Jens Kamieth zu TOP 3 "Die Steilvorlage aus Berlin nutzen – KiBiz in NRW grundlegend reformieren“

22.05.2019

Sehr geehrter Herr Präsident / sehr geehrte Frau Präsi-dentin, sehr geehrte Damen und Herren,

als ich Ihren Antrag gelesen habe, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sind mir spontan drei Punkte durch den Kopf gegangen:

Erstens, es ist und bleibt wahr:
Sozialdemokraten können nicht mit Geld umgehen!

Zweitens, es ist und bleibt wahr:
Sozialdemokraten haben zwei linke Hände, wenn es um Familienpolitik geht!

Und drittens, es ist und bleibt wahr:
Sozialdemokraten müssen zum Jagen getragen werden!

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich mit dem zu-letzt genannten Punkt beginnen: Sozialdemokraten müssen zum Jagen getragen werden.

Die Überschrift Ihres Antrags lautet und ich zitiere: „Die Steilvorlage aus Berlin nutzen – KiBiz in NRW grundle-gend reformieren“. Für mich bedeutet das schlicht und ergreifend:

Sie haben in NRW sieben Jahre lang die strukturellen Probleme im System der Kindertagesbetreuung verwal-tet und ausgesessen. Und jetzt - wo Sie in der Oppositi-on sind - bedarf es offenbar auch erst eines Weckrufes aus Berlin, um Sie sprichwörtlich hinter dem Ofen her-vorzulocken.

Das erstaunt in diesem Hause weder mich noch die re-gierungstragenden Fraktionen. Und wenn Sie ehrlich sind, vielleicht nicht mal Sie selbst.

Die Konsequenzen Ihrer langjährigen Untätigkeit waren aber deshalb nicht weniger verheerend. Lassen Sie es mich ganz offen sagen: Wir kamen im Mai 2017 aus ei-nem Tal der Tränen. Das System der Kindertagesbe-treuung war chronisch unterfinanziert.

Was hatte das für Auswirkungen?

Die erste Auswirkung:
Kita-Träger, gerade kleine und Elterninitiativen, standen vor dem Aus.

Die zweite Auswirkung:
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kitas und auch die Kindertagespflegepersonen waren durch Ihre Politik des Wegschauens und Kaputtsparens an der absoluten Belastungsgrenze angekommen.

Die dritte Auswirkung:
Eltern, die vor verschlossenen Türen standen, weil kein für sie für passender Betreuungsplatz zur Verfügung stand.

Und die vierte Auswirkung:
Und in meinen Augen ganz besonders dramatisch, die Gefährdung der Qualität frühkindlicher Bildung.

Das und nichts anderes, meine Damen und Herren, von Rot und auch Grün, ist Ihre bittere Bilanz:


zu wenig Geld,

zu wenig und dadurch überlastetes Personal,

verzweifelte Eltern und

die Gefährdung der Qualität frühkindlicher Bildung.

Meine Damen und Herren, Gott sei Dank, kam im Mai 2017 der Wechsel. CDU und FDP haben die Regierung in Nordrhein-Westfalen übernommen. Und damit kam nach sieben Jahren Stillstand der Kurswechsel durch die NRW-Koalition und die neue Landesregierung.

Mit Dr. Joachim Stamp steht seither ein Mann an der Spitze des Familienministeriums, der das Ruder herum-gerissen hat.

Dafür danke ich Ihnen, lieber Herr Minister Dr. Stamp, stellvertretend für die regierungstragenden Fraktionen und ganz besonders im Namen der Familien und der Kinder in Nordrhein-Westfalen sehr herzlich!

Während Sie, liebe Sozialdemokraten, also erst mit aller Seelenruhe auf eine Steilvorlage warten, überzeugen wir schon längst mit Eigeninitiative und konkretem Handeln.

Gerne bringe ich auch an dieser Stelle die schwarz-gelben Meilensteine der Erneuerung noch einmal in Er-innerung.

Für eine starke Kita-Landschaft haben CDU und FDP nach Regierungsübernahme drei Sofortmaßnahmen er-griffen und das System der Kindertagesbetreuung stabi-lisiert.

Erstens:
Das Kita-Träger-Rettungsprogramm. Mit diesem haben wir zur Stabilisierung der Einrichtungen für die Kitajahre 2017/18 und 2018/19 eine halbe Milliarde Euro als So-forthilfe bereitgestellt. Eine erhöhte Dynamisierung der Kindpauschalen hat zusätzlich dazu beigetragen, dass tatsächliche Personal- und Sachkosten nach und nach finanziell gedeckt werden.

Zweitens:
Wir haben im Kitajahr 2019/20 450 Millionen Euro für die Sicherung der erzielten Erfolge sowie für weitere Ver-besserungen in die Hand genommen. Diese Mittel sind die Brücke zu einem neuen Kinderbildungsgesetz.

Und drittens:
Wir haben massiv in den Kitaplatzausbau investiert. 94 Millionen Euro plus nicht abgerufene Mittel aus dem Landeshaushalt für Familie, Kinder und Jugend.

Das, meine Damen und Herren, ist konkretes Handeln, auf das die Menschen bauen können und auf das sie unter Rot/Grün leider lange mehr als schmerzlich ver-zichten mussten.

Mit dem Pakt für Kinder und Familien haben wir dann in Partnerschaft mit den Kommunen die Finanzierungsba-sis für das neue KiBiz geschaffen.

Ein weiterer großartiger Erfolg von Familienminister Dr. Joachim Stamp und der NRW-Koalition.

Denn schon an dieser Hürde – nämlich Land und Kom-munen partnerschaftlich zusammenzubringen – waren Sie, liebe SPD, in der Vergangenheit hängengeblieben.

Und nun in diesem Monat – inhaltlich wie zeitlich völlig folgerichtig: die Verabschiedung des Referentenentwurfs für ein neues Kinderbildungsgesetz durch das Kabinett.

Während Sie also auf Steilvorlage warten und zum Ja-gen getragen werden müssen, überzeugen wir mit kon-kretem Handeln.

Und das bringt mich zu meinem zweiten Punkt:
Sozialdemokraten haben zwei linke Hände, wenn es um Familienpolitik geht.

Meine Damen und Herren, Hand aufs Herz.


Mir scheint: Seitdem sich Schwarz/Gelb auf den Weg gemacht hat, besteht das Hauptziel sozialdemokrati-scher Familienpolitik darin, die Erfolge der Landesregie-rung möglichst klein zu reden, um so von der eigenen Untätigkeit – und letztlich der eigenen Ideenlosigkeit – abzulenken.

Sie wollen ein Beispiel für die zwei linken Hände? Las-sen Sie uns über Frau Schwesig reden.

Sie geben mir sicherlich Recht, dass Ihre ehemalige Bundesfamilienministerien und heutige Ministerpräsiden-tin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, eigentlich ein Garant für qualitativ beste Kinderbetreu-ung sein sollte.

Oder?

Weit gefehlt!

Denn anstatt Qualität vor Beitragsfreiheit zu stellen, macht sie es genau andersherum.
Sie steckt alle Mittel des Gute-Kita-Gesetzes lieber in die Beitragsfreiheit, obwohl Mecklenburg-Vorpommern die deutschlandweit schlechteste Fachkraft-Kind-Relation aufweist.

Und hier in Nordrhein-Westfalen blasen sie ins gleiche Horn.

Da frage ich mich, ist das die Vorstellung der Sozialde-mokratie von einer qualitativ hochwertigen frühkindlichen Bildung? Für mich jedenfalls ist dies ein eindeutiger Be-leg dafür, dass Sozialdemokraten zwei linke Hände ha-ben, wenn es um Familienpolitik geht.

Und damit, meine Damen und Herren, geht letztlich auch mein dritter Punkt einher:

Sozialdemokraten können nicht mit Geld umgehen.

 


Mit Verlaub, aber wie Sie in Ihrem Antrag 1,3 Milliarden Euro

– jährlich!
– zusätzlich!

für unsere Familien, für unsere Kinder kleinrechnen lässt nicht nur mich, sondern auch die Menschen in unserem Land einfach nur noch mit dem Kopf schütteln.

Wenn Sie allen Ernstes so über 1,3 Milliarden Euro sprechen, dann bleibt nur festzuhalten, dass Ihnen jegli-ches Gespür für Geld abgeht. 

Meine Damen und Herren, für eine langfristig auskömm-liche Finanzierung ist eine dauerhafte Bereitstellung von Mitteln erforderlich.

Land und Kommunen haben sich schon jetzt langfristig dazu bekannt. Land und Kommunen stellen verlässlich den Löwenanteil der Finanzmittel zur Verfügung.

In diesem Zusammenhang auch einmal ein ausdrückli-ches und herzliches Dankeschön an unseren Finanzmi-nister Lutz Lienenkämper.

Lieber Lutz, du vollbringst das Kunststück, in die Zu-kunft unserer Familien und Kinder zu investieren, und gleichzeitig auf neue Schulden zu verzichten. Beides gehört im Sinne einer nachhaltigen Familienpolitik zu-sammen. Und dafür danke ich Dir vielmals. 

Sie von der SPD feiern sich hier gerne für die Mittel des Bundes ab.

Wichtiger wäre es, wenn Sie Ihre Genossin Giffey dazu brächten, dem Vorbild von Land und Kommunen hier in Nordrhein-Westfalen zu folgen. Und das heißt: Eine Ent-fristung der Mittel aus dem Gute-Kita-Gesetz! 

Denn gut ist ein Gesetz doch nur dann, wenn es auf ei-nem stabilen, verlässlichen Fundament gebaut ist.

Und mit stabil und verlässlich meine ich eine langfristig auskömmliche Finanzierung.
Mit Verlaub, davon kann beim Giffey-Gesetz beim bes-ten Willen keine Rede sein!

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Ab-schluss meiner Ausführungen kommen.

Mit dem neuen Kinderbildungsgesetz garantieren wir

Erstens
für Träger eine bessere finanzielle Planungssicherheit.

Zweitens
für pädagogische Fachkräfte bessere Arbeitsbedingun-gen.

Drittens
für Eltern eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Und viertens
für unsere Kinder eine qualitativ hochwertige Bildung, Erziehung und Betreuung.

Wir sind überzeugt: Unsere Bilanz nach gut zwei Jahren schwarz-gelber Familienpolitik kann sich mehr als sehen lassen. Mit dem Referentenentwurf für das neue KiBiz legen wir schon jetzt ein sehr überzeugendes Gesamt-paket vor. Dieses umfasst:

- zusätzlich und jährlich rund 1,3 Milliarden Euro für das System der Kindertagesbetreuung in Nordrhein-Westfalen

- davon rund 1 Milliarde Euro für mehr Qualität;

- zusätzliche Mittel für mehr Flexibilität;

- zusätzliche Mittel für eine Kitaplatz-Ausbaugarantie und

- Beitragsfreiheit für ein weiteres Kitajahr zur Entlastung unserer Familien.

Dies alles werden wir mit dem neuen Kinderbildungsge-setz und den Stimmen von CDU und FDP beschließen.

Ihren Antrag lehnen wir ab.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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