
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren!
Am Schloss in Warschau wähnt man sich in einer Altstadt – der Eindruck trügt! Das historische Zentrum der polnischen Hauptstadt ist ein perfektes Duplikat dank perfekter polnischer Handwerkskunst. Im Herbst 1944 wurde das Original durch Deutsche total zerstört.
14 Monate vorher geschah dasselbe nur wenig entfernt im Warschauer Ghetto.
Wenn man vom Schloss an den Sächsischen Gärten vorbei nach Süd-Osten läuft, kommt man in den früheren (ZITAT) „Jüdischen Wohnbezirk in Warschau“ in und um Wola.
Auch dieser Bereich wurde von Deutschen dem Erdboden gleichgemacht.
Einen kleinen Eindruck vom früheren Ghetto kann man daher heute nur noch mittels der in den früheren Wohnquartieren aufgeständerten Ferngläser, die die damalige Situation im Ghetto zeigen, erhalten.
Schon kurz nach dem Überfall auf Polen waren Ghettos im ganzen Land eingerichtet worden; nach der Einverleibung auch des östlichen Teils Polens 1941 waren es über 600 Orte der Entrechtung, des Hungers, des Verhungerns und des Mordes – darunter die größten in Lemberg, Lodz und eben Warschau, wo von den rund 1,3 Mio. Einwohnern etwa 350.000 jüdischen Glaubens waren.
Ab Juli 1942 kam es im Rahmen der sogenannten Aktion Reinhard zur schrittweisen Auflösung des Ghettos – und der genau geplanten Deportation der Jüdinnen und Juden und deren anschließenden Ermordung primär im Vernichtungslager Treblinka. Täglich zwischen fünf und sieben Tausend Ghettobewohner wurden über den Bahnhof Warszawa Gdanska in den Tod geschickt. Ein Teil des Bahnhofs wurde dafür zum zynisch genannten „Umschlagplatz” – das ist heute wohl einer der bedrückendsten Gedenkorte im früheren Ghetto. Da steht eine große Wand mit dem Deutschen Wort „Umschlagplatz“ und mit 400 jüdischen Vornamen von A bis Z stellvertretend für alle Opfer.
Vom 19. April bis zum 16. Mai 1943 – also genau vor 80 Jahren – kam es zu Kampfhandlungen zwischen den jüdischen Entrechteten und den deutschen Besatzern; symbolträchtig und pervers zugleich wurde mit der Sprengung der großen Warschauer Synagoge und dem sprichwörtlichen Niederwalzen sämtlicher Gebäude die Niederschlagung des überraschend starken und zähen Widerstandes der Jüdischen Kampforganisationen seitens der SS abgeschlossen.
Wer heute die Reste des alten zaristischen, während der Besatzung auch von den Deutschen genutzten Gefängnisses Pawiak besucht, kann erahnen, wie brutal die Deutschen vorgingen; Folter und Mord an gefangen genommenen Widerstandskämpfern waren dort an der Tagesordnung.
Die wenigen Überlebenden entkamen meist über die unterirdische Kanalisation, was heute so beeindruckend im Jüdischen Museum in Warschaus Zentrum dokumentiert wird. Sie taten sich mit den Widerstandskämpfern der Armia Krajowa, der polnischen Heimatarmee, zusammen und beteiligten sich dann 1944 am zweiten Aufstand in Warschau.
M. D., m. H.: Polen hat unglaublich unter der deutschen Besetzung gelitten. Das gilt für die christliche wie für die jüdische Bevölkerung zugleich; bei etwa 35 Mio. Einwohnern, davon rund 10 % jüdischen Glaubens, ist von 16% Opfern auszugehen, ein Großteil davon jüdisch. Das wäre so, als wenn heute ein Besatzer in Deutschland sämtliche Einwohner von Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg ermordete – vom Kind bis zum Greis.
Der Aufstand im Warschauer Ghetto ist ein Symbol des unerschrockenen Widerstands und des unbeugsamen Willens zum Überleben. 80 Jahre nach dem Aufstand im Warschauer Ghetto ehren wir den Mut der Menschen, die ihr Leben im Kampf gegen das menschenverachtende System der Nationalsozialisten verloren.
Ich bitte um Unterstützung für den Antrag – schönen Dank.
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