Charlotte Quik zu TOP 11 „Umsetzungsstand der Schlussfolgerungen des Zwischenberichts, Parlamentarischer Untersuchungsausschuss „Kindesmissbrauch“

24.05.2023

Sehr geehrte Frau Präsidentin / sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
bis heute gibt es keine Worte für das, was sich mehr als zehn
Jahre lang auf einem Campingplatz in Lügde abgespielt hat und
für das unermessliche Leid der jungen Missbrauchsopfer. Die
Wucht und das Ausmaß dieses dramatischen Falls dürfen uns
aber auch niemals vergessen lassen, dass es sich hier nicht um
ein abstraktes Grauen handelt, sondern dass diesem
Missbrauchskomplex eine Summe einzelner Schicksale zu
Grunde liegt. Jedes dieser Schicksale müssen wir in unsere
Herzen und Betrachtungen aufnehmen, denn jede gebrochene
Seele ist eine zu viel.
Fakt ist: Die gesamte Gesellschaft hat den sexuellen Missbrauch
von Kindern über Jahrzehnte nicht ernst genug genommen.
Sexualisierte Gewalt gegen Kinder muss auch zukünftig noch
weiter enttabuisiert werden und stärker in den Fokus der
Öffentlichkeit gelangen. Wir alle haben als Gesellschaft die
Verpflichtung, Kinder besser zu schützen.Der PUA IV hat durch seine Untersuchungen, also die
Ermittlungen der Sachverhalte und die Vernehmungen der
Sachverständigen, dringenden Handlungsbedarf erkannt und
diesen in seinem Zwischenbericht formuliert. Dass wir in
Nordrhein-Westfalen gemeinsam reagiert haben und welche
Maßnahmen wir auf den Weg gebracht haben, dazu haben wir
heute schon einiges gehört.
Ein wichtiger Baustein ist darüber hinaus sicherlich die
Einrichtung der Stelle einer oder eines Landesbeauftragten für
Kinderschutz und Kinderrechte, die wir hier kürzlich gemeinsam
auf den Weg gebracht haben. Diese Position soll sich in das
bestehende System einfügen und dieses ergänzen und stärken.
Sie soll sich auf neue Maßnahmen im Kinderschutz fokussieren
und deren Umsetzung konstruktiv begleiten sowie mitberatend
tätig sein in diesem Prozess.
Mit dieser Position wird auch eine Schnittstelle für Fachkräfte und
Experten geschaffen werden. Über sie soll der Austausch
zusätzlich weiter gefördert und ausgebaut werden. Für einen
zukünftigen erweiterten Austausch bedarf es aber auch einer
stärkeren länderübergreifenden Arbeit, nur so lassen sich
bundesweite strukturelle Lücken im Kinderschutz ausmachen
und schließen.Die bereits errichteten Strukturen im Kinderschutz sind gut und
wegweisend. In diesem Zusammenhang sei auch die
Opferschutzbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen
genannt. Eine der Kernaufgaben der Opferschutzbeauftragten ist
es, Kriminalitätsopfern den ersten Zugang zu den
unterschiedlichen bestehenden Hilfeangeboten zu erleichtern.
Sie informiert Opfer und nimmt eine Lotsenfunktion hin zu den
verschiedenen Angeboten der Opferhilfe wahr. Damit ermöglicht
sie einen niedrigschwelligen und unbürokratischen Zugang zu
Unterstützungsleistungen. Da sie überregional agiert, kann sie
im Bedarfsfall für eine Kooperation der verschiedenen
Opferhilfeeinrichtungen untereinander und die Bündelung der
Hilfsangebote sorgen.
Die Beauftragte für den Opferschutz trägt zudem dazu bei, dass
die zahlreichen wertvollen Angebote der Opferhilfe und
Opferunterstützung, die es in Nordrhein-Westfalen seit jeher gibt,
weiter zusammenwachsen und im Sinne der Opfer kooperieren.
Zudem nimmt die Beauftragte eine grundsätzliche Rolle als
kritische Wächterin der Opferrechte wahr. Die Wahrnehmung all
dieser Aufgaben leistet ebenfalls einen wichtigen Beitrag zum
Kinderschutz in unserem Land.Neben der Opferschutzbeauftragten und der oder
dem zukünftigen Kinderschutzbeauftragten möchte ich auch
unsere Kinderschutzkommission hier im Landtag als Bestandteil
des gelingenden Kinderschutzes nicht außen vor lassen. Die
Kinderschutzkommission hat Defizite im Kinderschutz in
Nordrhein-Westfalen offengelegt und ist diese angegangen.
Durch ihre Arbeit werden zusätzliche Weichen für eine weitere
parlamentarische Begleitung dieses Themas gestellt. Gut ist
auch, dass der oder die Kinderschutzbeauftragte eng mit der
Kinderschutzkommission zusammenarbeiten wird, um alle
Ebenen zu vernetzen. Hier liegt der Fokus vor allem auf den
Defiziten in gesetzlichen und wissenschaftlichen Themenfeldern
im Bereich des Kinderschutzes. Diese gilt es zu erkennen und
anzugehen. Beteiligungsformaten über Kinder in der
Gesellschaft sowie zwischen Kindern und dem Staat soll dabei
ein größerer Raum geboten werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
es schmerzt mich zu sagen, dass wir auch in Zukunft
Kindeswohlgefährdung und Kindesmissbrauch nicht in Gänze
werden verhindern können. Jeder einzelne Fall ist ein Fall, den
es eigentlich nicht geben darf. Wichtig ist umso mehr, dass sich
das öffentliche Bewusstsein verändert hat und es zu einem
Umdenken gekommen ist. Wir alle müssen noch besser
hinschauen und sensibler werden.Jedes Kind hat das Recht auf körperliche und seelische
Unversehrtheit. Diesem Anspruch gilt es, gerecht zu werden.
Wenn wir auch nicht alles verhindern können, so schaffen wir
aber Frühwarnstrukturen, um Missbrauch schneller identifizieren
und den Betroffenen helfen zu können.
Wir haben bereits wichtige Lücken im Kinderschutz geschlossen.
Vor uns liegt aber noch ein großer Aufgabenberg. Lassen Sie
uns dies gemeinsam angehen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

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