Dietmar Panske zu TOP 5 "Einrichtung einer landesweiten Zentralstelle zur Altersbestimmung vermeintlich unbegleitet minderjähriger Ausländer (UMA)"

24.01.2024

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir diskutieren hier einen Antrag der AFD zum Thema Altersfeststellung bei unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten.

Sind diese Forderung der AFD neu? Nein, natürlich nicht. Schon in der letzten Wahlperiode haben sie inhaltlich einen fast identischen Antrag gestellt.

Anstelle einen Antrag zu schreiben hätte ich ihnen empfohlen, entweder das Protokoll zur damaligen Debatte zu lesen oder sich vorab mal mit den Experten in den verantwortlichen Jugendämtern zu unterhalten.

Denn dann wüssten sie, es gibt eine bestehende Rechtslage, es gibt Verfahren und durchaus rechtliche Spielräume der Behörden.

Daher bleibt die Frage offen, warum sie diesen Antrag zum Thema Altersfeststellung erneut ins Parlament einbringen.

Was tatsächlich dahintersteckt, offenbart die AFD im Antrag mit einem Satz (ich zitiere):
„Die sorglose Handhabung der vorliegenden Problematik, also die Altersfeststellung, durch die Landesregierung erscheint den Bürgern nicht länger vermittelbar.“

Woher nehmen sie diese Einschätzung eigentlich? Wie kommen sie zu der Bewertung „sorglos“?
Dafür gibt es keine, wirklich keine Grundlage.

Abenteuerlich ist die Begründung ihres Antrages. In Baden-Württemberg wurde bei 87 jungen Geflüchteten eine Altersfeststellung durchgeführt. Zudem stützen sie ihre Begründung auf eien Papier des BdK aus dem Jahr 2018 – Respekt, das ist ja mal fundiert und aktuell. 


Es ist wie immer. Es geht ihnen nicht um die Sache. Sie streuen lieber Zweifel, schüren Ängste und bieten Einfach-Lösungen an. In Wahrheit wollen sie nur parteipolitisch davon profitieren.


Aber ich erkläre ihnen die Rechtslage und die Verfahren gerne noch einmal:


Ein paar Grundsätze vorweg. In unserem Rechtsstaat und in unserer Gesellschaft sind Kinder und Jugendliche, unabhängig ihrer Herkunft, eine besonders schutzbedürftige Gruppe.

Die Altersfeststellung bei unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten ist gesetzlich geregelt – im SGB VIII.

Die Minderjährigkeit eines Geflüchteten wird grundsätzlich im Rahmen einer qualifizierten Klärung festgestellt.

Dabei prüfen die Jugendämter in einem dreistufigen Verfahren das Alter:

- durch Ausweispapiere, wenn sie vorliegen
- durch eine qualifizierte sogenannte Inaugenscheinnahme nach dem Vier-Augen-Prinzip von mindestens zwei beruflich erfahrenen Mitarbeitern der Jugendämter,
- das äußere Erscheinungsbild, Stimmlage, Bartwuchs, Gesichtszüge,
- aus den Gesprächen mit den Sprachmittlern oder den Ausländerbehörden können Erkenntnisse gewonnen werden,
- ggf. können Fingerabdrücke abgeglichen werden, wenn eine Registrierung bereits in einem anderen Land stattgefunden hat und als letztes,
- in Zweifelsfällen auch mit einer medizinischen Untersuchung.

Die AFD will in ihrem Antrag nun für die Altersfeststellung eine Zentralstelle für ganz NRW einrichten.
Mit Juristen, Dolmetscher, Psychologen, Sozialpädagogen, Forensiker und Zahnmedizinern.

Wenn sie sich wirklich ernsthaft mit der Problematik der medizinischen Altersfeststellung auseinandergesetzt hätten, wüssten sie, dass ein Ergebnis nie eine exakte Altersangabe sein kann.

Das Ergebnis wird immer nur ein Altersband festgestellt. Es gibt das sogenannte „Absolute Mindestalter“ bestimmt und das „wahrscheinlichste Lebensalter“ - das kann beispielsweise von 16 Jahren bis 19 oder von 17 bis 22 Jahren gehen.
Am Ende ist das maßgebliche Kriterium aber das „Absolute Mindestalter“.

Sofern zu einem späteren Zeitpunkt begründete Zweifel an einer bereits festgestellten Minderjährigkeit bestehen sollten, kann eine erneute Altersfeststellung, ggf. auch durch eine medizinische Untersuchung, vorgenommen werden.

Und sollte sich eine Person der medizinischen Altersfeststellung verweigern, kann, unter bestimmten Voraussetzungen, die Volljährigkeit auch ohne Untersuchung festgestellt werden.

Meine Damen und Herren,

Demokratie, Rechtstaatlichkeit und auch Menschlichkeit – dass sind Grundprinzipien unserer Verfassung – dass ändert sich auch nicht in herausfordernden Zeiten.

Das Thema Migration und Integration ist viel zu wichtig und die Aufgaben besonders. Was es angesichts der komplexen Thematik aber am allerwenigsten braucht, ist die politische Stimmungsmache der AFD.

Dieser Antrag zeigt wieder einmal:
sie haben weder von den Themen eine Ahnung, noch stellen sie zeitgemäße Lösungen vor.

Ihren Antrag lehnen wir daher ab.

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