Jens Kamieth zu TOP 9 "Zehntausende Eltern in NRW fordern fairen Zugang zu frühkindlicher Bildung: Die Kita muss beitragsfrei werden"

13.12.2018

Herr Präsident / Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,

der vorliegende Antrag der SPD macht mich ein wenig betroffen. Zeigt er doch ganz deutlich, dass Sie, liebe SPD-Kolleginnen und Kollegen, doch unter erheblicher Polit-Amnesie leiden müssen: Zuletzt im Sep-tember 2017 stellten Sie einen Antrag, der Gebührenfreiheit in der frühkindlichen Bildung forderte. Damals betitelten Sie Ihren Antrag: „Schwarz-gelbe Hoffnungen ruhen allein auf Martin Schulz und der SPD!“… Meine Damen und Herren, lassen Sie das mal auf sich wir-ken...

Wenn ich Ihren aktuellen Antrag lese – ja, da stellt sich mir schon wie-der genau die Frage, die Sie nicht mögen: Warum haben Sie das, was Sie fordern, denn nicht selbst gemacht, als Sie verantwortlich waren?
Sie hätten ja nur, wie Sie hier schreiben, eine „entsprechende politi-sche Prioritätensetzung“ wählen müssen, um die rund 700 Millionen Euro pro Jahr für die Beitragsfreiheit locker zu machen!

Lassen Sie mich noch einmal klarstellen: Das letzte Kita-Jahr vor der Einschulung ist und bleibt beitragsfrei. Meine Damen und Herren, ich betone, dass wir grundsätzlich weitere Schritte hin zur Beitragsfreiheit für Eltern in NRW anstreben.
Erlauben Sie mir an dieser Stelle folgende Anmerkung: Aus pädagogi-schen Gründen wäre es sicherlich sinnvoll, das erste Kita-Jahr bei-tragsfrei zu stellen. Das hatten Ihnen von der damaligen rot-grünen Landesregierung seinerzeit auch die Expertinnen und Experten emp-fohlen. Letztlich haben Sie sich aber dagegen entschieden und auf den Rat Ihrer Haushälter gehört. Warum? Weil das letzte Kita-Jahr vor der Einschulung billiger ist als das erste Kita-Jahr! Dies nur mal am Rande.

Beitragsfreiheit darf nicht zu Qualitätseinbußen führen. Das schreiben Ihnen im Übrigen auch fast alle Expertinnen und Experten ins Stamm-buch.
Sie wollen Beispiele? Sie wissen doch selbst: Auch die kommunalen Spitzenverbände, das Institut der deutschen Wirtschaft und viele Eltern sagen denken genau dies: Qualität geht vor Beitragsfreiheit!
Und auch die von Ihnen liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, in Ih-rem Antrag erwähnte Bertelsmann Stiftung sagt das! Sie ziehen den ElternZOOM der Bertelsmann Stiftung heran. Dieser sagt aber doch, dass die meisten Eltern sogar noch bereit wären, mehr für Kitas zu zahlen, sofern die Qualität besser wird. Die NRW-Koalition entspricht diesem expliziten Wunsch nach mehr Qualität in der frühkindlichen Bil-dung. Denn das ist eines unserer wichtigsten Ziele in diesem Bereich. Und wir stehen hier kurz vor der Umsetzung.

Meine Damen und Herren, wir, die NRW-Koalition stehen für einen um-fassenden Neustart in der frühkindlichen Bildung nach sieben Jahren rot-grünem Stillstand!
Wir fanden bei Regierungsantritt durch die verfehlte Politik der Vorgän-gerregierung, durch dramatische Unterfinanzierung der Kita-Träger, ei-ne desolate Situation in der Kita-Landschaft in NRW vor.

Die NRW-Koalition handelte sofort. Die Meilensteine sind bekannt:
- Erstens das Soforthilfe-Rettungspaket in Höhe einer halben Milli-arde Euro aus Landesmitteln.
- Zweitens das Gesetz, welches an das Soforthilfe-Programm an-schließend für das Kitajahr 2019/2020 eine Brücke zum neuen Kinderbildungsgesetz baut, mit einem Gesamtvolumen von gut 450 Mio. € für die Kita-Träger (GE befindet sich in Abstimmung)
- Drittens: Investitionen in Kindertageseinrichtungen und in der Kin-dertagespflege im Jahr 2019 von zusätzlich mehr als 94 Millionen Euro in den weiteren Platzausbau.
- Viertens, dies wird von Minister Dr. Stamp zurecht als Paradig-menwechsel bezeichnet: Ein Haushaltsvermerk erlaubt es, nicht abgerufene Gelder aus dem Kinder- und Jugend-Bereich eben-falls für Investitionen zu nutzen. Für das letzte Haushaltsjahr sind dies mit dem Nachtragshaushalt rund 30 Millionen Euro; die Ei-genbewirtschaftung der Mittel geht aber auch 2019 und darüber hinaus weiter.
- Fünftens: Die Novelle des Kinderbildungsgesetzes.
Hiermit werden wir strukturelle Änderungen hin zu einer aus-kömmlichen und dauerhaft tragfähigen Kita-Finanzierung, hin zu mehr Qualität und hin zu mehr Flexibilität vornehmen.
Damit entsprechen wir genau dem Wunsch und den Vorstellun-gen vieler Eltern sowie Expertinnen und Experten!

Meine Damen und Herren, die NRW-Koalition verfolgt eine Politik, die zum Ziel hat, Aufstieg für alle von Anfang an zu ermöglichen, unab-hängig von der Herkunft oder von dem sozialen Status. Die dafür not-wendigen Schritte setzen wir konsequent und entschlossen um. Dabei haben wir die Interessen unserer Familien, Kinder und all derer, die im frühkindlichen Bereich arbeiten, fest im Blick. Das spüren und wissen die Menschen in unserem Land. Und deshalb werden wir jetzt die ent-scheidenden Schritte zu einem auskömmlich finanzierten, soliden, qua-litätsorientierten und zukunftsfähigen KiBiz gehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen: Sie haben sie-ben Jahre lang geschlafen. Wir handeln.
Vielen Dank!
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