Christina Schulze-Föcking zu TOP 3: "Jahresbericht der Kommission zur Wahrnehmung der Belange der Kinder (Kinderschutzkommission) für den Berichtszeitraum 2021"

16.02.2022

Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

als ich im letzten Jahr hier zum damaligen Jahresbericht der Kinderschutzkommission stand, habe ich am Ende versprochen, dass wir unsere ganze Kraft für unser Kinder und Jugendlichen geben werden. Genau das haben wir in diesem Jahr getan.

Immer noch sind wir mit ganzem Herzen dabei, schließlich geht es um die Sicherheit unserer Kleinsten.

Deshalb sind sie es, die zwangsläufig im Mittelpunkt all unserer Betrachtungen stehen müssen.

Ich weiß -  Diese Worte haben Sie an dieser Stelle schon oft von mir gehört.

Aber es ist wichtig, dass wir den Blickwinkel wechseln und betrachten, was Kinder zum Schutz vor oder zur Unterstützung nach Gewalterfahrungen benötigen.

Aus diesem Grund möchte ich Sie einladen gemeinsam mit mir in den nächsten Minuten den Blickwinkel zu ändern.
Schauen wir auf die Justiz. Zuallererst fällt mir dabei der Ermittlungsrichter Edwin Pütz ein.

Mehrfach habe ich im Childhood Haus hier in Düsseldorf ihn und das Team besucht, um mir ein Bild davon zu machen, wie Befragungen kindgerecht gestaltet werden können.

Dazu müssen wir vor allem die Infrastruktur und Richter wie ihn haben, die ausgebildet und routiniert sind im Umgang mit Kindern.

Es ist etwas völlig anderes ein schwer traumatisiertes Kind als einen Erwachsenen zu befragen, dafür muss man qualifiziert sein.

Was braucht es noch?

Durchgängige Begleitung durch eine fallzuständige Fachkraft, gute Beratung, einen sensiblen Umgang mit dem Kind und seinem Umfeld und einen geregelten Zugang zu Informationen im Strafprozess.

Betrachten wir Schulen und Kitas, ist klar:
sie müssen wir zu sicheren Häfen machen.
Kinder müssen sich hier wirklich sicher, verstanden und gut aufgehoben fühlen.

Da sagen uns die Fachkräfte selbst – und auch das zieht sich wie ein roter Faden durch die Anhörungen – dafür sind wir nicht ausgebildet.

Kinderschutz findet sich in den Ausbildungen und Studiengängen der Pädagogen derzeit kaum bis gar nicht wieder.

Oft hängt es vom persönlichen Engagement Einzelner ab.

Der Kinderschutz muss also erstens fest integriert werden in Aus-, Fort- und Weiterbildung.

Zweitens müssen Konzepte zum Schutz der Kinder in den Einrichtungen nicht nur erarbeitet, sondern auch gelebt werden.

Im 16. Schulrechtsänderungsgesetz sollen Schutzkonzepte gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Schulen nun erstmals gesetzlich verankert werden.

Und so unterstützen wir jeden Kindergärtner und jede Lehrerin in erster Linie dementsprechend Kinderschützer zu sein. Wir dürfen sie nicht allein lassen.

Wir stärken aber auch die Rechte der Schülerinnen und Schüler.

Es ist unbedingt notwendig, sowohl pädagogisches Personal an Schulen als auch Kinder- und Jugendliche für das Thema zu sensibilisieren, um präventiv und bei Bedarf adäquat reagieren zu können.

Ein weiteres Thema, dass uns im letzten Jahr wirklich stark bewegt hat und mich persönlich immer noch nicht loslässt, ist der Kinder- und Jugendmedienschutz.

Ich kann ihnen versichern, die Frage nach der Sicherheit unserer Kinder im Internet ist keine einfache.

Erst gestern habe ich in der Medienpolitischen Mittagspause der Landesanstalt für Medien NRW zu diesem Thema mit Ingo Wünsch, dem Direktor des LKAs in einem Videoformat informiert.

Außerdem wurde eine neue repräsentative Befragung von Kindern und Jugendlichen zur Wahrnehmung von sexueller Belästigung im Netz der Landesanstalt vorgestellt.

Alarmierende Daten, die zeigen, wie wichtig es ist, dass wir an diesem Thema dranbleiben.

Ich kann jedem eine Lektüre dieser Studie nur ans Herz legen – gerade weil sie das Thema mit den Augen von Kindern untersucht.

An dieser Stelle möchte ich lediglich eine Zahl, die für sich spricht hervorheben:
Auf die Frage wie wir ihnen – unseren Kindern – helfen können mit Erfahrungen mit unangenehmen Kontakten umzugehen, antworteten mehr als 60 Prozent der Kinder das „Thema in Schulen behandeln“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sie sehen, wir haben viele Baustellen, an denen wir arbeiten müssen. Einige finden sich im Handlungs- und Maßnahmenkonzept der Landesregierung wieder.

Andere fassen wir nun mit dem neuen Kinderschutzgesetz an.

Eines meiner Herzensanliegen, die Verkehrsdatenspeicherung müssen wir uns auf jeden Fall in Zukunft noch genauer anschauen, der Opferschutz muss Priorität haben.

Wir müssen alle Möglichkeiten nutzen, die sich uns bieten.
Denn mit jedem zusätzlichen Tag, den die Ermittler für ihre wichtige Arbeit nutzen können, werden erstens weitere Täter gefasst und zweitens, und das ist das entscheidende, Kinder gerettet.

Außerdem geht es um die Problematik der Anschlusshilfen für Betroffene und

als drittes – ein Thema ganz frisch aus unserem Werkstattgespräch der CDU Landtagsfraktion – die Abklärung von Verdachtsfällen:

wenn eine Fachkraft einen gewichtigen Verdacht auf körperliche Gewalt äußert, sollte dieser noch am selben Tag entsprechend von einem Fachmediziner, beispielsweise in einer Kinderschutzambulanz, abgeklärt werden.

Wir haben noch viel zu tun. Ich bin motiviert für die weitere Arbeit in der Kinderschutzkommission.

Ich persönlich empfinde diese als wertvoll und möchte mich daher bei allen Beteiligten der Vorsitzenden, meinen Kolleginnen und Kollegen und den Mitarbeitenden für die gute Zusammenarbeit bedanken.