Heike Wermer zu TOP 1 „Katastrophe in Moria – Was will Ministerpräsident Laschet? Schnelle Aufnahme oder Warten auf eine europäische Lösung?“

16.09.2020

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren,
bereits vor Monaten haben wir hier im Landtag über die Situation auf den griechischen Inseln beraten und schon damals war die Lage in der Aufnahmeeinrichtung auf Lesbos besorgniserregend. Aus diesem Grund möchte ich zunächst unserem Ministerpräsidenten Armin Laschet und unserem Integrationsminister Dr. Joachim Stamp meinen Dank aussprechen: Dass sie sich in den vergangenen Wochen und Monaten beherzt für eine Verbesserung vor Ort, für einen stärken Beitrag Deutschlands hinsichtlich einer europäischen Lösung ausgesprochen haben. Dass sie in Berlin Druck ausgeübt und den griechischen Behörden und Hilfsorganisationen Unterstützung zugesagt haben. Das zeigt eindeutig: Nordrhein-Westfalen will helfen.
Meine Damen und Herren,
über 12.000 Migranten auf Lesbos wurden von heute auf morgen durch die Brände obdachlos, ohne jeglichen Schutz. Schon vorher war die medizinische Versorgung unzureichend, die hygienischen Verhältnisse in Moria menschenunwürdig. Auch die überlangen Asylverfahren sind ein lange bekanntes Problem. Und dass die griechischen Behörden überlastet sind, zeigt sich an der Tatsache, dass selbst 2.000 anerkannte Asylbewerber weiter in Moria ausharren mussten.
Was nun?
Moria ist kein nordrhein-westfälisches und kein deutsches Problem. Es ist ein europäisches Problem. Und europäische Probleme kann man nur auf der europäischen Ebene lösen.
Deshalb war der erste Schritt – auf Initiative Deutschlands und Frankreichs, gemeinsam mit 10 Mitgliedstaaten der Europäischen Union 400 Kinder und Jugendliche zu holen – konsequent und richtig. Griechenland kann die Versorgung alleine nicht gewährleisten und hat unsere Unterstützung verdient.
Hinzu kommt, dass sich gestern unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel, Innenminister Horst Seehofer und Vize-Kanzler Olaf Scholz auf eine Aufnahme von bis zu 1.553 weiterer Migranten geeinigt haben. Insgesamt 408 Familien, deren Asylgesuch in Griechenland bereits anerkannt wurde – unabhängig vom Brand in Moria.
Das zeigt: Der Bund handelt und übernimmt seine Verantwortung. Aber: er nimmt auch die europäischen Partner mit in die Pflicht. Völlig zurecht fordert der Bund eine europäische Einigung. Am 23. September will nun die Europäische Kommission einen entsprechenden Vorschlag zur Europäischen Asylpolitik veröffentlichen. Ich bin gespannt.
Meine Damen und Herren,
wir als NRW-Koalition unterstützen den Kurs von Humanität und Ordnung. Deshalb ist die genannte schnelle humanitäre Versorgung und Hilfe absolut richtig.
Aber: Ordnung und Rechtstaatlichkeit dürfen keine leeren Hülsen sein!
Alleingänge lösen das Problem nicht, im Zweifel verschärft es die Lage noch. Ein zweites, drittes, viertes Moria – beim Brand auf Samos gestern Abend musste ich sehr schlucken – das kann, das darf nicht unser Ansinnen sein! Aber genau das wäre die Folge von möglichen Alleingängen. Das ist mit uns als CDU, als der Europapartei, nicht zu machen.
Wir müssen auf drei Bausteine setzen:
1. Wir müssen humanitäre Hilfe vor Ort bieten. Das heißt: Soforthilfe und Katastrophenschutz auf Lesbos. Die griechischen Partner benötigen Unterstützung. Deshalb ist es richtig, dass NRW mit Medikamenten und Logistik schnell reagiert hat. Auch die Reaktion von Armin Laschet, 1.000 vulnerable Personen aufzunehmen, war eine vollkommen richtige Reaktion. Dazu kommt aber auch eine menschenwürdigere Unterbringung vor Ort. Der Bund muss jetzt ein neues Aufnahmezentrum auf Lesbos unterstützen. Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich dahingehend bereits geäußert und Kyriakos Mitsotakis Unterstützung angeboten.
2. Die Situation auf Moria zeigt auch, dass die Griechen Hilfe benötigen bei der Beschleunigung der Verfahren. Das heißt im Umkehrschluss: Wer kein Asyl erhält, der muss auch in seine Heimat zurückkehren – freiwillig oder durch eine Rückführung. Denn genau das gehört zum Thema Ordnung dazu. Die Dublin-III-Verordnung sieht genau das für Griechenland vor .
3. Es muss aber auch eine Umverteilung gewährleistet werden. Das kann und darf nur europäisch geschehen. Ein deutscher Alleingang würde ein fatales Signal senden. Beim nächsten Mal heißt es nämlich dann auch: Deutschland wird es schon richten. Wir brauchen aber viele starke Schultern – Deutschland allein kann es nicht richten.
Genau so wenig kann es ein Landesaufnahmeprogramm richten. Wir müssen die Bundeseinheitlichkeit wahren! Außerdem ist es vom Grundsatz her schwierig. Der SPD ist sicherlich bewusst, dass durch §23 (2) AufenthG automatisiert eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird . Das hieße: keine Verfahren, keine Überprüfung und vor allem keine Kontrolle darüber, wer das Land betritt. Ich denke, 2015 hat uns gezeigt, dass wir das nicht so handhaben können!
Meine Damen und Herren,
die Lösung muss eine europäische sein. Dafür brauchen wir vor allem Einheitlichkeit im Bund. Vielleicht kann die SPD über ihren Außenminister Heiko Maas entsprechend hinwirken, auch in der Europäischen Union Druck zu machen. Das war auch eines der Versprechen der Europäischen Ratspräsidentschaft.
Vielen Dank.

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