Jens Kamieth zu TOP 1 "Haushalt Einzelplan 07 - Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration"

28.11.2018

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

dieser Haushaltsplanentwurf spiegelt die Absicht der Landesregierung wider, allen Familien, Kindern und Jugendlichen in NRW bestmögli-che Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen. Und zwar unabhängig von der Herkunft und unabhängig vom sozialem Hintergrund. Lassen Sie mich im Einzelnen darauf eingehen, an welchen politischen Maß-nahmen sich dieses Ziel ganz konkret festmachen lässt.

Punkt eins: Frühkindliche Bildung.
Ich kann Ihnen auch heute nicht ersparen, meine Damen und Herren von der Opposition, darauf hinzuweisen, dass die Lage bei den Kitas bei Regierungsübernahme 2017 schlicht katastrophal war. Tatsache ist: Unser Land war fast überall Schlusslicht. Ein Kita-Rettungsprogramm in Höhe von einer halben Mrd. € als Soforthilfe war deshalb eine der ersten Amtshandlungen dieser Landesregie-rung. Das hat für eine erste Entspannung in der Kita-Landschaft ge-sorgt und landauf, landab über Parteigrenzen hinweg große Anerken-nung gefunden.

Nach der Soforthilfe im letzten Jahr brauchen wir für das Kitajahr 2019/2020 eine nahtlose Anschlussregelung, um eine Brücke zum neuen KiBiz zu bauen. Der entsprechende Gesetzesentwurf befindet sich, wie Sie wissen, bereits in der Abstimmung.
Mit einem Gesamtvolumen von gut 450 Mio. € für die Kita-Träger werden wir Planungssicherheit für die Träger schaffen. Die Dynami-sierung der Kindpauschalen ist für ein weiteres Jahr mit 3% vorgese-hen.

Mit den geschilderten Soforthilfemaßnahmen geben wir uns aber na-türlich noch lange nicht zufrieden. Perspektivisch müssen und wollen wir nämlich strukturelle Änderungen hin zu einer auskömmlichen und dauerhaft tragfähigen Kita-Finanzierung vornehmen.
Die Landesregierung arbeitet daher gemeinsam mit den Trägern und den Kommunalen Spitzenverbänden an einer umfassenden Reform des Kinderbildungsgesetzes. Unsere Erfolgsformel dabei: Wir wol-len eine verbesserte Auskömmlichkeit im System und dadurch ein Mehr an frühkindlicher Bildung, Qualität und Flexibilität ermöglichen.

Nachdem die Träger jetzt sehen, dass sich was tut, dass Kita wieder kostendeckend funktionieren kann, treiben wir schon jetzt den drin-gend benötigten Kita-Platzausbau konsequent voran. Das tun wir, in-dem wir im Jahr 2019 für Investitionen in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege zusätzlich mehr als 94 Mio. € für den weiteren Platzausbau zur Verfügung stellen. Zusätzlich erlaubt ein Haushaltsvermerk übrigens, dass Gelder aus dem Bereich Kinder- und Jugendhilfe, die nicht verausgabt wurden, ebenfalls für Investitio-nen in Anspruch zu nehmen.


Von Bürgerinnen und Bürgern und aus Kommunen hören wir fast täglich Rufe nach mehr Plätzen. Im Haushaltsjahr 2018/2019 werden daher Mittel für insgesamt rund 193.000 U3-Plätze und rund 498.300 Ü3-Plätze zur Verfügung gestellt. Für das Kindergartenjahr 2019/2020 wird im Haushalt 2019 mit insgesamt rund 208.300 U3-Plätzen und rund 508.500 Ü3-Plätzen geplant. Damit stehen zum Kindergartenjahr 2019/2020 Mittel für mehr als 25.500 zusätzliche Betreuungsplätze in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege be-reit.

Übrigens noch ein Hinweis, was die Stärkung unserer Familien an-geht: Auch im Haushaltsjahr 2019 werden wir unser Erfolgsmodell Familienzentren weiter vorantreiben und daher im Kindergartenjahr 2019/2020 erneut 150 zusätzliche Kontingente zum Ausbau neuer Familienzentren zur Verfügung stellen (das bedeutet ein Plus von rd. 2,25 Mio. € und eine Gesamtförderung von rd. 39 Mio. €.). Das ist eine sehr gute Nachricht für die Familien in unserem Land.

Meine Damen und Herren, die Bildungschancen für alle Kinder in un-serem Land zu verbessern, das heißt aber auch, Kinder aus Familien mit Fluchthintergrund fest in den Blick zu nehmen. Und das tun wir auch! Und zwar, indem wir sogenannte Brückenprojekte fördern und das pädagogische Personal in der Kinderbetreuung bei der Bewälti-gung der damit verbundenen Herausforderungen unterstützen.

Neben der frühkindlichen Bildung legt die Landesregierung einen be-sonderen Schwerpunkt auf –Punkt zwei – die Jugendpolitik.


Unser zentrales Förderinstrument ist hier der Kinder- und Jugend-förderplan. Wir stellen fest, dass Bildung an außerschulischen Lern-orten z. B. für das Erlernen sozialer Kompetenzen, stetig an Bedeu-tung gewinnt.
Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, wurden die Mittel für den KJFP um rd. 11 Mio. € auf rd. 120,2 Mio. € im Haushaltsjahr 2018 erhöht. Um die Leistungsfähigkeit der Strukturen zukünftig auf dem guten Ni-veau zu halten, werden die Mittel des Kinder- und Jugendförderplans erstmals ab 2019 dynamisch anwachsen.

Zwei Sätze auch zum Thema unbegleitete minderjährige Flüchtlin-ge: Wir werden 2019 noch für Kosten aufkommen müssen, die bereits in früheren Jahren von Jugendämtern geltend gemacht worden sind. 2019 scheint es dabei zu gelingen, die Rückstände bei der Kostener-stattung final abzubauen. Auch das ist eine gute Botschaft.

Wir werden aber in diesem Bereich nicht nachlassen: Bei der Integra-tion junger Geflüchteter leisten Jugendhilfe und Jugendarbeit wichtige Beiträge, was wir auch 2019 unterstützen wollen. Daher planen wir, weiter ungekürzt Mittel zur Förderung der Integration in und durch die Jugendarbeit bereit zu stellen.

Punkt drei: Familien. Der Kern der Aufgabe von Familienpolitik ist es, Familien in ihren unterschiedlichen Facetten und Formen bei ihrer Lebensgestaltung von Anfang an zu unterstützen und zu stärken.

Frühzeitige Hilfen wie Elternkurse, Begleitung und Beratung sind da-bei zentral. Deshalb werden wir auch im Haushaltsjahr 2019 weiterhin diese Angebote fördern und kommunale Hilfesysteme vernetzen.
Ein besonderer Akzent unserer Familienpolitik liegt dabei bei der fi-nanziellen Absicherung der präventiven familienbezogenen Bera-tungsinfrastruktur. Was heißt das konkret?
Die Fraktionen von CDU und FDP haben zwei Haushaltsände-rungsanträge zum Thema Familie eingebracht und fördern damit zwei zentrale Anlaufstellen, die Familien konkret unterstützen.
Erstens: 290.000 € mehr werden die Ehe-, Familien- und Le-bensberatungsstellen erhalten. Sie leisten eine unverzichtbare Hilfe für Familien in Krisensituationen. Der Beratungsbedarf ist enorm und übersteigt bei Weitem das Angebot. Daher ist dies sehr sinnvolle Investition, um Menschen konkret zu helfen.
Zweitens: 40.000 € erhält zudem der Verband kinderreicher Fa-milien. Der Verband soll für seinen vorbildlichen Einsatz mit die-ser Förderung noch mehr Rückenwind bekommen. Unsere För-derung ist dabei auch ein Zeichen der Wertschätzung für Fami-lien mit Kindern.

Meine Damen und Herren, Kindertagespflege ist eine tragende Säule der Kindertagesbetreuung in Nordrhein-Westfalen.
Der Landesverband Kindertagespflege wird daher 120.000 € mehr er-halten, um die Arbeit des Verbandes strukturell zu stärken.

Zur Familienbildung: Die Familienbildung ist ein wichtiger Partner der Jugendhilfe, der Eltern von Anfang an begleitet und unterstützt. Das MKFFI gewährt den zertifizierten Einrichtungen der Familienbildung einen Zuschlag in Höhe von 2 Prozent auf die gesetzlichen Mittel, zur Dynamisierung der institutionellen Förderung. Klingt technisch, be-deutet aber ganz konkret: Familienbildung kann nun sozial benachtei-ligten Familien einen Gebührenerlass gewähren! Und das ist ein wich-tiger Beitrag für Chancengerechtigkeit für alle und von Anfang an!

Meine Damen und Herren, die NRW-Koalition steht für die Wertschät-zung der Vielfalt in unserem Land.
Daher gehören Antidiskriminierungsmaßnahmen, die Anti-Gewalt-Arbeit, aber auch die Bildungs- und Informationsarbeit selbstver-ständlich zum Kanon unserer Politik für LSBTI* in NRW.
Ein ganz besonders wichtiges Feld ist im Übrigen die psychosoziale Beratung für LSBTI* und deren Angehörige. Hier schließen CDU und FDP auf Basis eines eigenen Änderungsantrags zum Haushalt jetzt endlich eine Gerechtigkeitslücke bei der Förderung. Denn seit Jahren entspricht die Förderung der Personalkosten nicht den tatsächlichen Kosten! Daher heben wir die Förderung angemessen an (Erhöhung in Höhe von 346.470 €).

Meine Damen und Herren, wir sind im Mai 2017 mit dem Versprechen angetreten, Familien offensiv zu fördern. Und Sie sehen: Dieses Ver-sprechen lösen wir auch heute wieder ein:

- indem wir der Vielfalt in unserem Land durch eine wertschätzen-de Stärkung des LSBTI*-Bereichs Ausdruck verleihen
- indem wir Familienbildung auch für sozial schwächer aufgestellte Familien erreichbar machen
- indem wir die präventive familienbezogene Beratungsinfrastruk-tur absichern und ausbauen
- indem wir insbesondere auch geflüchtete Kinder und Jugendli-che in den Blick nehmen
- indem wir weitere Familienzentren fördern
- indem wir den Kita-Platzausbau konsequent vorantreiben und die notwendigen Mittel dafür zur Verfügung stellen
- und indem wir die Kita-Landschaft und die Kindertagesbetreuung in NRW finanziell absichern und das Kinderbildungsgesetz zu-kunftsfest neu aufstellen.
Das, meine Damen und Herren, ist die verantwortungsvolle Politik dieser NRW-Koalition und dieser Landesregierung für Familien, Kin-der und Jugendliche in unserem Land.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


 

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