Björn Franken zu TOP 8 "Verwaltungsdigitalisierung aus der Perspektive der Bürger neu denken "

24.05.2023

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Als digitalpolitischer Sprecher ist es mir natürlich immer eine Freude, wenn wir hier im Rund über Digitalthemen sprechen können. Regelmäßig haben wir es hier mit Anträgen der FDP zu tun. Rund um das Thema „Digitalisierung“ zeigt man sich umtriebig. Es ist aber ein Muster erkennbar: Sie greifen sich immer einzelne kleine Facetten in einem komplexen Zusammenhang heraus und versuchen, da eine Geschichte herumzubasteln.
Heute ist wieder das OZG, die Verwaltungsdigitalisierung, an der Reihe. Wir hatten bereits vor einem halben Jahr das Vergnügen, einen Antrag von Ihnen zu dem Thema hier lesen zu können.
Im Grunde ging es um die Feststellung: Das OZG muss auch in Nordrhein-Westfalen weiter bearbeitet werden. Es scheint bei Ihnen manchmal das Ziel zu sein: lieber irgendein Antrag als gar kein Antrag. – Das ist einfach sehr schade, denn wir haben uns 2017 gemeinsam auf den Weg gemacht, NRW digitaler und besser zu machen.
Sie haben im Wahlkampf mit dem Slogan „Digitalisierung first, Bedenken second“ Punkte gesammelt. Zusammen haben wir einen eigenen Digitalminister gestellt, ein eigenes Digitalministerium unter FDP-Fahne aufgebaut. Tatsächlich hat Andreas Pinkwart als Digitalminister von 2017 bis 2022 in Nordrhein-Westfalen wirken können. Es gab ohne Zweifel tolle Erfolge, überhaupt gar keine Frage. Ich möchte nichts kleinreden; wir haben vieles erreicht.
Aber das Onlinezugangsgesetz ist ja nun seit 2017 in Kraft. Gerade Ihr Minister Pinkwart hätte doch in den letzten fünf bis sechs Jahren deutschlandweit fulminante Erfolge einfahren können, was Verwaltungsdigitalisierung angeht. Man hätte überall vorne sein können, egal in welchen Dashboards. Sie hätten Akzente setzen und sich in die Geschichtsbücher eintragen können. Sie haben diese Chance leider nicht genutzt.
Jetzt als Opposition kritisieren Sie, dass ungefähr seit einem Jahr alles zu langsam ist, seit einem Jahr alles schwieriger ist. Aber Ihr Antrag offenbart leider, liebe Frau Kollegin Freimuth, dass Sie das gesamte Thema nicht ganzheitlich betrachten, sondern sich einfach nur einen Punkt herausziehen und versuchen, eine Geschichte drum herum zu weben.
Dass die Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen ein zentraler Punkt und ganz wichtig ist, müssen Sie hier niemandem erzählen; das wissen wir doch alle. Dabei werden wir natürlich überall zustimmen. Aber Ihr Hauptaugenmerk scheint es zu sein, Nordrhein-Westfalen in den bundesweiten Länderrankings nach oben zu treiben. Den Darstellungen des Landes- bzw. des Bundesdashboards messen Sie mehr Bedeutung bei als der eigentlichen Digitalisierung. Sie sind dabei inhaltlich oberflächlich und sorgen sich nur darum, wie die Verwaltungsdigitalisierung vom Frontend her aussieht, also bei den Bürgerinnen und Bürgern ersichtlich ist. So fordern Sie in Ihrem Antrag – ich zitiere –:
„Deshalb sollte der Erfolg der Verwaltungsdigitalisierung nicht an der Anzahl der verfügbaren E-Government-Angebote, sondern an deren Akzeptanz bei den Nutzern gemessen werden.“
Es kann doch nicht wirklich Ihr Ernst sein, dass Sie die Verwaltungsdigitalisierung nur auf dieses kleine Element reduzieren wollen und glauben, dann funktioniere schon alles. Das ist viel zu flach gedacht, weil Sie den gesamten Bereich des Backends völlig außen vor lassen.
Wie bei allen Gesetzen muss natürlich immer der Bürger oder die Nutzerin im Vordergrund stehen; das ist natürlich auch beim Onlinezugangsgesetz so. Aber bei der Umsetzung in diesen Tagen, in dieser Zeit liegt doch unser Hauptaugenmerk auf den 427 Kommunen da draußen; mit diesen steht und fällt eine erfolgreiche Digitalisierung in der Verwaltung.
Viele Städte- und Gemeindeverwaltungen haben doch ohnehin schon mit Personalmangel, mit einer angespannten Haushaltslage zu kämpfen. Die im Alltagsgeschäft immer parallel laufende Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes stellt unsere Kommunen zusätzlich vor große Herausforderungen. Deswegen muss es doch unsere Aufgabe hier sein, die Kommunen zu unterstützen.
Das geht nur, wenn wir die Prozesse ganzheitlich betrachten und Lösungen anbieten: von der Erarbeitung zielgenauer Schulungsformate für das Verwaltungspersonal bis hin zur Einforderung einer zukunftsorientierten, einer stabilen finanziellen Unterstützung auch auf Bundesebene.
Unsere zuständige Ministerin Ina Scharrenbach arbeitet schon sehr konsequent daran, flächendeckend eine bürgernahe, eine bedarfsgerechte Verwaltungsdigitalisierung zu schaffen, und das ganzheitlich. Dafür unterstützen wir unsere Kommunen finanziell, wir unterstützen sie technisch, organisatorisch und auch personell.
Wenn wir die Prozesse in der Verwaltung digitalisieren wollen, liebe FDP, braucht es eine Gesamtsicht und nicht nur einzelne Facetten auf dem Tisch; das können wir im Ausschuss dann gerne noch einmal diskutieren.

Vielen Dank.

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