
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren,
am vergangenen Wochenende sind wir Zeuge eines einmaligen Vorgangs geworden. Wer am vergangenen Sonntag die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung aufgeschlagen hat, fand dort auf Seite 7 eine ganzseitige Anzeige der Sozialverbände. Und in dieser Anzeige warnten eben diese Sozialverbände vor der, ich darf zitieren, „lebens- und menschenfeindlichen Politik der AfD“. Der Anlass für die Sozialverbände diesen Schritt zu gehen, war eine unsägliche Anfrage der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag, die auf abstoßende Art und Weise einen Zusammenhang zwischen Migration, Inzest und Schwerbehinderten herstellt. Nicht nur in dieser konkreten Anfrage offenbart sich die strukturelle Grund- und Geisteshaltung dieser Partei. Immer wieder durften wir auch schon hier im Hohen Haus die menschenfeindliche Politik beobachten. Den Sozialverbänden gebührt für ihre Zivilcourage und offene Ansprache unser Dank und unsere Anerkennung. Selbst wenn wir anderen Fraktionen immer wieder miteinander politisch streiten, so tun wir dies bei allen Unterschieden konstruktiv, lösungsorientiert und fühlen uns allen Menschen dabei verpflichtet. Beim rechtsreaktionären Rand verhält es sich genau umgekehrt. Und das ist auch der Grund, warum wir mit Blick auf das Thema der heutigen Anträge besondere Achtsamkeit, Sorgfalt und Weitsicht walten lassen sollten. Wir haben in den zurückliegenden Wochen den vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion zur Fortsetzung des Integrationsplans in zahlreichen Ausschüssen dieses Hohen Hauses diskutiert. Wir haben den Antrag in allen Ausschüssen abgelehnt und – meine Damen und Herren von SPD und Grünen – wir werden das auch hier und heute tun. Mir ist es aber ein Anliegen, Sie, liebe SPD, in diesem Zusammenhang folgendes wissen zu lassen: die Ablehnung Ihres Antrags bedeutet nicht, dass wir Ihre Anstrengungen aus der vergangenen Wahlperiode nicht anerkennen würden. Das haben wir unter anderem auch dadurch deutlich gemacht, indem wir das Programm Komm-An NRW bis zum Ende des Jahres 2018 finanziert haben. Sie haben punktuelle Antworten auf immer währende Herausforderungen gegeben und dafür gebührt Ihnen auch unser Respekt. Gleichzeitig bin ich der festen Überzeugung, dass ein „Weiter so“ nicht ausreicht. Wir brauchen Weiterentwicklung. Weiterentwicklung im Sinne einer Richtungsentscheidung. Wir müssen ein Ziel bestimmen, auf das wir gemeinsam hinarbeiten und an dem sich die Maßnahmen einer stimmigen Integrationsstrategie ausrichten. Meine Damen und Herren – wir haben in der Vergangenheit lange und oft zäh über die Frage debattiert, ob wir ein Einwanderungsland sind – ja oder nein. Gerade die CDU. Natürlich können wir uns nicht mit klassischen Vielvölkerstaaten, wie z.B. der USA, vergleichen. Andererseits muss man schon sehr blind sein, wenn man die Realität auf unseren Straßen oder Cafés nicht wahrnimmt. Man kann die Frage je nach Blickwinkel mit Ja und Nein beantworten. Das ist der politische Streit, den wir führen. Man kommt zu keinem allgemeingültigen Ergebnis. Wir sollten uns aber nicht länger mit der Vergangenheit aufhalten, sondern in die Zukunft schauen. Welchen Weg wollen wir für eine funktionierende Integration einschlagen? Ist es nicht das Bild einer friedlich zusammenlebenden Gesellschaft, die sich durch Vielfalt und Toleranz auszeichnet? Nur gemeinsam können und werden wir unser Land voranbringen. Wie wollen wir Integration gestalten? Uns als NRW-Koalition ist es ein Anliegen, Integration gemeinsam mit den unterschiedlichsten Akteuren zu denken und umzusetzen. Deshalb befürworten wir einen Beirat für die Integrationsstrategie 2030, der sich aus Zivilgesellschaft und Politik zusammensetzt. Wir wollen von Seiten der Politik eben nicht alles vorschreiben, sondern die Zivilgesellschaft aktiv einbinden. Integration geht alle an. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wen müssen wir in den Blick nehmen? Integration betrifft nicht nur die Flüchtlinge, die schon hier sind oder noch zu uns kommen, sondern auch die Zugewanderten, die seit Generationen hier leben oder noch nach Deutschland einwandern werden. Für alle Gruppen muss gelten: Wer Teil unserer Gesellschaft werden möchte, muss die hier geltenden Gesetze und Normen akzeptieren und sich daran halten. Wir leben in einer Zeit, in der der demographische Wandel und Fachkräftemangel keine Zukunftsmusik, sondern erlebbare Realität sind. Deshalb ist es hinsichtlich eines Fachkräfteeinwanderungsgesetzes unser gutes Recht, zu definieren, wer nach Deutschland einwandern darf und wer nicht. Und das unabhängig von der Frage nach Asylschutz. Wir wollen uns sowohl an volkswirtschaftlichen Erfordernissen als auch an Qualifikation, Alter, Sprache, Nachweis eines konkreten Arbeitsplatzes und Sicherung des Lebensunterhalts orientieren. Warum setzen wir auf die vier Säulen Sprache, Bildung, Arbeit, Wertevermittlung? Nur wer die deutsche Sprache beherrscht, hat gute Voraussetzungen für Integration. Sprache ist der Schlüssel zur Bildung. Bildung ist der Schlüssel zur Arbeit. Arbeit ist der Schlüssel zu einem eigenständigen, selbstbestimmten Leben. So ist man finanziell und vom Staat unabhängig. Wer mit eigener Hände Arbeit etwas schafft, der verschafft sich auch eine ganz andere Qualität von Selbstzufriedenheit. Er fühlt sich gebraucht und anerkannt. Deshalb müssen wir an diesen Rahmenbedingungen arbeiten und sie einfordern von jedem einzelnen Menschen und von allen politischen Beteiligten. Wir leben in einer freien und offenen Gesellschaft. Wir genießen die Vorzüge einer liberalen Demokratie. Liberalität darf aber nicht mit Beliebigkeit verwechselt werden. Liberal heißt nicht: Erlaubt ist, was gefällt. Liberalität endet dort, wo unsere offene und liberale Gesellschaft und Gesetze gefährdet werden. Wer gegen unsere Gesetze verstößt, muss auch mit unseren Konsequenzen rechnen und leben. Der vorliegende Entschließungsantrag der NRW-Koalition skizziert deshalb unseren Ansatz aus Weltoffenheit und Ordnung, der unsere Vision von einer gelungenen Integration aufzeigt. Wir werden jetzt die vor uns liegenden Wochen und Monate nutzen, um unter Einbeziehung eines Integrationsbeirates die strukturellen Rahmenbedingungen für Nordrhein-Westfalen zu schaffen.
Vielen Dank.
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