Florian Braun zu TOP 3 "Digitale Bildung in Zeiten der Corona-Pandemie und danach"

27.05.2020

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Digitalisierung in der Bildung ist seit Jahren nicht auf dem Stand wie sie sein könnte und wie sein müsste.
Diverse Studien belegen das.
Und auch wir als Politik haben das schon vor einiger Zeit verstanden.
Nur ist die Umsetzung leider bisher vielerorts zu behäbig.
Wir wissen, dass das an mehreren Faktoren liegt:

- An der (fehlenden) digitalen Infrastruktur bis zu den Schulen
- An der (fehlenden) technischen Ausstattung in den Schulen bei Lehrern und Schülern
- An dem (fehlenden) technischen und pädagogischem Knowhow der Lehrkräfte, auch an der teils fehlenden Bereitschaft sich damit auseinanderzusetzen und fortzubilden
- An (fehlenden) ergänzenden Digitalfächern als auch eine curriculare Einwebung von Digitalisierung in allen Fächern
- An (fehlender) Rechtssicherheit zur Einsetzung der digitalen Werkzeuge oÄ
- An (fehlender) finanzieller Ausstattung durch Kommune, Land und Bund
- An bürokratischen und administrativen Hürden

Das dürfen aber auch keine Ausreden sein.
Ausreden haben wir in der Vergangenheit viel zu viele gehört.
Wir haben deshalb mit Regierungsübernahme 2017 erklärt, Verantwortung zu übernehmen um die Digitalisierung an den Schulen zu treiben.
Ich werde es nicht schönfärben, lasse es uns aber auch nicht kleinreden.

- Teil-Erfolg: 2017 hatten gerade mal 12% der Schulen in NRW einen Glasfaseranschluss, Ende letzten Jahres waren bereits 22% gigabitfähig und weitere 44% haben bereits eine Förderung bewilligt bekommen und werden derzeit angeschlossen.
- Teil-Erfolg: Haben alleine von 2018 auf 2019 die Quote der WLAN-fähigen Klassenzimmer von 30 auf 40 % erhöht
- Teil-Erfolg: Abgeschlossene Verhandlung mit Bund zum Digitalpakt
- Teil-Erfolg: Einführung des Fachs Informatik ab dem nächsten Schuljahr
- Teil-Erfolg: Pilotierung der Schul-Software Logineo
- Teil-Erfolg: Den Zugang zu den Mitteln aus Gute Schule 2020 verbessert und auf die Ausschüttung stärker auf die digitale Ausstattung von Schule fokussiert.

Ich gebe aber offen zu, dass ich mir selbst noch mehr erhofft habe.
Und wie in so vielen Bereichen, bin ich davon überzeugt, dass die Corona-Krise mit all ihren negativen Folgen, hierbei auch etwas Gutes bezweckt hat:

1. Schonungslose Offenlegung wo die Digitalisierung der Schule momentan an ihre Grenzen stößt

2. Zwangauseinandersetzung mit Hard- und Software und digitalen Elementen im Unterricht:
Schüler und Lehrer lernen derzeit unheimlich viel, Schule lernt zurzeit unheimlich viel.
An vielen Stellen sieht man die Möglichkeiten, die Simplizität der Systeme wo man zuvor noch Gefahren durch Unkenntnis sah.
Lehrer und Schüler haben vielfach Spaß sich mit den neuen Möglichkeiten auszuprobieren, kreativ zu sein mit neuen Lernformaten.
Das ist eine gute Grundlage für eine breite Verbesserung.

Diese Dynamik müssen wir als Politik nun aufgreifen und nutzen.
Jetzt sind wir erst recht gefordert, die Rahmenbedingungen für eine digitale Zukunft an den Schulen zu schaffen
– und zwar schneller als bislang geplant und auch schneller als es bislang möglich erschien.

Natürlich werden wir auch in zwanzig Jahren nicht die idealen Voraussetzungen für ein flächendeckendes „Lernen auf Distanz“ oder Homeschooling geschaffen haben
– weil das auch nicht unser Ziel ist!
Lehre soll in Schule stattfinden.
Im Zusammenleben von Lehrkräften und Schülern.
Aber diese Lernwelt muss durch digitale Mittel und Inhalte angereichert werden.
Das ist unser Ziel.

Mit diesem Antrag wollen wir die unmittelbarsten Notwendigkeiten klären.
Die Schulen brauchen funktionierende Lernplattformen.
Das kann Logineo sein als Dateiaustauschplattform, muss aber mindestens ergänzt werden um eine Kommunikationsplattform mit Messenger und Videochat. Deshalb fordern wir nicht nur eine Beschleunigung des Rollouts, sondern auch eine Erweiterung des Angebots.

Viele stellen sich die Frage, welche Kommunikationsdienste mindestens übergangsweise und unter welchen Voraussetzungen zum Einsatz kommen können. Als CDU-Fraktion formulieren wir an der Stelle den Anspruch, dass das Ministerium den Schulen hierzu sehr zeitnah Antworten zu Datenschutz und Datensicherheit geben muss, um trotz der besonderen Lage Sicherheit im System zu schaffen.

Schüler, Lehrer und Eltern erwarten und verdienen umfassende Antworten auf die derzeit ganz praktischen, alltäglichen Fragen.
Denn sie alle leisten in der Krise ihren Beitrag. Dafür möchte ich ihnen an dieser Stelle herzlich danken. So viele engagierte Menschen, die das beste aus der Situation machen und ihren Beitrag zur Krisenbewältigung beitragen: Schüler wie Lehrer wie Eltern.

Natürlich kann keiner von uns das weitere Infektionsgeschehen absehen.
Aber mit den jeweils vorhandenen Situationen müssen wir eben arbeiten und die Schulen arbeitsfähig halten. Und nochmal: Dafür braucht es klare Vorgaben für die Betroffenen wie man technisch und möglichst rechtssicher die besonderen Umstände meistert.

Unser oberstes Credo ist Chancengerechtigkeit durch Bildung.
Das ist der Maßstab für unser Handeln und für unsere politischen Forderungen gegenüber der Landesregierung.

Ich begrüße die vorgelegten Impulse der Landesregierung, die auch eine weitere Beschleunigung des digitalen Ausbaus und der digitalen Ausstattung von Schule vorsieht. Gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden müssen nun Wege aufgezeigt werden, wie wir die Lehrkräfte mit dienstlichen Endgeräten ausstatten können.

Genauso begrüße ich den Plan der Bundesregierung mit 500 Millionen Euro Soforthilfe die Ausstattung mit digitalen Endgeräten von Schülerinnen und Schülern von finanzschwächeren Familien zu unterstützen. Das muss schnellstmöglich real werden.

Genauso muss der Mittelfluss aus dem Digitalpakt angepackt werden:
Wir müssen die Schulen noch besser an die Hand nehmen um Förderung zu erleichtern und Geld fließen zu lassen.
Im Landesschnitt fühlen sich ca. 50% der Schulen über die Rahmenbedingungen des Digitalpakts gut informiert und haben bereits einen Antrag zur Förderung gestellt.
D.h. aber zeitgleich, dass 50% da noch blank sind.
Wir bitten das Ministerium hieran gemeinsam mit dem Bund zu arbeiten auch durch eine Vereinfachung der Beantragungsstrukturen.

Da die Schulferien nicht mit 6 Wochen berufsfrei gleichzusetzen sind, muss man direkt dieses Zeitfenster für Lehrkräftefortbildungen nutzen. Wir erwarten eine Angebotserweiterung seitens MSB. Die Bedeutung von Lehrerfort- und -ausbildung haben wir in den letzten drei Jahren und ich persönlich in meinen Reden hier am Pult deutlich gemacht. Ich unterstreiche hiermit noch einmal unseren Wunsch um Erweiterung des Angebots – quantitativ wie qualitativ und jetzt mit unmittelbarem Fokus auf die pädagogischen Corona-Voraussetzungen mit „Lernen auf Distanz“.

Das alles und noch einiges mehr finden Sie in unserem vorliegenden Antrag. Ich bitte um Zustimmung, damit unmittelbar den Schülern, Lehrern und Eltern geholfen werden kann.

Eine Annahme des Entschließungsantrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kann ich nicht empfehlen. Jetzt über eine Verstetigung von Fördermitteln zu diskutieren, während wir ad hoc Lösungen finden und erst einmal die bisherigen Millionen zur Auszahlung bringen müssen, ist fehl am Platz.

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