Dr. Christos Katzidis zu ZOP 2 "Digitale Souverenität aller Bürgerinnen und Bürger stärken"

25.01.2019

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Es ist schon faszinierend, sehr geehrte Frau Kollegin Kampmann. Sie stellen hier einen Antrag, der in das Ressort von Herrn Minister Pinkwart fällt, und Sie kritisieren Herrn Minister Reul. Das kann ich nicht einmal ansatzweise nachvollziehen. Dann schreiben Sie doch zukünftig andere Anträge, damit das klar ist, wenn Sie bestimmte Personen angreifen möchten, aber machen das bitte schön nicht auf diese Art und Weise.
Ihr Antrag und Ihr Redebeitrag zeigen zwei Dinge ganz deutlich, nämlich dass die Entwicklung in der realen Welt und die Entwicklung in der digitalen Welt offensichtlich komplett an der SPD-Fraktion vorbeilaufen.
Ich mache das gerne sehr konkret: Sie haben in Ihrem Redebeitrag gerade gesagt, die Landesregierung setze falsche Prioritäten, wir — oder zumindest Einzelne — würden uns nicht für die innere Sicherheit interessieren. Das zeigt schon sehr deutlich, dass Sie noch nicht verinnerlicht haben, weswegen Sie 2017 abgewählt worden sind, meine sehr geehrten Damen und Herren von der linken Opposition.
Sie haben im Bereich der inneren Sicherheit wenig bis gar nichts getan. Das war ein ganz großer Schwerpunkt von uns im Wahlkampf und anschließend auch im Regierungshandeln.
Wir haben viel gemacht und auf den Weg gebracht: personell, materiell, finanziell, rechtlich. Das haben Sie in sieben Jahren nicht ansatzweise geschafft.
Insofern setzen wir sehr wohl die richtigen Prioritäten. Das bestätigen im Übrigen auch die Rückmeldungen, die wir aus dem ganzen Land Nordrhein-Westfalen bekommen.
Kommen wir zu dem zweiten Punkt, den Sie eben angesprochen haben, unter anderem bezogen auf Herrn Minister Reul und darauf, dass wir vermeintlich nichts tun. Wir reden von der realen Welt. Sie waren im Innenausschuss leider nicht anwesend. Offensichtlich sind Sie von Ihrer eigenen Fraktion und Ihren Mitarbeitern auch nicht informiert worden. Denn im Ausschuss hat Herr Minister Reul sehr ausführlich über den Hackerangriff berichtet; das war ein Tagesordnungspunkt.
Er hat auch dargestellt, was alles schon gemacht worden ist und wie das im Einzelnen gelaufen ist, was Präventionsprogramme angeht, was zukünftig gemacht wird und welche Konsequenzen daraus gezogen werden.
Das scheint komplett an Ihnen vorbeigelaufen zu sein. Lassen Sie sich doch informieren und behaupten hier nicht solche Dinge.
Was den Antrag und die digitale Welt angeht, die offensichtlich an Ihnen vorbeiläuft, möchte ich mit der Überschrift anfangen. Die Überschrift lautet
„Digitale Souveränität". Damit suggerieren Sie etwas, was es heutzutage gar nicht mehr gibt. Jeder, der einen Internetanschluss hat, hat keine 100%ige Souveränität über seine personenbezogenen Daten, insbesondere dann nicht, wenn Infiltrierungen im informationstechnischen System vorliegen. Das ist heutzutage weitaus häufiger der Fall, als man öffentlich debattiert.
Insofern ist das — damit kommen wir zum zweiten Punkt Ihres Antrags — nichts Neues. Sie behaupten, dass das Thema „Datensicherheit" durch den Hackerangriff „ins Zentrum der gesellschaftlichen Debatte gerückt" sei. Das stimmt nicht, also nicht erstmalig.
Auch daran wird sehr deutlich, dass die letzten fünf Jahre offensichtlich an Ihnen vorbeigelaufen sind. Ich fange einmal 2014 an. 2014 hat es Botnetangriffe und Ermittlungen gegeben. Da sind 14 Millionen Daten ausgespäht worden. 2014 hat es einen Angriff auf ein deutsches Stahlwerk gegeben, bei dem ein Hochofen beschädigt worden ist.
2015 wurde ein französischer Sender, TVS, ausgespäht. Der Deutsche Bundestag wurde 2015 angegriffen, und es gab einen Angriff auf die belgische Zeitung „Le Soir". Immer sind öffentliche Debatten geführt worden.
2016 war ein bayerisches Atomkraftwerk betroffen. Die Debatte ist also überhaupt nicht neu, auch nicht jetzt durch den Hackerangriff neu in das Bewusstsein gerückt worden, sondern das ist schon seit fünf Jahren der Fall. Alle kennen die Problematiken, mit denen wir uns sicherlich im Detail beschäftigen müssen.
Frau Kollegin Kampmann, Sie sagten: Alle Angriffe, die durchgeführt worden sind, sind keine Kavaliersdelikte. — Da gebe ich Ihnen uneingeschränkt recht.
In dem Zusammenhang gebe ich im Übrigen auch Herrn Bolte-Richter recht, der die Verantwortlichkeit der SPD in der Bundesregierung angesprochen hat. Ihre Bundesjustizministerin ist es, die eine Strafverschärfung in dem Bereich ablehnt. Warum? Das verstehe ich nicht.
Das Strafgesetzbuch weist in dem Bereich Strafbarkeitslücken auf. Das wissen Sie hoffentlich. Das heißt, es gibt bestimmte Tatbestände, die überhaupt nicht unter Strafe gestellt sind. In den meisten Fällen sind gerade Computerdelikte Antragsdelikte — keine Offizialdelikte —, bei denen der Staat noch nicht mal von Amts wegen ein Interesse an der Strafverfolgung hat.
Da könnte Ihre Bundesjustizministerin einiges tun. Sie könnte die Initiativen, die seit 2016 zum Beispiel aus Hessen gekommen sind — Verschärfung und Schließung von Gesetzeslücken —, aufgreifen und genau das verändern. Aber das will Ihre Bundesjustizministerin leider nicht. Insofern liegt da die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit für den Bereich und nicht bei uns.
Dritter Punkt: In dem Antrag fordern Sie außerdem, die Verbraucherzentralen in Nordrhein-Westfalen organisatorisch, strukturell und finanziell zu stärken. Zum Finanziellen kann ich sagen: Es hat gerade wieder eine Erhöhung um 520.000 Euro gegeben.
Was die organisatorischen und strukturellen Maßnahmen und die Aufstellung der Verbraucherzentralen angeht — wir haben verschiedene im ganzen Land —: An 21 Standorten der Verbraucherzentralen in NRW wird Beratung gerade zum digitalen Bereich angeboten. Das ist schon sehr viel.
— Dann gucken Sie auf die Homepage der Verbraucherzentralen. Da steht etwas anderes. Aber das können wir gerne bilateral klären.
Darüber hinaus gibt es aber auch viele andere Angebote, was die Informationslage und die Prävention angeht, um entsprechend aufzuklären:
Es gibt im LKA die Abteilung 4, das Cybercrime-Kompetenzzentrum.
Das BSI ist eben schon angesprochen worden.
Das Deutsche Forum für Kriminalprävention ist zwar in vielen Teilen noch in der realen Welt und beim Einbruchsschutz unterwegs, macht aber auch schon einzelne Angebote.
Es gibt also schon eine Vielzahl von Angeboten. In Schulen wird auch schon sehr viel digitale Aufklärung betrieben, unter anderem durch Workshops und Projekte für die Schülerinnen und Schüler.
Das Thema ist sicherlich nicht allein eine Sache der Verbraucherzentralen.
Sie haben in besonderem Maße die Sicherheitsbehörden angesprochen. Ich würde unterschreiben, dass die Sicherheitsbehörden da auch in der Verantwortung sind. Es gibt ja die Kriminalkommissariate Vorbeugung in den 47 Kreispolizeibehörden, die entsprechende Angebote machen könnten. Darüber muss man sicherlich auch reden. Insofern wird in dem Bereich schon sehr viel gemacht.
Vor dem Hintergrund erschließt sich uns Ihr Antrag nicht. Deshalb haben wir einen Entschließungsantrag formuliert, um noch einmal deutlich zu machen, dass das, was von der Landesregierung im Einzelnen im Bereich der Sicherheitsbehörden schon durchgeführt wird, weiter zu stärken und auszubauen ist.
Wir setzen uns im Übrigen genauso wie unsere CDU/CSU- Bundestagsfraktion für eine Schließung der Gesetzeslücken auf Bundesebene ein und hoffen, dass Ihre Bundesjustizministerin das nicht verhindern wird.
Wir sehen aber keine Notwendigkeit, Ihrem Antrag zuzustimmen. Demzufolge werden wir unserem Entschließungsantrag zustimmen. — Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.