Christos Katzidis zu TOP 2 "Zusagen einhalten und Selbstblockaden beenden - Die Landesregierung muss den Weg zur Einführung eines bzw. einer unabhängigen Polizeibeauftragten frei machen"

20.09.2023

Anrede,

unsere Polizisten in Nordrhein-Westfalen leisten in der ganz großen Masse nicht nur eine gute, sondern rechtsstaatliche, professionelle, bürgerorientierte und hervorragende Polizeiarbeit!

Und das dokumentieren auch die bereits vorliegenden und öffentlichen Zahlen.

Ca. 5 Millionen Einsätze nimmt die nordrhein-westfälischen Polizei jährlich wahr. Demgegenüber stehen ca. 4.000 jährliche Beschwerden. Das bedeutet ein prozentuales Beschwerdeaufkommen von 0,08 %. Ca. 800 dieser Beschwerden sind begründet oder teilweise begründet. Das bedeutet, dass es bei 0,016 % der jährlichen Einsätze berechtigte Kritik gibt. Vorfälle, die nicht gut laufen, werden jedes Mal entsprechend aufgearbeitet.

Und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen medienwirksamen Fall handelt oder nicht. Unabhängig davon, ob es ein Großeinsatz war oder eine alltägliche Verkehrskontrolle.

Unabhängig davon, ob die Politik und die Medien wieder einmal skandalisieren wollen oder nicht!

Für jeden Polizisten in NRW und für die Organisation insgesamt gilt bei allen Einsätzen das deeskalative Einsatzmodell. Dieses Modell gibt es schon seit 1991, also seit 32 Jahren. Im April 1991 habe ich meine Ausbildung bei der nordrhein-westfälischen Polizei begonnen.  Ich bin also polizeilich mit dem deeskalativen Einsatzmodell groß geworden. Dieses Einsatzmodell besteht aus drei Phasen.

Phase 1 ist die Vorbereitungsphase.

In dieser Phase erfolgt die erste Informationssammlung und -bewertung. Alle Informationen, die vorhanden sind, bekommen die Einsatzkräfte und diese bewerten sie, bevor der Einsatz beginnt. Sie machen demzufolge vorher schon eine Beurteilung der Lage und sprechen das Vorgehen ab.

Dann kommt die Phase 2, die Einsatzwahrnehmung bzw. die Durchführungsphase.

Die Aktionsphase beginnt mit der Annäherung und endet mit der letzten unmittelbar auf den Bürger einwirkenden polizeilichen Aktivität. Besondere Bedeutung hat in dieser Aktionsphase - für jeden Polizisten – die Kommunikation. Die Kommunikation ist seit mehr als 30 Jahren bei der nordrhein-westfälischen Polizei das wichtigste Einsatzmittel und es dient zur Erläuterung der polizeilichen Handlungen und der Vermeidung anderer, gravierender Einsatzmittel, wie die Anwendung von Zwang.

Und wenn ein Einsatz beendet ist, kommt immer obligatorisch die Phase 3, die Nachbereitungsphase.

Diese Phase ist geprägt von Dokumentation und einer Aufbereitung der Einsätze. Wie die Aufbereitung bzw. die Nachbereitung erfolgt, ist natürlich von dem Einsatzanlass abhängig. Eine Verkehrskontrolle wird im Streifenwagen im Gespräch zwischen den Beamten nachbereitet.

Ein Demonstration oder ein Schusswaffengebrauch werden demgegenüber weitaus formalisierter und aufwändiger nachbereitet. Unsere Polizei in Nordrhein-Westfalen ist also schon seit Jahrzehnten professionell und gut aufgestellt. Ein Polizeibeauftragter, der zukünftig beim Landtag angesiedelt ist, wird das ganz sicherlich auch noch mal dokumentieren.

Und was das Gesetzgebungsverfahren angeht.

Da sind wir bereits in guten Gesprächen. Deshalb brauchen wir diesen Antrag der SPD-Fraktion nicht wirklich, zumal sich die SPD mit dem Antrag ja einen sehr schlanken Fuß macht. Wenn Sie doch ein Gesetzgebungsverfahren jetzt schon wollen, dann hätten Sie doch auch selber einen Gesetzesentwurf vorlegen können. Das haben sie in der letzten Legislaturperiode doch schon mal gemacht. Im November 2020, als Sie ein Versammlungsfreiheitsgesetz eingebracht haben. Damals haben Sie sich auch einen schlanken Fuß gemacht, als Sie das Versammlungsfreiheit von Schleswig-Holstein auf eine Vorlage unseres Landtages hier kopiert und an drei Stellen geändert haben. Der neue Polizeibeauftragte wird im Übrigen nach meiner Überzeugung in der überwiegende Masse Ansprechpartner für unsere Polizisten sein. Denn im Gegensatz zu den Beschwerden über unsere Polizisten haben wir ein riesiges Problem was die Widerstände und Angriffe gegen unsere Polizisten angeht. Die Zahl ist auf einem 20-Jahres-Hoch. Im Jahr 2003 hatten wir 4.254 Widerstände bzw. Angriffe auf Polizisten in Nordrhein-Westfalen.

Seitdem haben wir kontinuierlich eine Steigerung und mehr als eine Verdoppelung erlebt auf aktuell 9.608 Widerstände bzw. Angriffe, die unsere Polizisten im letzten Jahr erleben mussten. Hinzu kommt noch, dass im Gegensatz nicht nur körperliche Gewalt verübt wird, sondern immer häufiger Waffen im Spiel sind, vorrangig Messer. Wir haben riesiges gesamtgesellschaftliches Problem, mit dem wir uns viel intensiver beschäftigen müssen. Und das fängt bei den Häuslichen Gewalten an und geht weiter über Gewalt in unseren Schulen und den Peer groups bis hin zur Gewalt gegen unsere Staatsdiener. Anstatt einen Antrag zur Einsetzung eines Polizeibeauftragten zu stellen, was wir im Koalitionsvertrag stehen haben und sowieso machen, sind Sie herzlich eingeladen zur Abwechslung auch mal einen qualitativ hochwertigen Antrag hier im Plenum einzubringen, der sich mit einem wesentlichen Problem beschäftigt.

Ablehnung / Überweisung

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit

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