Gründung eines Beirates für die niederdeutsche Sprache und niederdeutsche Heimat

25.04.2018
Heike Wermer MdL zu TOP 12

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren,

mit der Gründung eines Heimatministeriums wurde ein wichtiges Anliegen der NRW-Koalition umgesetzt: den Heimatbegriff aufwerten, den Heimatgedanken stärken und mehr noch: die Menschen in ihrer Heimat stärken. Deshalb ist es für uns nur schlüssig, dass wir auch das Niederdeutsche, für viele einfach nur das Plattdeutsche oder Platt, stärken. Denn das Plattdeutsche ist nicht nur einfach ein Dialekt des Deutschen wie z.B. das Kölsche, sondern eine eigenständige Sprache, eine Regionalsprache. Für einen großen Teil unserer Bevölkerung – vor allem in Westfalen und Lippe – ist das Platt ein Zeichen von Identität und Verbundenheit mit den eigenen Wurzeln. Deshalb hat sich mein Kollege Henning Rehbaum auch schon früher dafür eingesetzt und hier im Plenum auf Platt gesprochen. Was bei ihm gut geklappt hat, „dat klappt bi mi leider nich. Miene Öllern hebt met mi nich Platt kürt.“ Dass meine Eltern mit mir kaum Platt gesprochen haben, hatte den Grund, dass sie in ihrer Kindheit und Jugend Nachteile durch das Sprechen des Plattdeutschen erfahren mussten. Es wurde auch kaum schulisch thematisiert. Das Platt konnte also von Generation zu Generation kaum weitergetragen werden. Aber nach wie vor ist das Platt prägend und lebendig für unsere Heimat: Ich selbst habe es Zuhause auf dem Hof durch meine Großeltern zu verstehen und in Ansätzen zu sprechen gelernt. Und auch wenn ich bei uns im Dorf unterwegs bin, so kümp man foarts to’n kürn – wie man bei uns so sagt. Manche sagen auch „proaten“ dazu. Dieser informelle Plausch, gerne auf Platt: das ist immer ein Teil des Heimatlebens. Aber nicht nur in der Gemeinschaft und Gesellschaft vor Ort, auch in der Wissenschaft – ich habe hierzu selbst als Wissenschaftliche Mitarbeiterin geforscht – stellt sich eine bedeutende Frage: Platt ist ein wesentlicher Bestandteil von Heimat (vor allem) in Westfalen. Wie aber kommen heute noch Kinder damit in Berührung? Was für ein Verständnis haben sie von Platt? Wie können wir hier Sprach- und Heimatförderung betreiben? Ist es nicht wichtig, dass es – gerade für Kinder – auch selbstverständlich sein sollte, dass das Platt (zumindest in bestimmten Regionen NRWs) als Sprache erfahren werden kann? Wir setzen uns ja auch an anderer Stelle für Mehrsprachigkeit ein. Wir als NRW-Koalition wollen das Platt und vor allem diejenigen unterstützen, die sich mit ihrem Engagement und Herzblut hierfür einsetzen, sowohl im Ehren- als auch Hauptamt.

Darunter zählen

  • die Heimatverbände,
  • Literaten,
  • Gesprächskreise,
  • Vereine
  • oder Laienbühnen,
  • die Fachstelle „Niederdeutsch“ im Westfälischen Heimatbund,
  • der Bundesraat för Nedderdütsch,
  • die beim LWL angesiedelte Kommission für Mundart- und Namenforschung Westfalens (kurz: KoMuNa)
  • und die Universitäten, beispielsweise die Uni Paderborn oder Münster mit dem Centrum für Niederdeutsch.

Wir als NRW-Koalition wollen einen echten Beirat für die niederdeutsche Sprache und Heimat ins Leben rufen, kein Koordinierungstreffen, wie es bislang der Fall war. Wir wollen einen Beirat, der breit aufgestellt und mit festgelegten Kompetenzen ausgestattet ist – das ist auch der Wunsch der Beteiligten! Im Norden sagt man so schön in der Kneipe: Nich lang schnacken, Kopp in Nacken. In Westfalen auf der Baustelle, wenn man vorankommen will, sagt man: Nich so viel küern, müern! In diesem Sinne streben wir einen Beirat an, wie ihn andere Bundesländer schon längst haben. Wir brauchen einen Beirat, von dem Impulse für unsere landespolitische Arbeit ausgehen. Darunter kann die Evaluierung der Umsetzung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen fallen, wie auch die Empfehlung, wie wir Kinder für das Plattdeutsche sensibilisieren. Für etwaige Umsetzungsvorschläge sind wir offen. Es wäre doch toll, wenn die Kinder in naher Zukunft über ihre Heimat sagen können: Kehr, wat is dat schön in NRW!

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