichen usw.
Wir verpflichten uns ferner, zu gewährleisten, dass unsere Staatsangehörigen ordnungsgemäß empfangen und wiederaufgenommen werden, unter voller Achtung des Menschenrechts auf Rückkehr in das eigene Land und der Verpflichtung der Staaten, ihre eigenen Staatsangehöri- gen wiederaufzunehmen.

Das ist eine konkrete Verpflichtung aus dem Pakt. Das ist eines der zentralen Probleme der heutigen Zeit, das mit dem Pakt gelöst wird. Die deutlich einfachere Rückführung derer, die wir derzeit nicht Abschieben können, weil es an Formalien fehlt.

Weiterhin wird ein zentrales Anliegen aller derer erfüllt, denen Menschenleben etwas wert sind. Dem Schleusertum in den Transitländern wird der Kampf angesagt, indem sich die Transitländer, unter anderem, dazu verpflichten Schleuserhandlungen unter Strafe zu stellen und zu verfolgen. All das wollen Sie ablehnen und bekämpfen es.

Irreguläre Migration soll und muss laut vorliegendem Pakt durch Aspekte wie Identitätsfeststellung, Datenaustausch zwischen unseren Behörden, Bekämpfung von Menschenhandel, Verbesserung von Grenz- und Rückführungsmanagements konsequent reduziert werden. Der illegale Transit wird damit empfindlich erschwert. Klare Bekenntnisse dazu im Pakt, auch das erwähnen Sie nicht, nein das wollen Sie offensichtlich bekämpfen.

All diese Aspekte bleiben von Ihnen unerwähnt. Der Pakt bietet wirksame Lösungen für die heutigen Probleme mit der Migration. Ihr Geschrei im Bundestag, in den sozialen Medien ist deshalb so laut, weil der Pakt die Probleme löst, die sie für Ihre politischen Zwecke brauchen werte Kollegen der AfD. Die Probleme sind erkannt und werden in Land und Bund abgearbeitet. Das macht Ihnen Angst, weil es Ihnen ihre Daseinsberechtigung entzieht. Darum geht es hier in Wirklichkeit.

Der Migrationspakt ist für unser Land eine Chance, die Migrationspolitik auf internationaler Ebene in unserem nationalen Interesse zu steuern. Ich stimme mit den Forderungen von Herrn Minister Dr. Stamp nach einem Einwanderungsgesetzbuch und einem nationalen Migrationsgipfel überein: Der vorliegende Pakt kann uns dabei international den Weg ebnen.

Jetzt liegt es an uns, in enger Zusammenarbeit mit den Städten und den Gemeinden Gesetze für eine geordnete Migrationspolitik in Nordrhein-Westfalen weiter voranzubringen. Für die NRW-Koalition bedeutet dies konkret, auf Erfolgen wie zum Beispiel
• dem Stufenplan zur Steuerung des staatlichen Asylsystems oder
• der finanziellen Entlastung der Kommunen –
weiter aufzubauen. Wir arbeiten weiter daran denen zu helfen, die auf Schutz angewiesen sind und die konsequent zurückzuführen, die unsere Regeln missachten oder nur aus wirtschaftlichen Gründen zu uns kommen. Diesen Weg verfolgt die NRW Koalition mit Ruhe, Sachlichkeit und konsequentem Handeln im Sinne der Menschen in Nordrhein-Westfalen.

Danke für ihre Aufmerksamkeit!

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