Christina Schulze Föcking zu TOP 2 "Schaffung eines Landesbetroffenenrats und Landesbeauftragten für Kinderschutz und Kinderrechte"

03.05.2023

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Kinder und ihre Rechte sind oft nicht mitgedacht. Und das, obwohl uns unsere Landesverfassung einen klaren Auftrag gibt.

In Art. 6 steht dort: „Jedes Kind hat ein Recht auf Achtung seiner Würde als eigenständige Persönlichkeit und auf besonderen Schutz von Staat und Gesellschaft.“

Wir wissen inzwischen: Unser System schützt Kinder nicht automatisch. Um Gewalt zu verhindern, zu erkennen und zu beenden, müssen wir auch genau hinschauen und helfen.

So haben wir es in der letzten Wahlperiode gemeinsam gehandhabt.

Die Augen geöffnet haben uns die furchtbaren Missbrauchskomplexe von Münster, Bergisch Gladbach und Lügde.

In der Kinderschutzkommission sind wir tief in das Thema eingetaucht und haben in die Abgründe unserer Gesellschaft geschaut.

Ich sagte es bereits hier im Hohen Haus:

Was mir persönlich dabei Mut gegeben hat, waren die vielen Gespräche mit Betroffenen, die sich mir geöffnet haben.

Viel ist seitdem passiert. Wir haben viele kleine und große Erfolge feiern können.

Allem voran mit dem Kinderschutzgesetz.

Es ist bundesweit das stärkste Landesgesetz zum Schutz von Kindern vor psychischer, physischer und sexualisierter Gewalt.

Wir investieren allein im Rahmen dieses Gesetzes über 85 Millionen Euro im Jahr in den Kinderschutz in Nordrhein-Westfalen.

Mit einer Qualitätsoffensive für das Fachpersonal, fachliche Mindeststandards und Qualitätsentwicklungsverfahren für die Jugendämter sowie mit den interprofessionellen Netzwerken vor Ort ist es ein Meilenstein für unser Land.

Damit Sie verstehen, was dieser Erfolg konkret bedeutet, möchte ich von einem Besuch einer kleinen inklusiven Gruppe aus meinem Wahlkreis hier im Landtag berichten.
Ganz zum Schluss unseres Gesprächs hat sich eine mutige junge Frau gemeldet. Sie hat uns in der Runde ihre Geschichte erzählt:

Von der unglaublichen Gewalt, die sie erfahren hat und von Strukturen, die bei ihr damals nicht gegriffen haben.

Am Ende hat sie „Danke“ gesagt.

Und warum?

Weil wir u.a. mit dem Kinderschutzgesetz gemeinsam notwendige Strukturen geschaffen haben.

„Damit werden es andere Kinder besser haben“, hat sie gesagt.

Sie können sich vorstellen, wie sehr mich das berührt hat.

Umso wichtiger, dass wir damals schon mit dem Entschließungsantrag zum Gesetz Betroffenen ein weiteres Versprechen gegeben haben:

Wir bleiben dran.

Wir schreiben das Kinderschutzgesetz fort und wir werden über das Amt eines oder einer Kinderschutzbeauftragen sprechen.

Genau deshalb sind wir heute hier. Wir gehen diesen weiteren Schritt für den Schutz der Kinder und Jugendlichen.

Ich möchte weitere Punkte in Erinnerung rufen:

Denn über das Kinderschutzgesetz hinaus haben wir in unserem Land bereits zahlreiche Verbesserungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen etabliert:

Ich nenne die Einrichtung der Landesfachstelle „Prävention sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ – damit haben wir als erstes Bundesland eine Anlaufstelle für Fachkräfte und Personal bei Fragen zum Thema Prävention von sexualisierter Gewalt geschaffen.

Dazu gibt es die Beauftragte für den Opferschutz. Sie dient als zentrale Anlaufstelle für Opfer von Straf- und Gewalttaten und ihnen nahestehende Personen.

Als dritten Punkt nenne ich das Kompetenzzentrum Kinderschutz im Gesundheitswesen und den interkollegialen Ärzteaustausch, den wir ermöglicht haben.
Nordrhein-Westfalen ist führend im Kinderschutz – bundesweit.

Ich könnte zig weitere Punkte nennen, die wir angegangen sind, aber wissen sie, was so wichtig ist?

Die Strukturen müssen ineinander greifen, sie müssen sich ergänzen – wir brauchen keine Doppelstrukturen, die sich am Ende behindern.

Der oder die Beauftragte soll den Kinderschutz und die Kinderrechte im Ganzen in den Blick nehmen.

Der oder die Beauftragte für den Kinderschutz und die Kinderrechte soll auch Anlaufstelle für Fachkräfte und Experten sein und eng mit allen anderen Akteuren zusammenarbeiten.

Gleichzeitig ist es uns ein großes Anliegen, dass die Betroffenen eingebunden werden.

Vielen Betroffenen ist das persönliche Engagement für das Thema besonders wichtig.

Wie der starken jungen Frau aus meiner Heimat, hilft es ihnen, die eigene Stimme zu erheben.

Trotz allem, was sie durchmachen mussten, sind es oft Betroffene, die sich starkmachen für andere Kinder.

Sie haben meinen größten Respekt und ich danke Ihnen von Herzen für Ihren Mut.

Ihnen sollten wir Raum geben und von ihnen sollten wir lernen und deshalb ist es gut, dass gerade Vertreter vom Betroffenenrat bei unseren Anhörungen in der Kinderschutzkommission selbstverständlich dabei sind.

Was nicht hilft ist, wenn suggeriert wird, dass es scheinbar nicht weitergeht.

Wir haben ursprünglich eine Koalition der Kinderschützer hier in Nordrhein-Westfalen gebildet. Das ist gerade mal ein Jahr her.

Damit haben wir uns alle bekannt: konstruktiv und gemeinsam für den Schutz unserer Kleinsten zu arbeiten.

Wir stehen weiter dazu und sind der festen Überzeugung, dass der Kinderschutz nicht zum parteipolitischen Gezänk genutzt werden darf.

Das Wohl unserer Kinder gehört für uns ausnahmslos an erste Stelle. Wir haben sehr viel geschafft, aber haben auch noch viel zu tun. Denn Kinderschutz hört niemals auf.

Abschließend kann ich sagen: Heute ist ein guter Tag!

NRW wird einen Beauftragten / eine Beauftragte für den Kinderschutz und die Kinderrechte bekommen.

Ich freue mich sehr darüber.