Florian Braun zu TOP 10 "Aus Freude am Lesen – Aktiven Umgang mit Literatur stärken"

26.01.2024

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

jetzt geht’s ums Lesen, vor allem um die Freude daran und was die Lektüre von Literatur bewirken kann.
Lesen ist Zugang zu Wissen und kritischem Denken, weckt Kreativität und Empathie.
Man lernt Gedanken zu gewichten, Behauptungen zu vergleichen und gegeneinander abzuwägen.

Bücher öffnen das Tor zur Welt und lassen die eigene Fantasie aufblühen. Der Vorstellungskraft freien Lauf zu lassen macht uns allen Freude, egal ob jung oder alt.

Neben dem Kennenlernen neuer Sichtweisen, neben den Denkanstöße und neben dem Eintauchen in andere Welten, ist das für mich etwas ganz besonders Faszinierendes:
Diese Prozesshaftigkeit des Lesens.
Während man also liest, entwickelt sich etwas.
Es entstehen Bilder im eigenen Kopf, man entwickelt Figuren weiter, man schaut in die Vergangenheit und macht sich Gedanken über die Zukunft und dabei nimmt es irgendwie auch Einfluss auf die Selbstfindung.

In einer Welt, die nie stillsteht, ist Lesen gleichzeitig ein hervorragendes Mittel zur Entschleunigung.
Oft erwische ich mich, wie man aufhört zu lesen und anfängt zu denken. Man selbst bestimmt das Tempo und den Umgang mit der Literatur.

Denken Sie alle einmal zurück, wie es für einen selbst war, Bücher zu entdecken und sich in stundenlanger, vielleicht auch nächtelanger Lektüre zu verlieren.
Lang ist es bei uns her und die Erinnerung sicher vielfach verschwommen.
Aber ich weiß noch sehr genau wie ich Bücher in jungen Jahren verschlungenen habe.
Wenn man diese Welt des Lesens als junger Mensch erstmalig für sich entdeckt, wie unvergleichlich muss das sein.

Also. Jetzt habe ich erst einmal erzählt, was Lesen und das Auseinandersetzen mit Literatur so besonders macht – zumindest aus meiner Sicht.

Wieso reden wir darüber hier im nordrhein-westfälischen Landtag?
• Weil wir wollen, dass mehr Menschen mit dem Lesefieber angesteckt werden. Dass mehr Menschen diese Freude im Umgang mit Literatur erfahren.
• Weil eine starke Vorstellungskraft und das eigenständige Denken und Hinterfragen wichtig für unsere Gesellschaft sind.
• Und weil wir traurigerweise wissen, dass die Kompetenzen im Bereich Lesen bei unseren Jüngsten in Teilen deutlich zurückgegangen sind.

LKuK,
wer lesen kann und die Bedeutung von gedruckten wie digitalen Texten erfasst, kann einen Schulabschluss machen, sich eine eigene Meinung bilden und sein Leben selbst in die Hand nehmen.

Daher: Gegen den Rückgang der Lesekompetenz und für den aktiven Umgang mit Literatur wollen wir etwas tun ––¬ nicht nur innerhalb des Schulgebäudes, sondern auch außerhalb.

Ideen dafür bietet der vorliegende, gemeinsame Antrag von CDU, SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP.

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Öffentliche Büchereien und Bibliotheken sind niedrigschwellige Orte der Begegnung, des Austausches und des Erlebens von Literatur.

Für mich war als Kind die Stadtbibliothek in Köln-Porz viele Jahre wie ein zweites Zuhause.
Oft habe ich Bücher direkt vor Ort ausgelesen, weil ich es nicht ausgehalten konnte.
Habe dann die maximal erlaubte Anzahl an Büchern, 25 waren es, mit nach Hause geschleppt.
Von „Was ist was?!“ über Prinz Eisenherz war damals alles dabei.

Ausgeliehene Bücher müssen natürlich gut behandelt und spätestens nach 4 Wochen zurückgebracht werden.
So lernen Kinder – ganz nebenbei – auch noch etwas über Verantwortung und das Prinzip des Teilens.
Diese kulturschaffenden und wissensvermittelnde Orte wollen wir stärken durch die Unterstützung von Kooperationen mit ehrenamtlichen Kräften und einen Zugang für Kinder und Jugendliche insbesondere aus bildungsferneren Strukturen fördern.

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Die Ergebnisse von Bildungsstudien des letzten Jahres haben uns schmerzlich vor Augen geführt, dass es um die Lesekompetenzen der Schülerinnen und Schüler besser bestellt sein sollte.
Im Bereich der Schulpolitik hat die schwarz-grüne Koalition bereits einige Maßnahmen angestoßen, um das Erlernen der Basiskompetenzen an unseren Grundschulen zu erleichtern.
Zu Beginn des Schuljahres hat Schulministerin Feller z. B. eine Erhöhung der verbindlichen Lesezeit eingeführt.
Danke, Ministerin Feller für Ihren Einsatz.

Klar ist, und darüber haben wir schon im letzten Plenum gesprochen: Das Erlernen von Sprache, Lesen und Schreiben kann nicht alleine in Schule stattfinden, dafür braucht es auch das Engagement zuhause in der Familie.

Einen wirksamen Beitrag können ebenso dritte Orte schaffen.
Können Netzwerke und Initiativen schaffen, die Kinder an die Hand nehmen und gemeinsam mit ihnen Lesen.
Solche Lesepaten und Lesementoren sind Gold wert und leisten ihren Teil, um die heute in Rede stehende Freude am Lesen zu wecken und zu fördern.

Daher adressieren wir mit unserem Antrag eben diese Netzwerke und Institutionen.
Wir wollen sie besser vernetzen, wir wollen sie bekannter machen und ihre Ideen und Qualifikationen einbeziehen.

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Neben den besprochenen Bibliotheken und Lesepaten gibt es weitere Anlaufstellen, die sich für den aktiven Umgang mit Literatur engagieren. Da wären unsere vom Land geförderten fünf Literaturbüros in Nordrhein-Westfalen, die Autoren beraten, Schreibwerkstätten durchführen und Lesungen organisieren.
Zukünftig sollen sie verstärkt einen Fokus auf Kinder- und Jugendliteratur legen, um den Zugang zur Literatur für junge Menschen zu fördern und zu erleichtern.

Und dann wären da noch unsere Literaturfestivals.
Allen voran das Aushängeschild: Die LIT.Cologne.
Zum 24. Mal wird das mittlerweile größte Literaturfest Europas im Herzen unseres Landes stattfinden.
Als Kölner bin ich da besonders stolz und vorfreudig.
Mit der Lit.Kid richten sich zudem eine Reihe an Veranstaltungen direkt an Kinder und Jugendliche – von Vorlesebüchern für die Kleinsten bis zur Teenie-Literatur um die Neugier auf die Welt der Literatur beim Nachwuchs zu wecken.

Diese Festivals sind Multiplikatoren und Botschafter für Literatur und Kultur.

Deshalb wird es auch darum gehen diese Initiativen zur Vermittlung von Literatur weiter zu unterstützen.
Es schlummern viele Talente in den Köpfen der Kinder und Jugendlichen.
Gemeinsam schaffen wir den Entfaltungsspielraum und die Freude daran.

Kurzum: Es gibt viele gute Gründe und viele gute Ideen.
Ich bitte Sie daher herzlich um Zustimmung für diesen interfraktionellen Antrag.
Zur Stärkung des Lesens und der Literatur in Nordrhein-Westfalen.

Vielen Dank.

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