Dietmar Panske zu TOP 5 "Silvester als Symptom der Realitätsverweigerung – Ideologie trifft auf Wirklichkeit"

25.01.2023

Sehr geehrter Herr Präsident,
verehrte Kolleginnen und Kollegen,
keine Frage, die Silvester-Krawalle in Berlin aber auch in NRW machen betroffen, machen fassungslos und wütend.
Fassungslosigkeit und Wut, weil Feuerwehrleute, Rettungssanitäter, Notärzte und Polizisten, die helfen wollten, urplötzlich massiv und völlig grundlos angegriffen wurden, in Hinterhalte gelockt wurden.
Und damit hier keine Missverständnisse aufkommen:
- Wer meint, unser Rechtsstaat sei schwach,
- wer meint, sich nicht an Gesetze halten zu müssen, wird bestraft –
- das gilt für alle, egal mit welchem Hintergrund.
- Wer Sanitäter, Polizisten und Feuerwehr angreift, wird bestraft.
- Wer mit Raketen auf andere schießt, auch – schnell, konsequent und vor allem mit der notwendigen Härte.
Dazu gibt es keine zwei Meinungen.
Wichtig ist aber auch, zunächst einmal eine ehrliche Bestandsaufnahme zu machen. Der Innenminister hat dazu auch schon in der vergangenen Woche im Innenausschuss ausführlich berichtet.
Die Randale, die Angriffe sind bedauerlicherweise keine einmaligen Gewalt-Phänomene einer Silvesternacht 2022/2023.
Nein, Respektlosigkeit, Beleidigungen, tätliche, brutale Angriffe auf Rettungssanitäter, Feuerwehrleute und Polizisten gehen einher mit einer wachsenden Verrohung und mangelnden Respekt in der Gesellschaft insgesamt.
Dazu einige Beispiele:
> 26. Juli 2020 – eine 150 köpfige Gruppe attackiert bei einem Partywochenende die Polizistinnen und Polizisten in Köln-Deutz.
> 21. August 2021: Hunderte Jugendliche behindern einen Rettungseinsatz in der Kölner Altstadt.
>  23. Dezember 2021 eine große Gruppe von 16- bis 23-jährigen bewirft in Dortmund an der Westfalenhalle Polizisten mit Flaschen,
- wir könnten mit einer Ultra-Fußballfanszene weitermachen oder Randale am ersten Mai oder zuletzt in der Querdenkerszene.
- und ganz aktuell berichten Zugbegleiter, dass es immer mehr gewalttätige Übergriffe auf sie gibt.
Keine Frage, die Quantität und die Qualität der Angriffe auf den Staat sind alarmierend und es muss und wird weiterhin konsequent dagegen vorgegangen.
Die Ursachen für diese Entwicklung sind aber sehr komplexe Fragestellungen, für die es keine einfachen Antworten gibt.
Daher sind für die Aufarbeitung dieser Tatkomplexe in der Silvesternacht sind drei zentrale Fragen entscheidend:
1. Wer sind die Täter.
2. Warum tun sie das?
3. Was muss getan werden, damit sich diese Übergriffe nicht wiederholen?

Zu Frage 1:
43 Straftäter sind in NRW ermittelt worden.
Richtig ist, dass eine große Anzahl der Festgenommen einen Migrationshintergrund hat.
Richtig ist aber auch, dass nicht alle Täter Migranten oder Menschen mit Migrationshintergrund gewesen sind.
Denn richtig ist auch, dass ein Teil der Täter deutsche Staatsbürger sind.

Die verbindenden Merkmale sind keine speziellen Reisepässe, sondern vielmehr diese Übereinstimmungen:
Sie sind jung, sie sind männlich, sie organisieren sich in Gruppen, sie sind hemmungslos, nicht bereit sich an die Regeln dieses Landes zu halten, haben schlechte Zukunftsperspektiven und kommen aus Problemvierteln oder Problemfamilien.
Womit wir dann schon bei Frage 2 sind: Das Warum?
Die AFD erklärt in ihrem Antrag die Migrations- und Integrationspolitik dieses Landes für gescheitert.
Ganz ehrlich – von ihnen habe ich auch keinen sinnvollen Beitrag in der Sache erwartet.
Viel wichtiger ist doch bei der Frage nach dem Warum die Erkenntnis, dass Ethnie, Herkunft oder Religion eigentlich nichts ausreichend erklären, sondern die Verhältnisse, in denen Menschen leben, häufig Ursache sind.
- Vielleicht sind es Frust,
- Langeweile,
- ein stereotypes und verzerrtes Bild von Einsatz- und Rettungskräften in unserer Gesellschaft.
- Vielleicht ein Gefühl, die Abgehängten, die Vergessenen, die Verlierer zu sein,
- nicht dazugehörig zu sein – egal, welchen Pass ich habe.
Und damit sind wir bei Frage 3, was muss getan werden.
In ihrem Antrag schreibt die AFD, dass keine „allgemeinen Pyrotechnikverbote, also Böllerverbote, ausgesprochen werden dürfen und der deutschen Bevölkerung eine europäische Tradition nicht genommen werden darf.
Wer will das denn, wie kommen sie auf diesen Unsinn?
Aber egal, hier sind von ihnen keine klugen und sinnvollen Vorschläge zu erwarten.
Viel wichtiger ist doch, dass es……
1. eine klare Antwort unseres Rechtsstaats gibt, solche Taten unnachgiebig zu verfolgen und die Täter zu spürbar und schnell zu bestrafen. Das schließt Rückführungen ausdrücklich nicht aus.

2. Wir müssen die Debatten in der Gesellschaft gegen Respektlosigkeit und Gewalt anstoßen und die Spirale von Hass und Gewalt möglichst zurückzudrehen. Dazu gibt es auch schon durch den Innenminister eingeleitete Kampagnen.

3. Eine gesellschaftliche Allianz gegen Gewalt und Respektlosigkeit fängt in den Sozialen Medien an, geht über unsere Schulen, die Betriebe, die Vereine bis hin in unseren Freundeskreisen und Familien.

4. Wir müssen die Perspektiven für die vermeintlich Abgehängten stärken. Mehr Sprachkompetenz, mehr Bildung, mehr Teilhabe, mehr Chancen auf eine Ausbildung, auf einen guten Job und ein gutes, auskömmliches Leben – das muss und wird noch wesentlich stärker unsere Politik der nächsten Jahre bestimmen.

Obwohl der Innenminister sehr umfangreich über die Ereignisse rund um die Silvesternacht in der letzten Woche in einer Innenausschusssitzung berichtet hat, stimmen wir mit Blick auf die parlamentarischen Gepflogenheiten einer Überweisung in den Innenausschuss zu. Ihre Forderungen aus diesem Antrag sind aber alle bereits erfüllt. 
Vielen Dank!

Themen

Autoren