Frank Boss zu TOP 4: "Recht auf Wohnen"

25.03.2022

Sehr geehrte/r Herr / Frau Präsident / Präsidentin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

in dem vorliegenden Antrag werden zwei Forderungen dargestellt:
• Zum einen die Forderung nach einer Verankerung des „Rechts auf Wohnen“ in unserer Landesverfassung.
• Und zum anderen die Forderung nach mehr bezahlbaren Wohnraum.

Erlauben Sie mir, zunächst auf die verfassungsrechtliche Fragestellung einzugehen.

Sehr geehrte Damen und Herren von den Grünen, sie weisen in ihrem Antrag selbst darauf hin, dass wir in NRW das Recht auf Wohnen als sogenanntes Staatszielbestimmung verankert haben.

Ich bin kein Verfassungsrechtler, aber ihre Forderung nach einem expliziten Recht auf Wohnen in der Verfassung ist auch in den von ihnen aufgelisteten Vergleichsländern kein subjektives und einklagbares Recht. Vielmehr werden in der Rechtsprechung und in der Literatur diese verfassungsrechtlichen Verankerungen ausgelegt als Staatszielbestimmung, wie wir sie ausdrücklich in NRW haben.

Wenn Sie, liebe Grüne, aber ein subjektives einklagbares Recht auf Wohnen möchten, dann muss es im Gegenzug auch eine Pflicht zur Annahme des zur Verfügung gestellten Wohnraums geben.
Dies könnte dann im ländlichen Raum sein, der, wie sie selbst darstellen, über Leerstand klagt. Ich glaube nicht, dass dies im Interesse aller ist.

Unsere Landesregierung unternimmt zahlreiche Anstrengungen, um dem Staatsziel gerecht zu werden.

Und somit komme ich zu Ihrem zweiten Forderungskomplex.
Ja, der Wohnraum in den Ballungsräumen ist knapp. Und die aktuellen Entwicklungen im Baukostensegment führen auch nicht dazu, dass Wohnraum zeitnah wesentlich günstiger wird.
Wohnraum wird nur günstiger, wenn er in ausreichendem Maße zur Verfügung steht.

Und das heißt: bauen, bauen, bauen.

In Ihrem Antrag fordern Sie, dass die Kommunen selbst Grundstücke erwerben und bebauen, um ohne Gewinnmaximierungsinteressen – wie sie es nennen – zu bauen.
Auch dies ist eine unüberlegte Darstellung, denn aufgrund der aktuellen Marktlage, wird die Kommune nicht an günstigere Baustoffe kommen. Die Kommune wird mit ihren kommunalen Beschäftigten auch nicht selbst zur Maurerkelle greifen und bauen, sondern sie werden bauen lassen. Ob wir bei Einhaltung von Ausschreibungen und kommunalverfassungsrechtlichen Vorschriften schneller im Wohnungsbau vorankommen, möchte ich bezweifeln.

Im vorliegenden Antrag heißt es weiter, dass den Gemeinden und Kommunen nun flächendeckend vorzuschreiben sei, mit welcher Quotierung der Wohnungsbau zu erfolgen hat. Dies erachte ich für falsch!
Da, wie schon erwähnt, die Wohnungsmarktsituation von Region zu Region unterschiedlich ist, sollen es die einzelnen Kommunen und besonders die betroffenen Städte doch besser selbstentscheiden, welche Maßnahmen die Richtigen sind.

Nehmen Sie doch mal das Beispiel hier vor der Haustür: Düsseldorf. Düsseldorf hat vor Jahren, als CDU geführte Landeshauptstadt, ein Handlungskonzept Wohnen erarbeitet.
Und entgegen den Äußerungen in ihrem Antrag, liebe Grüne, sind in Düsseldorf seit 2018 mehr preisgebundene Wohnungen dazugekommen, als dass Alte aus der Bindung entfallen sind. So kann es also auch gehen!

Erlauben Sie mir noch einen Hinweis zum speziellen Thema Generationengerechtigkeit:

Für mich heißt Generationengerechtigkeit auch, dass wenn ich vielleicht im Studium eine Wohnung mit Wohnberechtigungsschein bezogen habe, dass ich diese auch wieder freigebe, wenn ich voll im Berufsleben stehe und weit über der WBS-Grenze von 20.400 Euro netto im Jahr liege. Damit lassen sich sicherlich zahlreiche Wohnungen wieder auf den Markt zurückführen.

Meine Damen und Herren,

ja, es ist richtig, dass wir einen angespannten Wohnungsmarkt in den Ballungsgebieten haben. Und ich bin froh, dass wir mit unserer Bauministerin Ina Scharrenbach eine engagierte und zielorientierte Frau haben, die sich dieses landesweiten Problems annimmt.
Das Land NRW investiert allein in 2022
1,3 Milliarden (!) Euro in den öffentlich geförderten Wohnungsbau.
Mit der aktuellen Wohnraumförderung verfolgt die Landesregierung das Ziel, mehr geförderten und somit bezahlbaren Wohnraum in allen Marktsegmenten zu schaffen. Dazu gehört die Förderung von Mietwohnungsneubau, die Wohnraumsanierung, aber auch die Möglichkeit der Umwidmung von z.B. Gewerbeimmobilien in Wohnimmobilien.
All das hat für mich mit sozialer, nachhaltiger und generationengerechter Wohnungspolitik zu tun.

Daher lehnen wir diesen Antrag hier ab.
Vielen Dank!