Dietmar Panske zu TOP 9 "Verbindungen zwischen den Missbrauchskomplexen "Lügde", "Bergisch Gladbach" und weiteren Täterstrukturen...."

26.08.2020

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Aufarbeitung schlimmster Taten, wie der massenhafte, brutale Missbrauch von Kindern, ist aus Sicht der CDU-Fraktion alles andere als dafür geeignet, sich mit parteipolitischen Überbietungsanträgen zu profilieren. Insbesondere dann, wenn es den Betroffenen überhaupt nicht hilft.

Schlimmer noch: Noch mehr große Tatkomplexe gleichzeitig aufzuarbeiten, führt genau zum Gegenteil, was wir wollen: Nämlich notwendige Veränderun-gen schnell und tiefgründig zu erkennen und dann auch politisch auf den Weg zu bringen.
Opferschutz – gerade was die Prävention, das Verhindern von künftigen Taten und das schnellere Aufklären angeht – dieser Opferschutz darf kein parteipoliti-sches Spielchen werden.
Doch genau das macht die AfD erneut mit ihren beiden Anträgen, jetzt auch die Tatkomplexe Bergisch Gladbach und Münster in die Arbeit des Untersuchungs-ausschusses für Lügde mit einbeziehen zu wollen.

Und es ist ja nicht das erste Mal:
Schon vor wenigen Monaten kam reflexartig diese Forderung, die Vorfälle von Bergisch Gladbach doch auch mit zu untersuchen. Damals wie heute gibt es da-zu keinen nachvollziehbaren Grund – weder politisch, noch strafrechtlich, we-der sachlich und erst recht nicht , was die besonderen Umstände des Falls Lüg-de angehen.
Und wenn man sich ihre Anträge inhaltlich anschaut, muss man feststellen:
Sie haben offenbar bis heute nicht begriffen, worum es in der Ausschussarbeit wirklich geht:
Der Untersuchungsausschuss Lügde soll doch mögliche Versäumnisse, Unterlas-sungen, Fehleinschätzungen und Fehlverhalten von Behörden und Institutionen untersuchen,
feststellen, wo es Defizite in den Strukturen, in den Arbeitsweisen und in den Kompetenzen von Behörden und Institutionen gibt – damit solche Fälle künftig schneller erkannt werden, Täter schneller hinter Schloss und Riegel kom-men…und am besten solche Tatmuster bereits erkannt werden, bevor es zu Ta-ten kommt.
Und es geht eben nicht um kriminalistische Fallbearbeitung.
Das hat die AfD auch diesmal bei den Anträgen nicht verstanden. Ich zitiere aus einem ihrer Anträge.
Zitat: „ Durch den eingesetzten Untersuchungsausschuss IV ist daher notwen-digerweise ebenso aufzuklären, ob auch strafrechtlich relevante Verbindun-gen zwischen den Missbrauchskomplexen von Lügde und Bergisch Gladbach vorhanden sind“
Zitatende
Und liest man sich den Fragenkatalog der AfD weiter durch, setzt sich diese Fehleinschätzung konsequent fort.
Nein, das ist eben nicht der Auftrag eines Untersuchungsausschusses. Wie sind
- keine Strafermittlungsbehörde,
- wir sind weder Polizei noch Staatsanwaltschaft,
- erst recht kein Gericht.
Wir sind ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss und eben keine „Soko Landtag“.
Den Kindern, den Opfern von brutalem Missbrauch und unendlicher Gewalt helfen diese Anträge überhaupt nicht weiter. Im Gegenteil:
Würden wir diesen „Anträgen“ folgen, würden wir uns heillos zwischen den unterschiedlichen Ermittlungsverfahren verzetteln. Da gebe ich dem Kollegen Börschel von der SPD in seiner Funktion als Ausschussvorsitzender recht. In ei-nem Interview  im Spiegel hat er kürzlich gesagt (ich zitiere): „ ..wir dürfen nicht Gefahr laufen, an der Komplexität des Auftrags zu ersticken.“
Recht hat der Kollege Börschel - genau das dürfen wir nicht.
Wobei ich mich aber an dieser Stelle schon frage, wie die SPD heute mit den Anträge der AFD auf Erweiterung des Untersuchungsauftrages umgehen will. Der SPD Fraktionsvize Sven Wolf hat Ende Juni bereits über die dpa angekün-digt, ebenfalls einen entsprechenden Antrag vorzubereiten. Nicht dass die SPD heute die Anträge der AFD ablehnt und in 4 Wochen einen identischen Antrag ins Parlament einbringt.


Aber,
viel wichtiger ist es doch, am Beispiel eines großen, in seiner Dimension des Schreckens besonderen Tatkomplexes Lügde Verfehlungen und Unzulänglich-keiten erkennen sowie politische und gesetzgeberische Konsequenzen daraus ziehen.
Denn im Fall Lügde gibt es eine unvergleichliche Häufung von Fehlern, von Un-zulänglichkeiten, Fehlverhalten, Naivität und - genau das Bild zeichnet sich be-reits nach den Sitzungen unseres Ausschusses in der ersten Jahreshälfte ab.

Und es gibt einen weiteren Punkt, weshalb die Konzentration der Ausschussar-beit auf einen beispielhaften Tatkomplex wichtig ist.
Es ist dieses unsägliche Mauern von vielen Beteiligten in Behörden, auf Ämtern und Institutionen, wenn es darum geht, redlich und ernsthaft.
Daher bin ich über die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Düsseldorf froh, dass es mit seinem Urteil zur vollumfänglichen Aussageverweigerung der Ju-gendamtsmitarbeitern aus Niedersachen die Arbeit im Ausschuss den Rücken gestärkt hat. Die Richter haben damit auch klar zum Ausdruck gemacht, dass man sich nicht seiner mittelbaren Verantwortung so einfach entziehen kann.

Verantwortung gegenüber den Opfern zeigen und durch eigenes Handeln ver-suchen, dass es künftig möglichst keine Opfer mehr geben wird – so verstehen wir als CDU Fraktion die Leitlinie unserer Arbeit.

Übrigens, in dem gleichen Interview im Spiegel, aus dem ich gerade den Kolle-gen Börschel zitiert habe, fordert die SPD bereits heute, dass der Untersu-chungsausschuss Lügde „seine Arbeit auch über die Landtagswahl 2022 fort-führen soll“.
Ich will mir überhaupt nicht vorstellen was es bedeuten würde, wenn der Auf-trag des Untersuchungsauftrags jetzt auch noch um die Tatkomplexe Bergisch Gladbach und Münster erweitert werden würde. Aber das klären die Abgeord-neten der SPD im Untersuchungsausschuss und der Ausschussvorsitzende am Besten untereinander und mit ihrem Fraktionsvize.

Wer also wirklich aufklären will,
wer wirklich die richtigen und notwendigen Schritte aus den Versäumnissen im Fall Lügde ziehen will,
wer will, das Tatmuster bereits erkannt werden, bevor es zu Taten kommt und
wer die Arbeit im Ausschuss nicht lahm legen will,
der stimmt heute gegen die Anträge der AFD.

Vielen Dank!

Autoren