Gesetz zur Regelung des Jugendstrafvollzuges und zur Änderung des Vollzugsgesetzes in Nordrhein-Westfalen

06.04.2017
Jens Kamieth MdL, Sprecher des Rechtsausschusses

Sehr geehrte Frau Präsidentin, gleich wird der Landtag das „Gesetz zur Regelung des Jugendstrafvollzuges“ sowie weitere Änderungen der nordrhein-westfälischen Justizvollzugsgesetze beschließen. Eines zeigt das Gesetz aber ganz deutlich: Grundsätzlich hat Nordrhein-Westfalen ein gutes Jugendstrafvollzugsgesetz seit dem Jahr 2008; ein Jugendstrafvollzugsgesetz, das auch im Ländervergleich gut abschneidet. Daher besteht kein Bedarf für maßgebliche und grundsätzliche Änderungen. Es ist keine grundlegende Reform, sondern eine moderate Anpassung – mit positiven Aspekten, aber auch mit kritikwürdigen Aspekten. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen die im Strafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen festgelegten Standards auf die bestehenden Vollzugsgesetze übertragen werden. Hier liegt auch schon das Grundübel: Wir hatten einen eigenen Vorschlag eines Strafvollzugsgesetzes vorgelegt, als Grundlage für einen modernen und sicheren Strafvollzug. Mit unserem Entwurf beabsichtigen wir vor allem, den Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten höher zu gewichten und dabei gleichzeitig den Opferschutz und die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten. Diese beiden Vollzugsziele – die Sicherheit der Allgemeinheit und die Wiedereingliederung der Gefangenen in die Gesellschaft – sind dabei gleichrangige Vollzugsziele. Dennoch möchte ich auch einige Aspekte des Entwurfs herausgreifen: Positiv ist dabei die Einführung zusätzlicher Instrumente zu erwähnen: Sinnvolle und überfällige Rechtsgrundlage für das Auslesen von unerlaubt eingebrachten Datenträgern Die Erweiterung des Verbots von Besuchen ist angesichts der Bekämpfung von extremistischen Verhaltensweisen sinnvoll elektronische Aufenthaltsüberwachung erkennungsdienstliche Maßnahmen mit dem Ziel der Identifizierung mittels Fingerabdrücken im Bereich der U-Haft Inhaltskontrollen von Schriftwechseln aus Gründen der Sicherheit und Ordnung während der U-Haft Aber wir haben auch kritikwürdige Aspekte: Erst jetzt wird die Videoüberwachung in Hafträumen bei der Suizidprävention wieder ermöglicht - dies war bereits bis zum Inkrafttreten des Landesstrafvollzugsgesetzes im Januar 2015 in NRW möglich. Erst das Strafvollzugsgesetz der rot-grünen Landesregierung hat diese Möglichkeit massiv eingeschränkt. Aber: Wie dies nun geregelt wird, ist völlig überbürokratisiert. Und das ist das 2. Grundübel des Gesetzes: Zu viele Berichtspflichten, zu viel Bürokratie. Dadurch wird der Alltag der Strafvollzugsbeamten unnötig kompliziert. Diese ausufernden Kontrollen sind Ausdruck der Misstrauenskultur im Justizministerium und bei SPD und Grünen gegenüber dem Strafvollzug. Diese machen wir nicht mit. Das Gesetz schafft außerdem zusätzlichen Personalaufwand. Es erhöht durch zahlreiche Neuregelungen den Bedarf an Sach- und Personalmitteln im Justizvollzug, die aber nicht gleichzeitig vom Land zur Verfügung gestellt werden. Die Ausweitung der Vollzugsgestaltung muss mit bestehenden Mitteln der JVAs erbracht werden. Der Bund der Strafvollzugsbediensteten beziffert den Bedarf an Stellen für die sachgerechte Umsetzung des neuen Gesetzes mit 325! Das Jugendstrafvollzugsgesetz schafft weitere Aufgaben und macht somit zusätzliche Stellen erforderlich. Die bereits jetzt sehr angespannte Lage in Bezug auf Personal wird sich durch den weiteren Aufgabenzuwachs verschärfen. Es ist daher bedauerlich, dass die Mehrkosten für die Umsetzung des Gesetzes von der Landesregierung negiert werden. Nach Bayern und Sachsen weist NRW übrigens die schlechteste Bediensteten-Gefangenen-Relation auf. Nicht zuletzt aus diesen Gründen der Personalknappheit hatten wir als CDU uns beim Strafvollzugsgesetz einen anderen Entwurf vorgestellt. Zudem hätten wir uns praktikablere Regelungen erhofft. Angesichts der Kurzfristigkeit der Einreichung des FDP-Änderungsantrags werden wir uns zu diesem enthalten. Eine gründliche Prüfung der Vorschläge war uns in der Kürze der Zeit nicht möglich. Ich danke den Kolleginnen und Kollegen für die sachlichen und konstruktiven Gespräche mit Hinblick auf tragfähige Änderungen des vorliegenden Gesetzes. Den im Ausschuss diskutierten Änderungsantrag tragen wir als CDU mit, bei dem Gesamtpaket ist uns dies leider nicht möglich. Um den guten Aspekten darin aber nicht im Wege zu stehen, werden wir uns enthalten. Vielen Dank!

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