Daniel Scheen-Pauls zu TOP 2 „Damit alle einsteigen können: NRW braucht kostenlosen ÖPNV für Kinder und Jugendliche sowie ein echtes Solidarticket“

15.06.2023

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin/sehr geehrter Herr Landtagspräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,
der vorliegende Antrag äußert den Vorwurf, Bevölkerungsgruppen mit geringem Einkommen, insbesondere junge Menschen und Familien, würden durch das Deutschlandticket besonders hart getroffen.
Das ist faktisch falsch: Die meisten Schüler sind bereits heute ÖPNV-Nutzer, daher kann eine Aufhebung der Elternbeiträge kein neuer Anreiz sein, um die Verkehrswende zu schaffen.
Das Deutschlandticket bietet seinen Nutzern eine bundesweite Mobilität zum günstigen Preis. Auch die Schülerinnen und Schüler werden selbstverständlich davon profitieren. Bei Nutzung des ÖPNV – sowohl für Schule als auch für Freizeit – haben sie einen Anspruch - über die Schülerfahrtkostenverordnung – vom Schulträger ein Deutschlandticket zu bekommen.
Sind sie Selbstzahler können sie das Ticket zu einem vergünstigten Preis von 29 Euro günstig erwerben.
Das bedeutet eine deutliche Verbesserung der Mobilität für Schülerinnen und Schüler. So können sie frühzeitig(!) die Vorteile des ÖPNV kennenlernen.
ALLE Bürgerinnen und Bürger können für deutlich weniger Geld ein deutlich größeres Streckennetz nutzen. Eine Benachteiligung lässt sich hier beim besten Willen nicht erkennen!
Der ÖPNV muss für die jüngere Generation attraktiver gemacht werden, denn sie sind die Fahrgäste der Zukunft. Aber das gelingt uns nur, wenn wir das Angebot ausbauen und damit verbessern.

Der vorliegende Antrag fordert zu überlegen, welche Ergänzung es zum Deutschlandticket geben kann – hier wird ebenfalls auf die Schülerinnen und Schüler verwiesen.
Diese Forderung verwundert – ehrlich gesagt - ein wenig: Denn Sie suggeriert, dass diese Personengruppe bisher völlig außen vorgelassen wurde!
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD,
Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass die gerade angeführten Modelle für sozial schwach aufgestellte Bürgerinnen und Bürger nicht finanzierbar seien und ihnen damit keinen Beitrag zur sozialen Teilhabe bieten würden.
Ich gebe Ihnen mal ein Beispiel. Im Kreis Höxter kostet heute ein Sozialticket 37 Euro. Geltungsbereich: Der Kreis Höxter. In Bonn kostet das Sozialticket 19 Euro. Geltungsbereich: das Stadtgebiet Bonn. In Köln kostet das Ticket 37 Euro. Geltungsbereich auch hier: Nur das Stadtgebiet Köln. Es gibt allein in NRW bei den Sozialtickets deutliche Unterschiede.
Durch ein einheitliches Solidarticket in NRW zum Preis von 39 Euro für ganz Deutschland, werden Menschen mit geringem Einkommen sozial fairer gestellt. Sie alle erhalten das gleiche Angebot und damit alle die gleiche soziale Teilhabe. Die Nutzung ist freiwillig.
Denn kann oder möchte jemand das einheitliche Solidarticket nicht nutzen, bleiben die regionalen Angebote auch weiterhin bestehen.
Lassen Sie mich abschließend noch auf die Forderungen Ihres Antrages eingehen:
Sie überschreiben Ihren Antrag mit „Damit alle einsteigen können“:
Damit aber eben alle(!) einsteigen können, haben wir ein Deutschlandticket zum Einführungspreis von 49 Euro umgesetzt.
Damit alle einsteigen können, führen wir neben dem Schülerticketmodell, ein Solidarticket für Leistungsbezieher zum Preis von 39 Euro ein.
Damit alle einsteigen können haben wir ein Upgrade-Modell für die Studierenden umgesetzt. Es laufen bereits bundesweite Gespräche, um eine vereinheitlichte Lösung für ein bundesweites Semesterticket zu finden. Aber insbesondere hier stellt sich vor allem der Bund noch quer.
Damit alle einsteigen können, haben Azubis die Möglichkeit, dass ihr Betrieb von dem Jobticketangebot Gebrauch macht. Das Ticket kostet somit 34 Euro.
Hier muss man aber auch bedenken, dass die früheren Preise für Azubitickets noch bei 65 Euro pro Verbund lagen! Für eine NRW-weite Gültigkeit mussten noch einmal 20 Euro extra gezahlt werden. Diese Personengruppe hat nun die Möglichkeit, für 49 Euro bundesweit zu fahren statt für 80 Euro NRW-weit.

Die Bürgerinnen und Bürger profitieren von einem wesentlich größeren Geltungsbereich zu einem deutlich geringeren Ticketpreis. Eine Benachteiligung lässt sich hier beim besten Willen nicht erkennen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD,

bereits 2019 haben Sie ein kostenloses Ticket für Schüler und Jugendliche gefordert. In dem damaligen Antrag gab es einen interessanten Satz, den ich gerne – mit Erlaubnis des Präsidenten/der Präsidentin – zitieren möchte:

„Eine umfassende und nachhaltige Verkehrswende kann nur gelingen, wenn der öffentliche Personennahverkehr deutlich gestärkt und ausgebaut wird“

Ja, sehr gerne! Aber das geht leider nicht zum Nulltarif!

Was nutzen den Bürgerinnen und Bürgern kostenlose Tickets, wenn die Busse und Bahnen überfüllt sind oder erst gar nicht mehr überall ein Bus hält? So gelingt die Verkehrswende sicherlich nicht.
Damit auch alle wirklich einsteigen können, müssen wir das vorhandene Geld weiter verstärkt in die Infrastruktur investieren! Wir brauchen keinen kostenlosen ÖPNV in Nordrhein-Westfalen, sondern einen gut vernetzten, modernen und auch pünktlichen Nahverkehr mit einem einfach zu verstehenden Fahrscheinsystem. Daran müssen wir weiterarbeiten – und das muss nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Land gelten!
Das Geld kann leider nur einmal ausgegeben werden.
Und damit eben alle einsteigen können sorgen wir mit dem Deutschlandticket und den Vergünstigungen für alle Zielgruppen sowie dem entsprechenden Ausbau dafür,
dass wir auch wirklich alle mitnehmen!
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

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