Britta Oellers zu TOP 11 „Einsetzung einer Enquetekommission: „Einsamkeit“ - Bekämpfung sozialer Isolation in Nordrhein-Westfalen und der daraus resultierenden physischen und psychischen Folgen auf die Gesundheit“

22.01.2020

Sehr geehrter Herr/Frau Landtagspräsident/in,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Einsamkeit – ein Thema, dass in den letzten Jahren in unserer Gesellschaft zunehmend an Bedeutung gewonnen hat und mit dem sich auch die Wissenschaft vermehrt beschäftigt.

Einsamkeit kann krank machen, keine Frage. Dass Einsamkeit als eigenständiges Krankheitsbild gesehen wird, so wie im Antrag der AfD ausgeführt, ist in der Wissenschaft und unter Psychologen allerdings umstritten.

Einsamkeit ist ein wichtiger und nicht zu unterschätzender Faktor, der negative Auswirkungen auf den Gesundheitszustand von Menschen haben kann. Gerade viele Ältere sind in unserer Gesellschaft von sozialer Isolation betroffen, wobei Einsamkeit sich nicht allein auf diesen Personenkreis beschränkt und in allen Lebensbereichen völlig altersunabhängig auftreten kann.

Zahlreiche Studien verweisen inzwischen darauf, dass es einen Zusammenhang zwischen sozialer Isolation und dem Auftreten und ungünstigen Verlauf psychischer oder chronischer Erkrankungen gibt. Sie beschreiben Einsamkeit aber ausdrücklich nicht als eigenständige Krankheit. Sie verweisen lediglich auf den Zusammenhang und betonen das erhöhte Risiko psychischer oder chronischer Erkrankung. Zumal über Ursache und Wirkung in den meisten Fällen ebenfalls keine Aussage getroffen werden kann.

Insofern verfolgen wir als CDU-Fraktion im Hinblick auf die Definition der Einsamkeit als Krankheitsbild zwar einen anderen Ansatz als die antragstellende Fraktion, nichtsdestotrotz behandelt dieser Antrag ein wichtiges, gesellschaftliches Thema, dem sich die CDU-Fraktion nicht verschließen wird und es auch in der Vergangenheit nicht getan hat.

Tatsächlich gibt es bereits heute viele gute und erfolgreiche Ansätze und Projekte auf kommunaler und lokaler Ebene, der Einsamkeit zu begegnen. Und auch die Landesregierung war selbstverständlich in den vergangenen Jahren nicht untätig in diesem Bereich.

Gerne möchte ich an dieser Stelle kurz drei Beispiele nennen, die sich mit der Bekämpfung von Einsamkeit im Alter beschäftigen:

1. Das Förderprogramm des Landes „Miteinander und nicht allein!“, welches Pflegeeinrichtungen dabei unterstützt, zu Ankerpunkten im Quartier zu werden und sich in die Stadtteile zu öffnen.
2. Die öffentliche Wohnraumförderung, die z.B. auch den Bau von sog. „Mehrgenerationenhäusern“ fördert.
3. Der Landesförderplan „Alter und Pflege“, der ebenfalls viele Projekte für mehr Teilhabe und gegen Isolation und Vereinsamung finanziell unterstützt.

Meine Damen und Herren, dies waren jetzt nur drei Beispiele von vielen, die sich speziell an einen Personenkreis richten, der aktuell besonders von Einsamkeit betroffen ist.

Es ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, dass Einsamkeit auch in Familien und bei sehr viel jüngeren Menschen auftreten kann. Fehlende Mobilität vor allem auch im ländlichen Raum, fehlende soziale Verwurzelung und Integration oder schlichtweg fehlende finanzielle Kapazitäten können ebenfalls Gründe für Vereinsamung sein. Daraus ergeben sich zahlreiche Fragestellungen, mit denen sich die Enquete-Kommission beschäftigen kann.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss noch etwas dazu sagen, was jeder Einzelne von uns leisten kann. Denn zur Vermeidung von Einsamkeit in unserer Gesellschaft gehört in meinen Augen vor allem auch ein stärkeres Miteinander von Familie, Freunden und Nachbarn. Oder einfach nur ein kurzer Plausch beim Bäcker mit dem Nachbarn drei Häuser weiter.

Politik kann einen Rahmen vorgeben, Angebote bzw. Anreize schaffen und dieses Thema im Hinblick auf künftige politische Entscheidungen im Blick behalten.

Was wir nicht können – und das sollte allen klar sein – wir können nicht jeden Einzelnen an die Hand nehmen und ihn aus seiner persönlichen Isolation führen. Dies gelingt nur, durch aufsuchende Arbeit vor Ort und durch ein gesellschaftliches Miteinander, wo jeder bereit ist, auch ein Stück weit für den anderen da zu sein.

Denn Einsamkeit findet hinter verschlossenen Türen in der unmittelbaren Nachbarschaft eines jeden von uns statt und es liegt an uns als Gesellschaft, wie wir damit künftig umgehen.

Daher bin ich gespannt auf die Arbeit und die Ergebnisse der Enquete-Kommission.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!