Dr. Ralf Nolten zu TOP 4: Tierhaltung und Tierschutz in NRW"

24.01.2019

Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Wahrung des Tierschutzes ist vor allem über Haltungsverordnungen des Bundes für die einzelnen Tierarten bzw. -nutzungsrichtungen zu gewährleisten. Die Frage im gesellschaftlichen Diskurs zu klären, ob und in welchem Umfange auch Heimtierhaltung zu erfassen ist, stelle ich mir noch spannend vor.

Im Bereich des Herdenmanagements und der Gesundheitskontrolle haben wir Quantensprünge gemacht, wenn ich bedenke, wie vor 30 Jahren noch die Mastitis beim Melken diagnostiziert wurde. Heute werden Wiederkauaktivität, Gesamtaktivität und Gesundheitszustand für jede Kuh rund um die Uhr aus dem Stall gesendet.

Es gilt aber auch: wenn es bessere technische Unterstützung bei der Bestandsführung und –kontrolle gibt, wenn neue Haltungsverfahren zootechnische und kurative Eingriffe entbehrlich machen, muß der Aufwand über den Markt auch honoriert werden.

Bezüglich des Betreuungsschlüssels sind die Sachkunde und das Verantwortungsbewußtsein des Tierhalters zentral – wie bei allen Vorgängen in der Landwirtschaft.

Die Landesregierung verweist absolut zu recht auf das breite Beratungsangebot der Landwirtschaftskammer - zu tiergerechten Haltungssystemen und –formen, zu Detailfragen der sachgerechten Fütterung, Haltung, Hygiene und Gesundheit, zu Kontrolle und Vermarktung. Darüber hinaus gibt es ein breites Fortbildungsprogramm mit Vorträgen, Seminaren und Artikeln in der Fachpresse.

Unterstützt wird die Arbeit der Kammer durch die wissenschaftlichen Forschungsansätze. Die finanzielle Ausstattung, aber auch die inhaltliche Fokussierung auf Tierschutz und Tierhaltung im Forschungsschwerpunkt „umweltverträgliche und standortgerechte Landwirtschaft“ der Universität Bonn muss in unserem Blick sein. Aber ein neues wissenschaftliches Förderprogramm? Da teile ich die Auffassung, ggfs. über neue Förderinstrumente nachzudenken, wenn die Nutztierhaltungsstrategie konzipiert ist.

Wenn wir einen fachlich sehr gut auf die Tierhaltung hin ausgebildeten Berufsstand haben, dann liegt dies auch an der hochwertigen Ausbildung im dualen System. Wir preisen es immer als einzigartig in der Welt – zu Recht. Das gilt aber auch für den Ausbildungsberuf „Landwirt / Landwirtin“. Nicht mit dem Nürnberger Trichter, sondern unter Einbeziehung der eigenen betrieblichen Praxis lernen die Auszubildenden Konzepte artgerechter Tierhaltung.

Studien zeigen, dass gerade in der Landwirtschaft die Fort- und Weiterbildungsbereitschaft überdurchschnittlich hoch ist. Ob man über eine Pflicht zur lebenslangen Fortbildung nachdenkt? Ich weiß es nicht. Der in den Raum gestellte Sachkundenachweis wird seit Jahrzehnten diskutiert. Nur: Wer bietet ihn an? Wer ist Zielgruppe? Jeder Landwirt, der keine landwirtschaftliche Ausbildung hat? Jeder Hobbyhalter? Unabhängig von der Tierzahl? Ist Präsenz nötig oder gibt es auch e-learning –Kurse? Gibt es themenspezifische Kurse vor Ort?  Entscheidend wird sein, wie der Sachkundenachweis umgesetzt wird – pragmatisch oder bürokratisch? Die Antwort auf diese Frage kann ich mir schon denken – ganz schlank, ganz einfach...

„Ganz unbürokratisch“ ist auch das Stichwort zur Lösung der Zielkonflikte beim Umweltschutz. Bauliche und betriebliche Verbesserungen zur Steigerung des Tierwohls können zu höheren Emissionen führen. Warum gibt es nur für die ökologische Tierhaltung die Option, abweichende Regelungen zu treffen? Hier ist auf die neue TA Luft zu achten. Es muß meines Erachtens in der Förderperiode 2021-2027 auch vom Agrarinvestitionsförderungsprogramms (AFP) ein stärkerer Impuls ausgehen. Und: Was mache ich in Gebieten mit einer hohen Dichte von Tierhaltungsanlagen?
Stütze ich die Kommunen bei tierhaltungsbezogenen Bebauungsplänen?

Was die Umweltwirkungen der Nutztierhaltung betrifft, so haben wir Einzelaspekte wie der Nitratgehalt des Grundwassers bereits bei der Novellierung der Dünge-VO diskutiert. Nun müssen erst einmal die Effekte der Maßnahmen eruiert werden. Gleiches gilt für die innovative Behandlung von Wirtschaftsdüngern. Aber auch hier ist der Aussage: „Eine Verbringung nur auf dem Papier, ein Verschwinden von Nährstofffrachten in Biogasanlagen sollte verhindert werden“ uneingeschränkt zuzustimmen. Viele der genannten Maßnahmen zur Verringerung der Auswirkungen der Tierhaltung auf Wasser und Boden werden heute schon in der Praxis angewendet. Aber nicht immer und nicht von allen.

Bestandsabstockungen oder die Reduzierung der Viehbesatzdichten sollten nur ultima ratio sein – die komparativen Kostenvorteile sprechen für eine wettbewerbsfähige Produktion bei uns.

Noch einen Satz zum Umgang mit Schlachttieren, zur Tierschutzschlachtverordnung: ein tierschutzgerechter Umgang mit Schlachttieren, der Schutz der Mitarbeiter muß jederzeit gewährleistet sein. Punkt.

Kurzum: es ist ein faktenreicher Bericht, der zur Diskussion über Tierschutz und Tierhaltung einlädt.

Herzlichen Dank!