Dr. Ralf Nolten zu TOP 11 „Stärkung der Naturparke – Aufbau von Rangerstellen in NRW“

24.08.2023

Sehr geerhte Damen und Herren

Nordrhein-Westfalen ist ein Land mit einer vielfältigen Landschaft - von den Bergen im Sauer¬land und Siegerland bis zu den Ebenen im Münsterland und der Eifel“ – lieber Herr Brockes, da haben Sie recht!
Und ja, diese Naturparke leisten auf 44 % der Landesfläche einen wichtigen Beitrag für Naturschutz, Tourismus und die Bildung mit ihren unterschiedlichen Facetten. Die Projekt- und Trägervielfalt, die Verknüpfung mit anderen Strukturen und Förderinstrumente sind einzigartig.

Da gibt es Naturparke über die Ländergrenzen hinweg wie den Naturpark Nordeifel als Teil des Deutsch-Belgischen Naturparks Hohes Venn-Eifel. Da gibt es bundesländerüber-greifende Naturparke wie den Naturpark „Dümmer“ mit Niedersachsen oder „Diemelsee“ mit Hessen.

Die kommunale Ebene ist ebenso bestens eingebunden in die Trägervereine wie andere ge-sellschaftliche Gruppen in die Projektstrukturen. Eine Vielzahl wundervoller Projekte zei-gen die Vielfalt und die Kreativität der Menschen und Unternehmen, die in diesen ländli-chen Räumen leben und arbeiten. Sie stehen für ein reichhaltiges kulturelles und natürliches Erbe.

Die 12 Naturparke sind von den naturräumlichen Strukturen sehr verschieden. Unterschied-lich auch in der Größe: 112 km² der kleinste, der 1958 gegründete erste Naturpark „Sie-bengebirge“. Mit 3.830 km² so groß wie mehrere Landkreise zusammen der Naturpark „Sauerland – Rothaargebirge“.

Insofern hebt der Antrag ein Konzept auf die Bühne dieses Hauses, das es verdient hat einmal im Mittelpunkt zu stehen. Auch in einer Block II-Debatte. Dafür bin ich Ihnen wirk-lich dankbar. Die ersten beiden Absätze Ihres sehr schmalen Antrags teile ich uneinge-schränkt.

Das ist es dann leider auch schon. Denn schon Ihr Cassandra-Ruf, ein möglicher 2. Natio-nalpark gefährde die bisherige finanzielle Ausstattung durch das Land, geht völlig ins Lee-re. Schauen wir uns die Fakten an: Auch in 2024 werden die Mittel im Naturschutzhaushalt stark erhöht, um das Ziel der Verdopplung bis 2027 zu erreichen. Heißt konkret für die von Ihnen benannte Titelgruppe 82 „Naturschutz und Landschaftspflege, Kooperationsprojek-te“ im Kapitel 10 030 des Einzelplans 10:

Der Ansatz steigt von 45,7  um 15 % auf 52,4 Millionen Euro. Gegenüber dem letzten ge-meinsamen Haushalt von Schwarz-Gelb mit knapp 35 Millionen um mehr als 50 %! Alle Ausgaben innerhalb der Titelgruppe sind zudem gegenseitig deckungsfähig! 

Der Titel 637 82, der seit jeher für die Förderung von Maßnahmen und Einrichtungen in Nationalparken, Naturparken und bevorzugten Erholungsgebieten vorgesehen ist, steigt vom langjährigen Ansatz von 1 Million Euro auf 1,5 Millionen Euro. Der zu initiierende Beteiligungsprozess für einen zweiten Nationalparkprozess wäre mit der Steigerung von 500.000 € ebenfalls hinreichend berücksichtigt.

Im Gegensatz zu Ihrer Regierungszeit ist im Titel 686 82 eigens der Zuschuss an die Koor-dinierungsstelle der Naturparke erwähnt. Dafür braucht es Ihr Petitum also auch nicht.

Der für die Naturparke vorgesehene, erstmals eigenständig ausgewiesene Titel 884  82 ver-doppelt sich auf eine weitere Million Euro.

Zwischenfazit: Die Förderung der Naturparke ist im Haushalt 2024 mindestens abgesichert, wenn nicht sogar erhöht.

Kommen wir zu den Rangern und ihre Aufgaben in Bayern:

Vorweg: Bayern hat 19 Naturparks mit knapp 26.000 km² Fläche. Der Naturpark „Altmühl-tal“, der  größte von ihnen, ist um ein Viertel kleiner wie unserer größter, der kleinste, der Naturpark „Steinwald“ ist doppelt so groß wie unser kleinster. Schlussstrich: Größe und Vielfalt der Landschaftseinheiten sind annähernd vergleichbar.

Die von Ihnen aufgeführten 60 Ranger gehen auf die sogenannte Naturpark-Offensive Bayern in 2018 zurück. Mit ihnen hat der Freistaat damals auch viel touristische Infrastruk-tur und Naturschutzzentren in der Fläche geschaffen. Solche Naturparkhäuser wie das Na-turschutzzentrum Nettersheim oder das Biologische Zentrum Kreis Coesfeld, das ich mit dem Kollegen Korth noch vorige Woche besucht habe, existieren in NRW schon lange.

Die Ranger haben Aufgaben:
- Sie sollen die Menschen für die Natur zu sensibilisieren und über diese zu informie-ren
- Sie führen Menschen durch den Naturpark
- Sie arbeiten eng mit den verschiedenen Akteuren in der Region zusammen
- Sie unterstützen die wissenschaftliche Forschung vor Ort

24 BNE-Regionalzentren sind neben einer Reihe anderer Bildungsträger flächendeckend in der Bildungsarbeit in NRW, das hier einem bundeseinheitlichen Ansatz verfolgt, unter-wegs.

Die Titelgruppe 77 „Umweltbildungseinrichtungen und Bildung für nachhaltige Entwick-lung“ wächst von 2,5 Millionen Euro 2022 unter Schwarz-Gelb nun in 2024 auf 3,8 Millio-nen Euro. Auch die landeseigene Stiftung für Umwelt & Entwicklung fördert mit ihrem breiten Ansatz nachhaltiger Entwicklung diese Einrichtungen.

In Bayern stehen für außerschulische BNE-Arbeit deutlich weniger Mittel zur Verfügung. Bayern fördert seine 65 Umweltstationen nur mit 2,4 Millionen Euro.

Wer führt die Menschen durch die sensiblen Naturbereiche? Wenn im Naturpark Bayri-scher Wald 4 Ranger je 22 Gemeinden – die Kommunalstrukturen sind in Bayern nun ein-mal deutlich kleinteiliger als bei uns - und insgesamt 2.900 km² betreuen, dann können sie nicht die Hauptlast der Führungen tragen.

Das müssen sie auch nicht. Der Deutsche Wanderverband bietet für die Wanderverbände zertifizierte Kurse für Wanderführer im Umfang von mehrwöchigen Schulungen an. Ver-mutlich ist das auch in Bayern so.

Die Natur- und Umweltschutz-Akademie NRW als Teil des bundesweiten Arbeitskreises der staatlich getragenen Umweltbildungsstätten hat darüber hinaus eigene Bildungsgänge zum zertifizierten Natur- und Landschaftsführerin oder zum Waldpädagogen.

Selbst der Nationalpark Eifel kann nur über dieses Netzwerk der Nationalparkführer, unten denen sich viele Wanderwarte des Eifelvereins befinden, gruppenspezifische und mehr-sprachige Führungen in der Breite und Tiefe zu jeder angefragten Zeit anbieten.

Ob Sauerländischer Gebirgsverein, Teutoburger-Wald-Verband, Eggegebirgsverein, Baum-berge-Verein oder Eifelverein: sie alle haben hervorragend ausgebildete orts- und natur-kundige Wanderführer mit fortdauernder Nachschulungspflicht. Darauf bin ich als Vorsit-zender des Eifelvereins mit seinen 23.000 Mitgliedern sehr stolz.

Bleibt das Monitoring sowie die Mitwirkung bei naturschutzrelevanten Forschungsaktivitä-ten:

Da erlaube ich mir den kleinen, aber entscheidenden Hinweis: Bayern kennt keine Biologi-sche Stationen, wie wir sie seit 30 Jahren landesweit haben. Und auch diese 40 Einrichtun-gen, die genau dieser Aufgabe nachkommen und über vergleichbaren Trägerstrukturen wie die Naturparke verfügen, bekommen nach Inkraftsetzen der neuen FÖBS mehr Geld als jemals zuvor. 15,2 Millionen stehen für sie 2024 im Landeshaushaltsentwurf bereit.

Die inhaltliche Bestandsanalyse zeigt: die den bayrischen  Rangern zugewiesenen Aufga-ben werden hier sogar auf einem höheren Niveau als in Bayern erfüllt. Vermutlich sollten die beiden Pilot-Ranger ja am Niederrhein unterwegs sein. Wenn der von dort kommende geschätzte Kollege Dietmar Brockes den Anblick von Khaki-Uniformen und Rangerhüten braucht zur Erholung und Entspannung beim Wandern, dann kann er ja gerne in den Nati-onalpark Eifel kommen.

Zur politischen Bewertung des Antrags komme ich dann gleich noch.