
Sehr geehrter Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
wir reden heute über die Situation bei Thyssenkrupp – über ein Unternehmen, das natürlich für viele Menschen Arbeitgeber ist und für unser Bundesland zugleich Identität, ein Symbol indust-rieller Tradition, Teil des Wandels der Wirtschaft, das eiserne Fundament unserer industriellen Wertschöpfung.
I. Politik der Superlative hilft keinem weiter.
Herr Kollege Ott, vielleicht zunächst einmal zu ihrem Debatten-beitrag: Thyssenkrupp sei bei Miguel López „nie in guten Hän-den gewesen“. Die Landesregierung sei „vollkommen hilflos. Sie nennen den Vorstandsvorsitzenden von Thyssenkrupp, Miguel López, sogar den „schlechtesten Manager Deutsch-lands“.
Politik als belegfreies Feuerwerk der Superlative, als hekti-scher Kampf um die nächste Überschrift: Das ist weltweit zwar gerade sehr en vogue, aber deswegen muss man noch lange nicht in diese Werkzeugkiste greifen.
Denn Ihre dampfigen Parolen nimmt Ihnen ja auch keiner ab: Weder die Wirtschaft noch die Bevölkerung – und erst recht nicht die Stahlarbeiterinnen und Stahlarbeiter, die von der SPD historisch mehr gewohnt waren als laute Rhetorik. Der WDR hat ihr Agieren sogar mit Jahrmarkttreiben nach dem Motto: „Hau den López!“ verglichen.
II. Komplexität des Problems anerkennen: Stahlindustrie in schwieriger Weltmarktlage und historischem Umbruch
Die Probleme der deutschen, eigentlich ja eher europäischen Stahlindustrie sind komplex und leider sehr konkret. Die Be-schäftigen wissen das, das Management weiß das – und beide sind damit viel weiter als offenbar die Opposition hier im Land-tag.
Lassen wir Zahlen sprechen:
Die deutsche Stahlindustrie ist mit 37 Mio. Tonnen Jahrespro-duktion die größte innerhalb Europas. Doch auch in China wird Stahl produziert, genau genommen so viel wie auf dem ganzen Rest der Welt zusammen. Die chinesische Wirtschaft läuft schlecht, gerade in den Bereichen, die sonst Stahl nachfragen, zum Beispiel der Bausektor.
Die verbleibende Überproduktion schwappt zu Dumpingpreisen auf den Weltmarkt. Konkret: Im zurückliegenden Jahr erreich-ten die Exporte aus China 90 Millionen Tonnen, das ist mehr als die Jahresproduktion von USA und Japan. Die heute Nacht verdoppelten Zölle von Donald Trump auf Stahl schaden auch uns, aber sie sind doch in erster Linie ein Abwehrversuch ge-gen genau diesen Effekt. Denn mal zum Vergleich: Die Jahre-sproduktion von Thyssenkrupp Steel beträgt unter Einberech-nung von HKM rund 11 Mio. Tonnen.
Daneben wissen wir, wie es um unsere Energiekosten am In-dustriestandort Deutschland bestellt ist: Sie sind leider Spitze auf der Welt.
III. Schmährhetorik kann eigene Tatenlosigkeit nicht verde-cken
Auf wen ist in solch einer Situation Verlass? Was war denn zum Beispiel mit dem „Industriestrompreis“, den die Landesre-gierung unterstützt hat? SPD-Ex-Kanzler Olaf Scholz hatte den in seinem Wahlkampf übrigens selbst versprochen, sogar die konkrete Zahl von 4 Cent in den Raum gestellt.
Und dann kam hier ein paar Meter rheinabwärts der Unterneh-mertag NRW im August 2023. Vor den Augen und Ohren vieler Unternehmer erteilte er dem Konzept seine endgültige Absage, bezeichnete sein eigenes Wahlkampfversprechen sogar als „schuldenfinanziertes Strohfeuer“.
Lieber Herr Kollege Ott, wo waren denn da Ihre Superlative? Wo war Ihr Eintreten für die Beschäftigten?
IV. Landesregierung leistet ihren konkreten Beitrag
Für alle, die sich ehrlich mit der Stahlindustrie beschäftigen, sind die großen Probleme nicht erst durch die aktuelle Entwick-lung bei Thyssenkrupp bekannt. Und anders als SPD und FDP hier im Hause handeln andere auch schon längst:
Die Europäische Kommission unter Führung von Ursula von der Leyern hat am 19. März einen Aktionsplan Stahl und Metall vorgelegt. Zum 1. April sind danach die Schutzmechanismen für die europäische Stahlindustrie deutlich verschärft, zwei wei-tere Änderungen treten in wenigen Tagen, am 1. Juli, in Kraft.
Die neue Bundesregierung nimmt klar und verlässlich die Energiepreise und viele weitere Standortfaktoren in den Blick. Der Koalitionsausschuss hat gerade ein Sofortprogramm prä-sentiert, von denen viele positiv auf unsere Industrie in Nord-rhein-Westfalen wirken werden. Hier wird konkret gehandelt und umgesetzt, während andere zuvor in der Ampel die eigene Regierung blockiert haben.
Und mit Blick auf die Landesregierung ist dann doch einmal ein Superlativ erlaubt: Noch nie hat eine Landesregierung so konkret und so umfassend für den Stahlstandort gehandelt wie jetzt.
Wir haben mit bis zu 700 Millionen Euro Landesmitteln die größte Einzelförderung in der Geschichte des Landes auf den Weg gebracht – für grünen Stahl, für Innovation, für eine in-dustrielle Zukunftsfähigkeit dieses Landes.
V. Grenzen politischen Einflusses
Die Zukunft unseres Industriestandorts und seiner Unterneh-men, d.h. auch vieler Arbeitnehmer und ihrer Familien, hängt an den Rahmenbedingungen, die wir als Politik gestalten. Das ist schon Aufgabe genug, dafür brauchen wir keinen Staatsein-stieg bei Unternehmen oder Aufsichtsratsmandate. Da kann die SPD bei ihrem ehemaligen Parteivorsitzenden Sigmar Gab-riel nachfragen, der auf eigenen Wunsch hin seinen Chefpos-ten beim Aufsichtsrat von TKSE verlassen hat.
Die Steuerung eines Unternehmens liegt in diesem Rahmen aber in den Händen von Management und Beschäftigten. Dass die Einhaltung der Mitbestimmungsregeln dabei nicht nur Pflicht, sondern vor allem auch Mehrwert ist, wissen wir als CDU jedenfalls sehr genau.
Ich sage aber klar: Ein Staatseinstieg löst niemals Probleme, wie uns andere deutsche Großkonzerne gerade deutlich vor Augen führen. Und wir werden nicht von außen und pauschal den Umbau eines Konzerns verteufeln, denn nicht zuletzt SIE-MENS zeigt uns seit 2019, dass ein Umbau durchaus Sinn für alle machen kann: Für den Standort, das Unternehmen, seine Eigner und auch für die Beschäftigten.
VI. Fazit: Appell an Verantwortung und Ehrlichkeit
Deshalb mein Appell an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD: Kehren Sie zurück zu einer sachlichen, ehrlichen De-batte. Die Menschen in den Stahlwerken und ihre Familien brauchen keine Überschriften, sie brauchen Perspektiven – und die bekommen sie nur, wenn Politik, Wirtschaft und Ar-beitnehmervertretungen gemeinsam handeln.
Vielen Dank.
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