Frank Rock zu TOP 2 "Schulpolitische Halbzeitbilanz"

23.01.2020

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,

der vorliegende Antrag der SPD Fraktion beginnt mit einem Zitat von Molière zum Thema Verantwortung. Informiert man sich über das Leben des von Ihnen zitierten Franzosen mal genauer, stellt man fest, dass dieser im 17. Jahrhundert lebte und Theaterdirektor, Dramatiker und Schauspieler war. Die berufliche Perspektive des klugen Franzosen passt wie so häufig zu den Anträgen der Opposition hier im Landtag, Schauspiel, Getöse und große Worte ohne, und das bedauere ich sehr, ohne eigene Vorschläge für Lösungen vor den Herausforderungen die wir unweigerlich haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie mir die Chance geben über diesen hier vorliegenden Antrag zu reden, dann kann ich es Ihnen nicht ersparen, gemeinsam nochmals den Blick nach hinten zu richten.
Im Jahr 2017 im Jahr der Landtagswahl, bzw. auch in den Vorjahren konnte man zunehmend feststellen, dass die Menschen in NRW sehr sehr unzufrieden waren mit der Bildungspolitik der damaligen Regierung. Man kann auch sagen, dass die verfehlte Schulpolitik der Vorgängerregierung unter Führung der grünen Bildungsministerin u.a. zum Absturz der Grünen auf 6,4 % minus 4,9 % entscheidend beigetragen hat. Der Stimmenanteil halbierte sich fast. Das wurde in Teilen ja schon anerkannt und führte auch zu der Entschuldigung
Sylvia Löhrmanns, ich zitiere mit Erlaubnis der Ministerin: „Es tut mir leid!“ Die Entschuldigung kam leider zu spät aber zu recht.
Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass wir im Sommer 2017 einen kranken Patienten, bzw. ein marodes Unternehmen übernommen haben.
Und das haben wir gerne gemacht, da wir bis heute der festen Überzeugung sind, die besseren Ideen und Konzepte zu haben.
Kommen wir nochmals zurück zum kranken Patienten. Was machte den Patienten so krank? Das ist einfach und sollte hier nochmals kurz dargestellt werden: die brutale Umsetzung der Inklusion, das Aufbrechen von gewohnten Strukturen, die Schließung von Förderschulen, aber auch von Hauptschul -und Realschulen, der ideologische Kampf gegen das gewohnte und größtenteils bewährte dreigliedrige Schulsystem, das Beharren an G8 und die vielen vielen nicht angepackten Ungerechtigkeiten im schulischen Bereich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was machen Ärzte und auch Insolvenzverwalter in solchen Situationen? Ja, sie machen erstmal eine Analyse, eine Diagnose bzw. eine Bestandsaufnahme im unternehmerischen Sinne.
Über Ihren Vorwurf die Landesregierung hat Ihre Regierungszeit bisher vornehmlich für das Betrachten,
Analysieren und Auswerten genutzt, kann ich mich nur wundern, denn hätten Sie in Ihrer Regierungszeit nur einmal betrachtet und analysiert, wäre Ihre Schulpolitik nicht so krachend gescheitert. Wir handeln im Dreiklang: Zuhören, Entscheiden, Handeln und vor allem mit Ruhe und Gründlichkeit.
Hierzu einige Beispiele:
Wir haben eine Lehrerbedarfsanalyse erstellen lassen, die die Grundlage unseres Handelns ist. Die gab es bei Ihnen nicht.
Wir haben die Lehrerfortbildung von unabhängigen Experten überprüfen lassen, leider mit verheerenden Ergebnissen.
Dies gab es bei Ihnen nicht.
Wir haben mit der Einbringung von Qualitätskriterien in der Inklusion umgesteuert. Die gab es bei Ihnen nicht.
Wir haben in rekordverdächtiger Zeit einen gemeinsamen gesellschaftlichen Konsens für den Umbau von G8 wieder auf G9 geschaffen. Den gab es bei Ihnen nicht.
Wir haben mit drei Maßnahmenpakete über 1700 weitere Stellen im Grundschulkapitel geschaffen. Die gab es bei Ihnen nicht.
Wir haben 1200 weitere Stellen für soziopädagogische Fachkräfte in der Schuleingangsphase geschaffen und diese größtenteils nach einem Sozialindex verteilt. Diese gab es bei Ihnen nicht.
Wir haben mehr als 6000 Stellen, bei denen sie einen Vermerk (Können Wegfallen) gesetzt hatten, dauerhaft im Haushalt gesichert. Diese wäre bei Ihnen nicht mehr vorhanden gewesen.
Wir haben fast 100 neue Stellen in den Beratungsstellen für die Schulen geschaffen, die vor allem bei oder gegen Diskriminierung, Salafismus und Antisemitismus agieren. Die gab es bei Ihnen nicht.
Wir haben mit dem Moratorium das Förderschulsterben im Land gestoppt und somit die sonderpädagogische Expertise in unseren Förderschulen gestärkt. Das gab es bei Ihnen nicht.
Wir haben mit der deutlichen Erhöhung der Landeszuschüsse von über 20 % für den Offenen Ganztag die Grundlage geschaffen, dass mehr Geld für den Ganztag auch für die Qualitätsverbesserung zur Verfügung steht. Auch das gab es bei Ihnen in der Höhe nicht.
Und zu guter Letzt, haben wir die Ausbildungskapazitäten an den Hochschulen in den drei Jahren beim Grundschullehramt um mehr als 700 und beim Lehreramt der Sonderpädagogik um 750 Plätze gesteigert. Und auch das haben Sie in den letzten 7 Jahren nicht annähernd gemacht.
Ich könnte hier noch weiteres Aufzählen, was schon alles geschafft worden ist, woran Sie nie daran gedacht hätten.
Und es hört schon ein großes Selbstbewusstsein dazu, ich würde fast sagen eine Unverschämtheit sich dann hier Anfang des Jahres hinzustellen und zu sagen: wir sollten mal endlich anfangen. Anscheinend haben Sie ihre schulpolitische Demenz auch nach fast drei Jahren noch nicht ablegt.
Sie können und dürfen kritisieren, dass wir in Ihren Augen das Falsche machen, aber sie können doch nicht ehrlich behaupten, wir hätten nichts getan.
Und liebe Kolleginnen und Kollegen, im Gegensatz zu der Vorgängerregierung sprechen wir die Dinge und Probleme an und verniedlichen und verharmlosen nichts. Wir wissen um die Not bei der Lehrerversorgung und ringen jeden Tag um weitere Ideen. Ihr einziger Vorschlag, dass mit der Besoldungserhöhung das Problem gelöst werden kann, läuft wegen der breiten Streuung völlig ins Leere. Liebe Damen und Herren in der SPD, die fast siebenjährige Ausbildung geht auch
nicht schneller, wenn das Gehalt anschließend höher ist. Sie tragen eine große Mitverantwortung für die Misere bei der Lehrerversorgung, sie haben Frau Löhrmann einfach machen lassen und ihren Koalitionspartner freie Hand gelassen. Wir würden uns hier auch eine konstruktivere Zusammenarbeit wünschen und nicht nur leere Worthülsen und Verunsicherungen für die Kolleginnen und Kollegen.
Und ihre dauernden Erklärungen und Erläuterungen, dass diese unsere Politik uns auf die Füße fallen würde, mag richtig sein, beruht aber nur darauf, dass sie ja gebranntes Kind sind, nach 7 Jahren rot-grüner Schulpolitik.
Ihr Vermächtnis bei der Umsetzung der schulischen Inklusion, welches einen nachhaltigen enormen Schaden angerichtet hat,
können auch wir durch unser Umsteuern nicht direkt ändern. Sie haben vertrauen zerstört und alle Beteiligten im Regen stehen lassen. Die von Ihnen immer viel kritisierten Qualitätskriterien greifen erst seit Sommer des letzten Jahres für und nur für die neuen und jetzigen 5. Schuljahre. Das Chaos mit nicht zugewiesenen Stellen und nicht vorhandener sonderpädagogischer Expertise beruht doch noch auf Ihrer Politik der Gießkanne und Nichtsteuerung. Jedes Jahr werden jetzt in den neuen 5. Schuljahre die Kriterien angewendet und u.a. erhebliche Personalkapazitäten zugewiesen und dies wird für eine deutliche Verbesserung sorgen.
Ja und auch wir wissen, dass die Inklusion weiterhin eine riesige Herausforderungen ist, und versuchen an den Standorten wo diese besonders groß sind auch zu helfen, aber sie suggerieren ja immer in Ihren Darstellungen, dass das überall im Land nicht klappt. Und das ist mitnichten so und das wissen Sie auch.
Ein sehr gutes Beispiel in Sachen Inklusion ist das dauernde Basching der Gymnasien. Das bringt uns bei den großen Herausforderungen der steigenden Heterogenität in den Klassen nicht einen Schritt weiter. Wir möchten die Schulen mit Fortbildungen und sehr guten Schulkonzepten zu wirklichen inklusiven Schulen fortbilden und weiterentwickeln und dann werden sich zukünftig auch weitere Schulen auf den Weg machen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die NRW Koalition hat im schulischen Bereich schon viele Felder bis zur Halbzeit abgeräumt und den schwerfälligen Tanker „Schule“ in die richtige Richtung gelenkt. Und wir werden die nächsten Wochen und Monate im zweiten Teil dieser Legislaturperiode nutzen, weiter gute Politik für die Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer zu machen, um den kranken Patienten nach und nach zu heilen. Der Masterplan Grundschule, ein neues Schulfreiheitsgesetz
und weitere Maßnahmen gegen den Lehrermangel werden höchste Priorität haben.
Hierzu benötigen wir keine negativen Worthülsen wie „Bildungsnotstand“, sondern ein tägliches Arbeiten an den Herausforderungen in unseren Schulen.
Wer negativ denkt, darf nichts positives erwarten. In diesem Sinne freue ich mich auf die weiteren interessanten Gespräche und möchte ich für die Aufmerksamkeit danken