
Da ist er wieder – der Alarmismus der AfD bei einem aus ihrer Sicht unliebigen Thema. Da wird von „geschredderten Vögelchen“ gesprochen, wird auf über eine Billion beim Durchflug durch die Rotorblätter getötete Insekten verwiesen.
Ja, es ist richtig, wir haben noch Forschungsbedarf. Unsere Erde ist ein wunderbares System, welches wir noch nicht in Gänze begreifen. Dem ästhetischen Naturschutz des 20. Jahrhunderts noch streckenweise folgend, wissen wir relativ viel über die heimischen Vogelarten. Und eben weniger über Insekten, gleich welcher Art. Es sind nicht nur die z. T. geringe Größe oder Anmut, die zu diesem Defizit geführt haben. Zum Teil fehlten auch die entsprechenden Messmethoden. Erst seit etwa 20 Jahren beschäftigen wir uns mit Luftplankton in geringen oder größeren Höhen. So ist die DLR-Studie ein Anfang, ist noch Erkenntnisgewinn zum realen Ausmaß des Insektenschlags möglich.
Windenergieanlagen haben natürlich einen Einfluss auf das System, wie andere Formen der Energieerzeugung auch, wie der Verkehr, die industrielle Produktion, die Landwirtschaft und alle anderen menschlichen Tätigkeiten. Jede Medaille hat zwei Seiten und mit jedem Ausbau muss man sich auch stärker mit den negativen Effekten beschäftigen Auf das hieraus abgeleitete Erhebungsprogramm wird das Ministerium gleich eingehen.
Ich möchte mich mit Ihrer Forderung nach einer UVP-Pflicht für WEA’s beschäftigen, die sie so unvermittelt in Ihrem Antrag aufstellen. Worum geht es Ihnen? Um reine Verhinderung?
Fakt ist: In Anlage 1 des UVP-Gesetzes ist aufgeführt, dass
- Windparks mit 20 und mehr Windrädern in jedem Falle UVP-pflichtig sind,
- es bei Parks mit 6 bis 20 Anlagen eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls gibt,
- und bei 3 bis 6 Anlagen eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls möglich ist.
Bei der Genehmigung von ein oder zwei Rädern macht Deutschland von der Vorgabe der EU-UVP-Richtlinie vom Dezember 2011 Gebrauch, wonach die Mitgliedstaaten selbst entscheiden, von welchen Projekten erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt zu erwarten sind. So haben wir auf nationaler Ebene den Windpark definiert, nach Größen unterteilt und ein Umsetzungsverfahren implementiert. Für Projekte, die diese Schwellenwerte nicht erreichen, besteht keine UVP-Pflicht.
Das ist der AfD nun zu liberal, sie fordert mehr. Die EU erlaubt das – aber ist es auch sinnvoll? Die UVP bedeutet Koordinierung und Zusammenfassung der Umweltprüfungen, um Redundanzen und Zeitverzögerungen zu vermeiden. Klarheit über notwendige Prüfungen, die einzubeziehenden Behörden und das Konsultationsverfahren sollen eine höhere Qualität des Umweltberichts und eine Sicherheit der Investitionen gewährleisten.
Wer sich als Kommunalpolitiker wie ich einmal durch tausende Seiten von Gutachten nur für die bauleitplanerischen Entscheidungen gelesen hat,
wer dicke Aktenordner mit Umweltbericht, Abwägungsvorschlägen, FFH-Vorprüfung, naturschutzfachlichem Beitrag, avifaunistischen Gutachten, Fachgutachten Fledermäuse, Fachbeitrag Artenschutz, Feldhamstergutachten,
Landschaftspflegerischem Begleitplan, Denkmalschutzgutachten, Gutachten Schall resp. Schattenwurf über Tage in Freizeit und Urlaub gewälzt hat,
der weiß, dass im Genehmigungsverfahren in jedem Falle ein hoher Untersuchungs- und Abwägungsaufwand betrieben wird, unabhängig davon, ob UVP-Pflicht besteht oder nicht.
Die Entscheidung über eine UVP-Pflicht liegt grundsätzlich bei der Genehmigungsbehörde. Dort findet eine Vorprüfung zur Erforderlichkeit einer UVP statt. In der Praxis möchte der Projektierer häufig freiwillig ein Verfahren mit UVP haben. Gründe dafür sind die auf einen Monat verkürzte Klagefrist nach Erteilung der Genehmigung und die höhere Rechtssicherheit in möglichen Klageverfahren. Genehmigungen wurden des Öfteren aufgrund von formalen Fehlern in der UVP-Vorprüfung angegriffen.
Für Projekte ab ca. 4-5 WEA würde eine UVP-Plicht also keine großen Auswirkungen haben. Für die hinsichtlich der Akzeptanz unkritischen Bürgerwindräder bedeutet sie aber höhere Kosten zur Erstellung des UVP-Berichtes, eine um mind. 3 Monate verlängerte Verfahrensdurchführung und einen deutlich höheren Behördenaufwand.
„Freiheit statt Brüssel“, so wirbt die AfD im Europawahlkampf. Weniger Freiheit, mehr Bürokratie ist das, was Sie hier nun fordern. Entlarvend - aber eine herrliche Einladung zur Diskussion.
.
Empfehlen Sie uns!