Dr. Ralf Nolten zu TOP 1 „Zur Halbzeit der Agenda 2030: die globalen Nachhaltigkeitsziele in Nordrhein-Westfalen konsequent umsetzen.“

16.06.2023

Brundtland-Bericht, Rio-Deklaration 1992, Nachhaltigkeitsdreieck, Agenda 21 –
seit nunmehr über 30 Jahren steht der Begriff der „Nachhaltigkeit“ am Anfang und im Zentrum vieler politischer Prozesse.
Waren wir zu Beginn noch sehr im „Global-Galaktischen“ unterwegs, so liegt der Fokus mittlerweile eindeutig auf der Operationalisierung.

Auch die Agenda 2030 mit ihren 17 Sustainable Development Goals ist hierfür ein Beleg:
konkrete mittelfristige Ziele, messbare Indikatoren für alle Ebenen, von der nationalen bis zur kommunalen.
So kann ich auf dem SDG-Portal für meine Heimatgemeinde im Detail feststellen, wo wir in der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele bezüglich Armut, Bildung, Gesundheit etc. stehen.

Anlässlich der Halbzeitbilanz, die während der UN-Vollversammlung Mitte September in New York gezogen werden soll, finden zur Zeit viele Aktionen und Veranstaltungen statt.

Dank gebührt den vielen, vielen Menschen, die tagtäglich beharrlich an der Umsetzung von kleinen Schritten arbeiten. Jeder Einzelne, jede Institution, jede Organisation, ob staatlich oder privat, hat ihren Beitrag zu leisten.

Das gilt auch für unsere Landesverwaltung. Vor zweieinhalb Jahren hat die Landesregierung die weiterentwickelte Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen mit dem Ziel „Nachhaltige Landesverwaltung 2030“.

Der Landesverwaltung mit ihren über 500 Einrichtungen und rund 160.000 Beschäftigten hat viele Möglichkeiten, die u. a.  - bei der nachhaltigen Beschaffung,
- der Mobilität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
- der Unterhaltung der Gebäude oder
- durch ressourcenschonende Veranstaltungen
noch konsequenter genutzt werden können.
Dafür hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) die Rolle als Modellbehörde übernommen und im Rahmen des Modellprojekts „Nachhaltige Verwaltung der Zukunft“ ein Gesamtkonzept erarbeitet.

In der Beschaffungspraxis der Landesverwaltung kann das Land als Vorbild noch stärker vorangehen.
Im Sinne des „Lead Buyer“-Ansatzes ist das notwendige Wissen in der Landesverwaltung durch praxisnahe Leitfäden, digitale Tools, Fortbildungs- und Beratungsangebote ressortübergreifend zu vermitteln.

Die aktuelle Vergabestatistik des Bundeswirtschaftsministeriums führt auf, dass auf der Landesebene nur bei 19 % der Vergaben Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt wurden. Beim überwiegenden Teil der Vergaben wird immer noch alleine der Preis als Zuschlagskriterium verwendet.

Diese Vergaben machen 60 % des gesamten Auftragsvolumen aus – ein deutlicher Hinweis, dass es sich v. a. um Bauaufträge handelt.
Liefer- und Dienstleistungsaufträge sind demgegenüber selten mit qualitativen oder gar quantitativen Nachhaltigkeitsvorgaben versehen.

Ziel sollte es auch sein, die Kommunen und die Bezirksregierungen bei einem ambitionierten Nachhaltigkeitsmanagement zu unterstützen. Dies kann durch die Schaffung und Intensivierung von Beratungsangeboten wie den „Kommunalen Nachhaltigkeitstagungen“ oder dem „Dialog Nachhaltige Kommunen NRW“ gelingen. Aber auch Heimatpreis, Umweltscheck und andere Förderprogramme setzen hier wichtige Impulse.

In NRW erfolgt zwar - im Gegensatz zu anderen Bundesländern - bereits eine Nachhaltigkeitsprüfung der Gesetzentwürfe.
Diese sollte zu einem wirkungsvollen Nachhaltigkeits-Check ausgebaut werden, der sich in die weitere  Gesetzesfolgenabschätzung einfügt.
Helfen könnt eine dezidierte Dokumentation der Datengrundlagen und Lagebeurteilungen bei den durchgeführten Nachhaltigkeitsprüfungen im Gesetzesverfahren.
Es ist zumeist nicht erkennbar, ob diese Prüfungen zur Anpassung der Gesetzestexte oder -begründungen geführt haben. Ohne eine transparente Operationalisierung aber ist weder ein Lernen im Prozess noch ein Nachsteuern möglich.

Die rechtliche Basierung einzig auf der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Ministerien und der Konkretisierung im Leitfaden des Innenministeriums ist hinsichtlich ihrer Effizienz im Auge zu behalten.

Nordrhein-Westfalen ist ein bevölkerungsreiches Land, mit einer großen kulturellen Vielfalt, unzähligen Migrationserfahrungen.
Ein industriell geprägtes Land mit zahllosen wirtschaftlichen Verflechtungen und einem hohen Exportanteil in der Produktion.
Ein Bildungsland, ein Ressourcenland mit vielfältigen Landschaften, mit einem reichen Schatz an Wasser, Böden, Biodiversität.

Deswegen sollten wir alle die unterstützen, die mit uns auf einem Weg in eine lebenswerte Zukunft sind.